Leichlingen – Die Stute mit dem braunen Fell lässt die Untersuchung ruhig über sich ergehen. Mit Hilfe eines Endoskops betrachtet Veterinär Guido von Plato die Atemwege des Tieres, das dank zuvor verabreichter Beruhigungsmittel keinen Widerstand leistet. Dass es sich bei dem durchtrainierten Pferd um einen besonderen Patienten der Pferdeklinik Leichlingen handelt, wird schnell klar. Fotos sind nicht erlaubt. Das schöne und offensichtlich auch teure Tier soll seinen Besitzer wechseln – und den Kaufinteressenten muss ein einwandfreies ärztliches Attest vorgelegt werden.

Prominenz auf vier Beinen ist in der Pferdeklinik Leichlingen keine Seltenheit. Dennoch ist die Mischung der Patienten bunt und reicht von sportlichem Prestigeobjekt bis zum betagten Pony. Anfang September wurde die Klinik eröffnet, und seitdem können sich die drei Teilhaber Guido von Plato, Matthias Krebs und Björn Nolting über einen Mangel an Arbeit nicht beklagen. Sowohl aus Leichlingen und dem Umland wie aus anderen Teilen der Republik, ja sogar aus dem fernen Saudi-Arabien, reisen Pferdebesitzer mit ihren kranken und verletzten Tieren zu den Veterinären nach Leichlingen.

Richtfest im August

Operationen und Notfallbehandlungen gehören auf dem Areal an der Stadtgrenze zu Langenfeld zum Alltag. Dennoch herrscht eine entspannte Atmosphäre, fast so, als verbringe man Ferien auf dem Ponyhof. „Genau diese Atmosphäre ist uns wichtig, die Pferdebesitzer sollen sich wohlfühlen“, betont Matthias Krebs. Einen weißen Kittel trägt jedenfalls keiner der insgesamt 20 Mitarbeiter, darunter sieben Ärzte. Fünf Gebäude gehören zur Pferdeklinik. Im Haupthaus sind neben der Verwaltung der OP-Saal und die Notfallaufnahme untergebracht. Dahinter geht es in den Intensivstall, in dem Platz für 16 Pferde ist, die chirurgische Eingriffen hinter sich haben. Der orthopädische Stall umfasst 19 Boxen, dazu gibt es ein Orthopädie-Haus, in dem Röntgen- und Ultraschallgeräte sowie ein Kernspintomograph untergebracht sind. Komplettiert wird die Pferdeklinik durch ein Lagergebäude

Zügig sind die Bauarbeiten am Further Weg vorangegangen. Mitte August war Richtfest gefeiert worden, am 5. September wurden die ersten Patienten behandelt. Bagger und Bauarbeiter sind aber immer noch im Einsatz, damit Wege, Hecken und Beete das Gesamtbild komplettieren. „Die Pferde tolerieren die Baustellentätigkeit extrem gut“, versichert Krebs.

Mädchentraum

80 Prozent der Behandlungen sind ambulanter Natur, die Klinik ist aber rund um die Uhr besetzt. Der Notfallbereich ist vom orthopädischen nicht nur örtlich, sondern auch organisatorisch getrennt. „Wenn ein Notfall reinkommt, bemerkt dass der andere Teil der Klinik nicht“, erläutert Krebs. Der in Solingen aufgewachsene Veterinär betreut neben den Patienten in Leichlingen auch die Springreitermannschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. Vergangene Woche musste er kurzerhand für einen eintägigen Aufenthalt nach Dubai fliegen. „Sowas kommt während der Wintermonate sechs-, siebenmal vor. Im Sommer sind viele der Pferde ohnehin in Europa, weil es in den Emiraten zu heiß ist“, so Krebs. Sein Kollege Guido von Plato ist als Mannschaftsarzt für die Springreiter Saudi-Arabiens im Einsatz und wird Pferde und Reiter zu den Olympischen Sommerspielen nach London begleiten.

Nicht nur bei den Millionären aus den Wüstenstaaten handelt es sich um eine besondere Klientel. Die Bindung der meisten Pferdebesitzer zu ihren Tieren sei sehr eng, „und sie investieren viel Geld in Behandlungen“, erzählt Krebs. Krankenversicherungen für Pferde gebe es zwar, rentabel seien aber meist nur spezielle OP-Versicherungen.Neben Ärzten, Tierarzthelferinnen und Studenten tummeln sich auf dem Gelände der Pferdeklinik auch immer wieder Praktikanten. Von morgens bis abends von Pferden umgeben zu sein, dürfte der Traum vieler Mädchen sein. „Ja, kann schon sein, das wir zu den beliebtesten Praktikumsbetrieben hier gehören“, gibt Krebs schmunzelnd zu. Hoffnung auf einen der begehrten Plätze kann er aber nur Tierfreuden über 18 Jahren machen: „Anders ist das aufgrund allerlei Vorschriften leider nicht möglich.“