KlimazieleBundesregierung hinkt Zusagen deutlich hinterher

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Der Braunkohle-Tagebau Garzweiler mit den Kraftwerken Frimmersdorf und Neurath.

Der Braunkohle-Tagebau Garzweiler mit den Kraftwerken Frimmersdorf und Neurath.

Berlin – Wenige Wochen vor der Weltklimakonferenz in Bonn mehren sich die schlechten Nachrichten für den internationalen Klimaschutz. US-Präsident Donald Trump hat jetzt damit begonnen, eine Ankündigung aus dem Wahlkampf zu erfüllen und ein Kernstück der Klimapolitik seines Amtsvorgängers Barack Obama zu zerschlagen. Und die deutsche Bundesregierung muss einräumen, dass Deutschland seine selbst gesteckten Klimaschutzziele deutlich stärker verfehlen dürfte als bisher schon angenommen.

Hendricks wird keine guten Nachrichten haben

Trumps Pläne, weiter auf die Kohle zu setzen, dürften auch die UN-Klimakonferenz vom 6. bis zum 17. November in Bonn beschäftigen. In der ehemaligen Bundeshauptstadt werden 15.000 bis 20.000 Konferenzteilnehmer erwartet, die zwei Jahre nach dem bahnbrechenden Welt-Klimaabkommen von Paris eine erste Bilanz ziehen wollen. Deutschland wird von der amtierenden Umweltministerin Barbara Hendricks vertreten.

Die SPD-Politikerin wird in Bonn keine guten Nachrichten im Gepäck haben. Denn inzwischen räumt auch das Bundesumweltministerium ein, dass die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim Klimaschutz in Deutschland immer größer wird. Wie am Mittwoch bekanntwurde, rechnet nun auch das Hendricks-Ministerium offiziell damit, dass die Bundesrepublik bis zum Jahr 2020 ihre Treibhausgas-Emissionen nur um etwas mehr als 30 Prozent unter das Niveau von 1990 wird drücken können. Geplant und den internationalen Partnern versprochen ist aber eine Absenkung um 40 Prozent.

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Noch weniger als gedacht

Bisher hatte es stets geheißen, dass Deutschland im Zieljahr 2020 voraussichtlich bei einer Reduktion von knapp 36 Prozent landen werde. Notwendig sei ein massives Gegensteuern, meinen die Ministeriums-Experten. Unter anderem müsse der Treibhausgas-Ausstoß der Strombranche gesenkt werden, also verstärkt klimaschädliche Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden.

Vor etwas mehr als einem Monat – vor der Bundestagswahl – hatte bereits die Denkfabrik Agora Energiewende ähnliche Berechnungen vorgelegt wie jetzt das Hendricks-Ressort. Die wies das Ministerium ehedem brüsk zurück. Tatsächlich müssten in den nächsten Jahren wohl noch 160 Millionen Tonnen jährliche Emissionen eingespart werden. Das wäre das Vierfache dessen, was in den letzten Jahren geschafft wurde. Die bisherigen Einsparungen sind vor allem der Stilllegung alter Kraftwerke und dem Zusammenbruch der Industrie der früheren DDR Anfang der 1990er Jahre zu verdanken.

Nur durch harte Einschnitte zu erreichen

Die nun vom Bundesumweltministerium eingestandene Lücke zwischen Ist- und Soll-Zustand ist indes keine Neuigkeit. Seit Jahren weisen Umweltschutzverbände und Klimawissenschaftler daraufhin, dass ohne Einschnitte beim Verkehr, bei der Kohleverstromung und beim Hausbrand die international verkündeten deutschen Klimaziele nicht erreichbar seien.

Tatsächlich werden Emissionseinsparungen durch Wind- und Solarenergie teilweise durch das Wirtschaftswachstum wieder neutralisiert. So schneidet Deutschland etwa beim aktuellen „Enviromental Performance Index“ (EPI) der Yale University für das Jahr 2016 nur unbedeutend besser ab als noch vor zehn Jahren, während die USA oder Spanien Deutschland im Ranking überholten. Die Bundesrepublik wurde um acht Plätze nach hinten auf den 30. Rang verdrängt. Im Wahlkampf spielte die Klimawende keine relevante Rolle.

Forderung an Angela Merkel

Hendricks selbst forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Blick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen von Union, FDP und Grüne auf, das deutsche Klimaschutz-Versprechen nicht zu brechen. „Das 40-Prozent-Ziel bis 2020 darf auf keinen Fall aufgegeben werden, das wäre auch international ein falsches Signal“, sagte die scheidende Ministerin. Es sei gut, dass Merkel versprochen hat, mit der neuen Regierung die Erreichung des Zieles sicherzustellen. Noch besser wäre es allerdings gewesen, wenn Merkel in den letzten vier Jahren beim nationalen Klimaschutz „nicht nur von der Seitenauslinie zugesehen hätte“, so Hendricks.

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