Debatte über MarschflugkörperBundestag lehnt Taurus-Antrag der Union ab – das bedeutet die Entscheidung

Lesezeit 4 Minuten
Die Abgeordneten des Bundestags stimmen über die Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ab. Mehrere Abgeordnete sitzen auf den blauen Sitzen im Plenum des Bundestags.

Die Abgeordneten des Bundestags stimmen über die Lieferungen von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ab. CDU und CSU hatten eine erneute Abstimmung gefordert, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Lieferung abgelehnt hatte.

Der Bundestag stimmt über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine ab. Die Entscheidung könnte weitreichende Folgen haben.

Der Bundestag hat am Donnerstag (14. März) die Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine erneut abgelehnt. Die Fraktionen von CDU und CSU hatten zu einer erneuten Abstimmung unter den Abgeordneten aufgerufen, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) eine Lieferung ins Kriegsgebiet abgelehnt hatte.

690 Stimmen wurden abgegeben, 495 Abgeordnete sprachen sich dabei dafür aus, den Antrag der Union abzulehnen. 190 Abgeordnete stimmten für den Antrag der Union, es gab zudem fünf Enthaltungen. CDU und CSU haben gemeinsam 197 Abgeordnete im Bundestag.

Die Union hatte im Vorfeld der Abstimmung vor allem Abgeordnete der Grünen und der FDP dazu aufgerufen, entgegen der Entscheidung des Kanzlers abzustimmen und den Weg für Lieferungen freizumachen. Bereits bei der vergangenen Abstimmung hatte es vor allem aus Reihen der FDP Abweichler gegeben. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was bedeutet die Entscheidung des Bundestags zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern?

Eine Lieferung der Marschflugkörper ist damit noch nicht vollends vom Tisch, denn die finale Entscheidung trifft nicht der Bundestag, sondern der Bundessicherheitsrat. Bereits vor wenigen Tagen hatte der Bundestag der Lieferung von „weitreichenden Waffen“ an die Ukraine zugestimmt, einen Taurus-Antrag der Union aber explizit abgelehnt.

FDP und Grüne stimmten überwiegend gegen den Antrag der Union, mehrere Abgeordnete positionierten sich in ihren Reden aber klar für eine Lieferung der Taurus-Raketen. Eine Lieferung in den kommenden Monaten gilt als nicht ausgeschlossen.

Taurus-Marschflugkörper: Warum ist die Debatte um die Lieferung neuer Kriegswaffen so heikel?

Die Taurus-Marschflugkörper können im Gegensatz zu vorher gelieferten Waffen aus großer Entfernung abgeschossen werden und dabei theoretisch auch russisches Territorium erreichen. Bundeskanzler Scholz hatte daher eine Lieferung an die Ukraine unter anderem abgelehnt, auch wenn Kiew einen Einsatz auf russischem Staatsgebiet ausgeschlossen hatte.

Scholz hatte seine Ablehnung ebenfalls damit begründet, dass eine Lieferung mit dem Einsatz deutscher Soldaten in der Ukraine einhergehen würde. Mehrere Offiziere der Luftwaffe hatten in einem abgehörten Gespräch dieser Darstellung allerdings widersprochen, was Scholz zusätzlich in Bedrängnis gebracht hatte.

Welche Argumente sprechen gegen Scholz’ Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern?

Sicherheitsexperten aus der Politik und dem Militär hatten wiederholt betont, dass es nicht nur keine deutschen Soldaten in der Ukraine bräuchte, die Reichweite der Taurus-Marschflugkörper könnte auch technisch begrenzt werden. Der Grünen-Politiker Anton Hofreiter hatte das sogenannte Geofencing ins Spiel gebracht, mit dem ein Einsatz auf russischem Gebiet verhindert werden könnte.

Die stellvertretende Grünen-Fraktionen-Vorsitzende Agnieszka Brugger sagte am Donnerstag, das „Zögern und Zaudern“ Deutschlands würde zur Eskalation des Angriffskriegs von Wladimir Putin beitragen. Der CDU-Politiker Johann Wadephul erklärte, es brauche Entschlossenheit, um den russischen Angriffskrieg zu stoppen und warb für eine Lieferung.

Was sagen die Befürworter der Lieferung von Taurus-Marschflugkörper?

Grünen-Politikerin Brugger betonte, dass sich auch ihre Partei der Tragweite der Entscheidung bewusst sei. Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen machte deutlich, dass sie die Einschätzung von Olaf Scholz nicht teile, erklärte aber auch: „Wir müssen Risiken abwägen. [...] Und wir brauchen nicht jede Woche einen Antrag der Union, den wir auch ablehnen werden.“

Unions-Politiker Johann Wadephul begrüßte die grundsätzliche Einstellung der Grünen, man sei sich „im Wesentlichen“ einig. Allerdings kritisierte er, dass ein Großteil der Ampel-Abgeordneten trotzdem gegen eine Lieferung stimmen würde. „Und nochmal direkt an den SPD-Kollegen Rolf Mützenich: Andere Kolleginnen und Kollegen für anderes Abstimmungsverhalten disziplinieren zu wollen, ist kein guter Stil.“

Alexander Müller, verteidigungspolitischer Sprecher der FDP betonte, man werde nicht über das „Stöckchen der Union“ springen. „Wir brauchen es auch nicht zu tun, weil die Beschlusslage klar ist. Wir werden dieses System liefern und es gibt auch keine Zweifel, dass das auch den Taurus betrifft. Wir brauchen hier keine wöchentliche Abstimmung. Und im Übrigen entscheidet über die Lieferung nicht der Bundestag, sondern der Bundessicherheitsrat“, sagte Müller weiter.

Müllers CSU-Amtskollege Florian Hahn monierte, dass selbst die jetzigen Lieferungen der Bundesregierung an die Ukraine zu wenig sein. Die Haltung der SPD mache „den Grünen, der FDP und dem größten Teil in diesem Hause Angst“, sagte Hahn an den SPD-Fraktionsvorsitzenden Mützenich gerichtet. Er stünde damit in einer Linie mit Alice Weidel oder Sahra Wagenknecht.

Was sagen die Gegner der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern?

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich ließ es sich nicht nehmen, auf die Kritik der Opposition zu reagieren. „Wir brauchen mehr als nur eine kleinteilige Debatte über ein Waffensystem, wir müssen auch mal die positiven Dinge herausheben, die Deutschland beispielsweise bei der Aufnahme der Geflüchteten aus der Ukraine geschafft hat“, erklärte der Kölner Bundestagsabgeordnete.

Mützenich überraschte auch erneut, als er überraschend deutlich Verhandlungen über ein mögliches Kriegsende vor dem Plenum forderte: „Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber nachdenken, wie man einen Krieg führt, sondern wie man ihn einfriert oder politischen beenden kann?“, fragte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Sahra Wagenknecht (BSW) vermied erneut Kritik an Russland und erklärte, alle anderen Länder außer Deutschland hätten verstanden, dass eine Fortführung des Krieges keinen Sinn ergebe. (shh)

KStA abonnieren