Nach der PandemieEs braucht mehr Transparenz gegen Verschwörungstheorien

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ARCHIV - 06.01.2021, Berlin: Ein Polizeifahrzeug fährt einen Tag nach dem Bund-Länder-Beschluss über eine Verlängerung des Lockdown über den fast menschenleeren Platz vor dem Brandenburger Tor.

Ein Polizeifahrzeug fährt einen Tag nach dem Bund-Länder-Beschluss über eine Verlängerung des Lockdown über den fast menschenleeren Platz vor dem Brandenburger Tor. Die Politik muss die Pandemie jetzt systematisch aufarbeiten, um das Vertrauen der Bevölkerung zurück zugewinnen.

Nach einem langen Rechtsstreit hat das Robert Koch-Institut die Sitzungsprotokolle seines Corona-Krisenstabs herausgegeben. Sie bieten einen interessanten Einblick in die damaligen Entscheidungsprozesse.

Die Corona-Pandemie war ein Ereignis, auf das niemand vorbereitet war. Die Politik musste handeln, ohne verlässliche Informationen zu haben. Gleichzeitig wollte sich niemand vorwerfen lassen, für den Tod von Menschen verantwortlich zu sein. Es liegt in der Natur der Sache, dass damit viele Maßnahmen rückblickend betrachtet als überzogen erscheinen.

Es ist mittlerweile eine Art öffentlicher Konsens – und von einigen damaligen Protagonisten auch eingeräumt – dass die Regierung zu stark auf Epidemiologen hörte und zu wenig auf die Warnungen vor Kollateralschäden durch Lockdowns und lange Schulschließungen. Andererseits weiß niemand, wie sich die Infektions- und Todeszahlen entwickelt hätten, wenn auf harte Maßnahmen verzichtet worden wäre.

Politik muss die Corona-Pandemie systematisch aufarbeiten

Vor diesem Hintergrund ist es unverantwortlich, dass die Politik die Corona-Pandemie noch nicht systematisch aufgearbeitet hat. Es geht dabei doch nicht darum, Schuldige zu finden. Ziel muss sein, auf neue Pandemien vorbereitet zu sein. Eine Aufarbeitung ist außerdem essentiell dafür, den vielen Verschwörungsmythen entgegenzutreten und damit zumindest den Versuch zu unternehmen, die seit der Pandemie deutlich stärker polarisierte Bevölkerung wieder etwas mehr zusammenzuführen.

Dieses Versäumnis nutzen nun genau diejenigen, die weiter die demokratischen Institutionen infrage stellen und Verschwörungstheorien verbreiten. Ihnen kommt sogar noch entgegen, dass viele Stellen in den herausgeklagten Protokollen des Robert Koch-Instituts geschwärzt sind. Nun wird fleißig über externe Dritte orakelt, die die Risikobewertung zu Beginn der Pandemie erhöht hätten. Also doch der „Deep State“ mit Bill Gates an der Spitze? Dagegen hilft nur völlige Transparenz, und zwar eine, die nicht erst durch Medien erzwungen wird, sondern die sich die Politik selbst verordnet. Eine Enquetekommission wäre dafür ein geeigneter Weg – aber bitte schnell! (rnd)

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