Kommt der Wolf zurück nach NRW?Naturschützer freuen sich über Artenzuwachs

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zwei Wölfe

Für Schafzüchter ist er der böse Wolf, für Naturschützer ein Glücksfall. Wildlebende Wölfe breiten sich aus. In Nordrhein-Westfalen waren sie bislang aber nur auf Durchreise. Das könnte sich über kurz oder lang ändern, sagen Fachleute.

 Wölfe waren in Nordrhein-Westfalen bislang nur auf Stippvisite. Eine Fotofalle, genetische Spuren an einem toten Schaf oder ein Handyvideo belegten im vorigen Jahr, dass einzelne Tiere tatsächlich hierzulande unterwegs waren. Es handelte sich um Jungtiere, die ihre Rudel verlassen hatten, und sie kamen vor allem aus dem benachbarten Niedersachsen.

Fachleute halten es für wahrscheinlich, dass in den nächsten Wochen wieder junge Wölfe durch NRW streifen. „Wir gehen davon aus, dass wir in Nordrhein-Westfalen Besuche bekommen werden“, sagt Katharina Stenglein. Die 29 Jahre alte Biologin betreut beim Naturschutzbund Nabu ein Wolfsprojekt.

Die jungen Wölfe haben eine beachtliche Ausdauer

Tatsächlich gab es 2016 acht Nachweise in NRW - so viele wie nie zuvor in einem Jahr. Sie zeugen von einer beachtlichen Ausdauer der jungen Raubtiere auf Wanderschaft. So zog ein einjähriges Jungtier aus Cuxhaven Hunderte Kilometer umher: Erst wurde der Wolf in Lippe, dann in Oelde im Münsterland, im bergischen Rösrath und schließlich kurz hinter NRW in Neuwied in Rheinland-Pfalz geortet. Ende Mai war der Wolf zurück in Niedersachsen.

Bei Ibbenbüren im Münsterland tappte ein Exemplar in eine Fotofalle. In Paderborn gab es zwei Spuren: an einem gerissenen Schaf und an einem Unfallwagen, an dem Wolfshaare gefunden wurden. In der Dingdener Heide bei Hamminkeln am Niederrhein tötete eine Fähe, ein Weibchen, mehrere Ziegen. Einen Großteil ihrer Beute machen Wölfe unbemerkt. Sie sind oft nachts unterwegs und können über weite Strecken unentdeckt bleiben.

Bislang waren alle Wölfe auf der Durchreise, sesshaft geworden ist noch keines der Tiere in NRW. Im benachbarten Niedersachsen ist der Wolf längst wieder zu Hause. In acht Rudeln leben hier etwa 80 Tiere, in der Heide und auf Truppenübungsplätzen. 2009 gab es den ersten Nachweis in NRW. Die Grenze zu Niedersachsen ist 583 Kilometer lang und meist nur dünn besiedelt.

Scharfzüchter bangen um ihre Tiere

Seit über 180 Jahren gilt der Wolf hierzulande als ausgestorben. Nun kehrt das Raubtier von der Größe eines Schäferhundes nach und nach zurück. Das freut Naturschützer. Eine Wiederansiedlung wäre ein Sieg für den Artenschutz, meinen sie.

Andere verstehen die Euphorie nicht. Scharfe Zähne und Wolfsgeheul machen bange vor dem Märchen-Bösewicht. Die Schafzüchter finden deutliche Worte: „Wir haben die große Hoffnung, dass die bisherigen Wölfe genug haben von diesem autoreichen Land NRW und sich davongemacht haben“, sagt Ernst Brüggemann, Geschäftsführer des Schafzuchtverbandes in Paderborn. Naturschützer halten dagegen, dass seit der Rückkehr des Wolfes noch kein Mensch verletzt wurde. Aber im Internet stehen vorsorglich Tipps, falls man doch einem Tier begegnen sollte: nicht weglaufen, langsam zurückziehen und gegebenenfalls mit lautem Händeklatschen und Rufen vertreiben.

Die Behörden in NRW sind vorbereitet: Es gibt regionale Wolfsberater und einen sogenannten Wolfsmanagementplan. Sicherheitshalber hat das Land zwei Herdenschutzzäune angeschafft, falls eine Schafherde schnell geschützt werden muss. „Wir halten es für möglich, dass der Wolf sich ansiedelt“, sagt Naturschützerin Stenglein. Geeignet wären etwa das Sauerland oder Ostwestfalen-Lippe. Der Leiter des Fachbereichs Artenschutz im Landesumweltamt, Matthias Kaiser, sieht die ganze Sache nüchtern: „Der Wolf kommt zurück, was wir davon halten ist zweitrangig“. (dpa)

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