Kommentar zu ErmittlungsverfahrenDiesen Klotz hat sich Kardinal Woelki selbst ans Bein gebunden

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Der Kölner Kardinal Rainer Woelki steht beim traditionellen Empfang zum Aschermittwoch der Künstler auf einer Wendeltreppe im Maternushaus.

Der Kölner Kardinal Rainer Woelki beim traditionellen Empfang zum Aschermittwoch der Künstler im Maternushaus

Warum sich das Ermittlungsverfahren der Kölner Staatsanwaltschaft gegen Kardinal Rainer Woelki zieht und zieht.

Woelki? Missbrauchsskandal? War da noch was? Nach allen Regeln von Erregungszyklen und öffentlicher Aufmerksamkeitsökonomie könnte der Kölner Erzbischof das Tief seines Ansehens- und Glaubwürdigkeitsverlusts weit, weit hinter sich gelassen haben, in dem er sich noch vor zwei Jahren befand. Nach der Rückkehr aus der vom Papst auferlegten Auszeit macht Rainer Woelki seit langem auf Business as usual. Selbst seine regelmäßigen Videobotschaften etwa, die zeitweilig deplatziert wirkten und aus dem Programm des „domradio“ verschwanden, sind als „Impuls der Woche“ wieder auf Sendung, wenn auch ungleich schlechter produziert.

Doch einen Klotz wird der Kardinal bis auf Weiteres nicht los. Und den hat er sich selbst ans Bein gebunden – mit Klagen gegen Presseberichte zum Missbrauchsskandal und mit Erklärungen, die er dazu unter Eid oder an Eides statt abgegeben hat. Schon in Kürze wird es vor dem OLG Köln erneut um Woelkis Kenntnisstand über Missbrauchsvorwürfe gegen einen Priester gehen, den er 2017 in ein herausgehobenes Amt beförderte. Die Staatsanwaltschaft Köln hat hier so substanzielle Zweifel an Aussagen des Kardinals, dass sie wegen des Verdachts auf Meineid ermittelt und sogar sein Haus durchsucht hat.

Ergebnisse, hat der zuständige Staatsanwalt einmal mit einem Anflug von Poesie erklärt, seien nicht zu erwarten, „bevor die Bäume wieder grünen“. Das war im Winter 2022/23. Nun grünt es schon das zweite Mal.

Angesichts des bei Woelki beschlagnahmten Datenwusts ist es verständlich, dass sich das Verfahren zieht und zieht. Jeder, der Woelkis Kommunikation kennt, weiß: Wenn es Belege gibt, die ihn vor Gericht bringen können, dann sind sie in Mails und Handynachrichten zu finden. Ein Kardinal unter Anklage – das wäre eine Sensation. Das weiß auch die Staatsanwaltschaft. Gründlichkeit vor Schnelligkeit ist somit auch ein Stück Selbstschutz. Speziell in diesem Fall.

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