SicherheitsdebatteNRW-Grünen warnen vor politischem Aktionismus

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Ministerin für Schule und Weiterbildung: Sylvia Löhrmann.

Die Grünen wollen sich in der laufenden Sicherheitsdebatte als Anwälte der Menschenrechtspolitik positionieren. Eine der zentralen Fragen lautet: wer soll abgeschoben werden? Welches Herkunftsland ist sicher? Die Debatte um Abschiebungen werten Spitzen-Grüne als politischen Aktionismus. Stimmen aus NRW sammelt Thomas Geisen.

Die Themen Terrorismus, Flüchtlinge und Abschiebungen haben sich für die Grünen zu einem explosiven Gemisch entwickelt.

Innenparteilich: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat jetzt erneut seine Unterstützung für die Einstufung Tunesiens, Marokkos und Algeriens als sichere Herkunftsländer signalisiert.

Gegenwind kommt aus Berlin: Parteichefin Simone Peter und der migrationspolitische Sprecher Volker Beck haben diese Forderung zurückgewiesen. Wobei man wissen muss, dass beide Politiker momentan einen schweren Stand haben. Beck ist bei der Aufstellung der NRW-Landeslisten für die Bundestagswahl durchgefallen, Peter hatte mit ihrer Kritik am angeblichen Rassismus der Kölner Polizei in der Silvesternacht auch innerparteilich Gegenwind bekommen.

„Zerreißprobe" für die Düsseldorfer Regierung

Und in Nordrhein-Westfalen gerieten Ralf Jäger und der grüne Koalitionspartner aneinander, weil der Landesinnenminister im Gegensatz zum kleinen Koalitionspartner für Abschiebungen nach Afghanistan plädierte. Manche sahen sogar schon eine „Zerreißprobe“ für die Düsseldorfer Regierung.

Mehrdad Mostofizadeh, Vorsitzender der Grünen-Fraktion im NRW-Landtag, sagte dem „Kölner Stadt-Anzeiger“: „Grundsätzlich schiebt NRW nicht nach Afghanistan ab.“ Begründbare Einzelfälle, wie zum Beispiel Straftäter, würden auf Basis eines Erlasses aus dem Jahr 2005 geregelt, hier seien durch sorgfältige Einzelfallprüfungen allerdings enge Grenzen gesetzt. „Wir sind uns mit weiten Teilen der Bevölkerung, mit Kirchen und Menschenrechtsorganisationen einig, dass höchste Sensibilität geboten ist“.

Mostofizadeh wies zudem darauf hin, dass eine Bewertung der Sicherheitslage in Afghanistan durch den UNHCR noch aus“. Im Klartext: Es gibt in Düsseldorf noch Gesprächsbedarf, denn für viele Experten steht fest: Das Land am Hindukusch ist nicht sicher.

NRW-Grüne waren vor politischem Aktionismus

Bundesweit kocht die Debatte um Abschiebungen nach Tunesien, Algerien und Marokko spätestens wieder hoch, seitdem der Tunesier Anis Amri sein Attentat auf den Berliner Weihnachtsmarkt verübt hatte. Der Tunesier war auch den NRW-Behörden schon länger als „Gefährder“ bekannt und hätte so eigentlich schon längst abgeschoben werden können.

Auch hier warnen die NRW-Grünen vor politischem Aktionismus: „Eine Einstufung der Maghreb-Länder als sichere Herkunftsstaaten löst keine Probleme und vereinfacht nicht die Abschiebungen von vollziehbar Ausreisepflichtigen“, sagt Grünen-Spitzenkandidatin zur Landtagswahl im Mai, Sylvia Löhrmann dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

„Dieses Problem kann durch verbindliche und konkrete Absprachen mit den jeweiligen Heimatländern über die Rücknahme ihrer Staatsbürger gelöst werden. Das würde auch den beabsichtigten Abschreckungseffekt verstärken“, glaubt die nordrhein-westfälische Schulministerin.

Ihre Partei fordert verstärkte Anreize zur freiwilligen Rückkehr und gezielte Aufklärungsprogramme in den entsprechenden Ländern. „Das müsste der Bundesinnenminister leisten, der dieses Problem seit Jahren nicht in den Griff bekommt. Symbolpolitik, die Scheinlösungen verspricht, aber letztlich Enttäuschungen produziert, hilft doch nicht weiter. Insofern hat sich an unserer ablehnenden Haltung nichts geändert."

Das oben angesprochene „Fast and Fair“-Papier finden Sie hier.

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