Wahlforscher im Interview„Nicht sicher, ob die AfD in den NRW-Landtag einzieht"

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Frauke Petry

Wird die AfD im Mai 2017 in den Landtag von NRW einziehen?

Bei den Landtagswahlen am 13. März konnte die AfD besonders gut in Regionen abschneiden, die wirtschaftlich schwach sind oder in denen der Strukturwandel nicht vorangeht – wie in Pforzheim oder Mannheim in Baden-Württemberg. Laut einer aktuellen Statistik ist NRW beim Wirtschaftswachstum Schlusslicht in Deutschland.

Herr Güllner, wie groß ist das Potenzial der AfD in NRW?

NRW ist geprägt von einer interessanten Mischstruktur. Es gibt einen hohen Katholikenanteil. Dann haben wir eine große Arbeiter- und Industriekultur, und diese hat auch heute noch eine große Bedeutung. Beide, der rheinische Katholizismus und die proletarische Arbeitnehmerschaft, waren immer Bollwerke gegen den Rechtsextremismus. Die Arbeiter haben den Rechtsextremismus stets aktiv bekämpft, und deshalb hatten die Nazis an Rhein und Ruhr auch geringere Stimmenanteile als in anderen Regionen Deutschlands. Ich bin mir deshalb heute nicht mal sicher, ob die AfD 2017 wirklich im NRW-Landtag vertreten sein wird.

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Herrscht bei der Stammwählerschaft der SPD nicht eine gewisse Enttäuschung vor? Beispielsweise wegen der Hartz-IV-Reformen?

Analysen zu diesem Thema sind mit großer Vorsicht zu genießen. Die Mehrzahl der AfD-Wähler kommt nicht aus den sogenannten unteren Schichten, sondern aus Segmenten der Mittelschicht. Das ist ein ganz typisches Merkmal solcher Parteien, die sich aus dem Protestpotenzial nähren. Unter Gerhard Schröder haben noch zwanzig Millionen Menschen die SPD gewählt, 2009 waren es weniger als zehn Millionen. In einem Jahrzehnt hat die SPD rund die Hälfte ihrer Wähler verloren. Die Verluste heute haben also nicht nur mit den Erfolgen der AfD zu tun.

Was raten Sie der SPD in Nordrhein-Westfalen?

Olaf Scholz hat beispielsweise in Hamburg immer mehr Zustimmung erfahren als seine eigene Partei – mit einem klaren wirtschaftsfreundlichen Kurs. Die SPD-Kandidatin in Sachsen-Anhalt Katrin Budde ist mit einem linken Programm hingegen komplett reingefallen. Die SPD hat also Chancen mit einem Kurs à la Scholz, nicht à la Budde. Und noch etwas: Der Erfolg der SPD 2012 hatte im Wesentlichen einen Namen: nämlich Norbert Röttgen. Der CDU-Spitzenkandidat hat damals viele christdemokratische Anhänger dazu gebracht, nicht zur Wahl zu gehen – weder die katholische Oma aus Köln noch der arbeitslose Stahlkocher aus Duisburg wollten ihn wählen. Ohne Röttgen wäre der Sieg der SPD nicht so ausgefallen. Klar ist, und da schließt sich der Bogen zu Olaf Scholz: Die SPD muss auch in NRW wieder das Vertrauen der Wähler in der Mitte zurückgewinnen.

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