Der ehrlose PräsidentTrumps letzter Akt der Niedertracht

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Donald Trump

Trumps Erbe ist vergiftet.

Diese Bilder werden der Welt in Erinnerung bleiben, sie gehen ins historische Gedächtnis nicht nur der Vereinigten Staaten von Amerika ein: Ein entfesselter Mob stürmt das Kapitol in Washington. Ein beispielloser Angriff auf das Herz der US-amerikanischen Demokratie. Ein Aufstand, angezettelt, so unglaublich es klingt, vom amtierenden Präsidenten. Dieser Protest fanatisierter Trump-Anhänger – er ist eine Schande für die ganze amerikanische Nation. Die Randalierer überwanden Barrikaden und Polizeisperren, drangen mit Gewalt in den Kuppelbau ein. Senatoren und Abgeordnete mussten in Sicherheit gebracht werden. Mitten im Parlament standen Polizisten mit gezogenen Waffen. Der frühere US-Präsident Barack Obama hat von einem „Moment großer Ehrlosigkeit“ gesprochen. Dieser Moment markiert aber auch den Tief- und – zum Glück – zugleich den Schlusspunkt einer ruchlosen Präsidentschaft und eines ehrlosen Präsidenten.

Kongress besiegelt Trumps Niederlage

Überschattet von den Ausschreitungen, in denen vier Menschen ums Leben gekommen sind, haben beide Kammern des Kongresses formell den Sieg des Demokraten Joe Biden in der Präsidentschaftswahl vom November festgestellt und damit zugleich Trumps Niederlage besiegelt. Die wütende Meute, die Stunden zuvor herumpöbelte, randalierte und Staatsdiener attackierte – sie hat ihr Ziel nicht erreicht, Biden als Präsidenten zu verhindern. Seit Wochen redet Trump wahrheitswidrig von Wahlbetrug. Er hat gehetzt und Hass gesät. Der Mob, der am Mittwoch marodierend durch das Parlament zog, wurde von einem Präsidenten angefeuert und gesteuert, der seine Niederlage nicht akzeptieren will.

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Das Entsetzen darüber und über die damit verbundene Gewalt ist groß, auch bei Regierungschefs anderer Länder. Die „verstörenden Bilder“ hätten sie „wütend und auch traurig gemacht“ sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie gibt Trump zumindest eine Mitschuld an der Eskalation. Noch deutlicher wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier: Er spricht von einem „Ergebnis von Lügen und noch mehr Lügen, Spalterei und Demokratieverachtung auch von allerhöchster Stelle“.

Es war, so ist zu hoffen, der letzte Akt der Niedertracht in Trumps schmählicher Amtszeit. Kurz nachdem der Kongress Bidens Wahlsieg bestätigt hatte, ließ Trump immerhin mitteilen, er werde sich nicht weiter gegen die Machtübergabe sperren. Auch wenn er, wie Trump zugleich bekräftigen ließ, mit dem Ausgang der Wahl nach wie vor nicht einverstanden sei.

Keine Rückkehr auf die politische Bühne

Nach der Revolte, die nahe an einem Putsch von oben war, ringen die USA um Fassung. Rufe nach einem erneuten Amtsenthebungsverfahren gegen Trump werden laut. Die demokratische Kongressabgeordnete Ilhan Omar teilte am Mittwoch auf Twitter mit, sie fertige bereits Artikel zur Anklageerhebung an. Ihr demokratischer Kollege Ted Lieu rief Vizepräsident Mike Pence dazu auf, Trump auf Basis des 25. Zusatzartikels der Verfassung für amtsunfähig zu erklären.

Die Debatte ist notwendig. Amerika sollte ein Zeichen setzen – und zugleich dafür sorgen, dass dieser Präsidentendarsteller nie wieder auf die politische Bühne zurückkehren kann.

Trumps politische Bilanz ist verheerend. Sein Erbe ist vergiftet. Der künftige Präsident, Joe Biden, steht mit dem Beginn seiner Amtszeit vor zwei gewaltigen Aufgaben: Er muss die Corona-Krise bewältigen – und die Voraussetzungen dafür schaffen, die tief gespaltene amerikanische Gesellschaft zu einen und zu versöhnen. „Make America great again“ – dies ist so nötig und so schwierig wie selten zuvor.

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