Prozess gegen ehemaligen Polizeipräsidenten Kruse eingestellt

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Der Prozess gegen den ehemaligen Bielefelder Polizeipräsidenten Kruse wird eingestellt.

Der Prozess gegen den ehemaligen Bielefelder Polizeipräsidenten Kruse wird eingestellt.

Bielefeld - Eine als Mammutprozess angekündigteVerhandlung ist nach zehn Wochen eingestellt: Das im Februareröffnete Verfahren gegen den früheren Bielefelder PolizeipräsidentenHorst Kruse hat am Dienstag vor dem Landgericht gegen eineGeldauflage seinen Abschluss gefunden. Ungeklärt bleiben indes nachAnsicht der Beteiligten die Fragen rund um das liberale Drogenkonzeptdes Landes, das Auslöser der Handlungen Kruses war und damitunterschwellig mit vor Gericht stand. Die Staatsanwaltschaft hatte den sechs Angeklagten - neben Krusezwei weitere Polizisten und drei Drogenberater - bewusstes Wegsehenvorgeworfen. In einer Bielefelder Anlaufstelle für Abhängige sollensie Drogenhandel und -konsum geduldet haben. Zudem seien sie nichtgegen drogenabhängige Prostituierte eingeschritten. Die Beklagtenwiesen die Vorwürfe zurück. "Wenn man mit Abhängigen umgeht, gibt eskeine Garantie, dass sie nicht handeln oder konsumieren", sagte UweGriesmeyer von der Bielefelder Drogenberatung. Die Rechtsunsicherheitbei derartigen Kontaktstellen bleibe weiter bestehen. Auch Kruse äußerte sich nach Prozessende kritisch über das Konzeptder Ordnungspartnerschaft zwischen Drogenberatung, Polizei undStaatsanwaltschaft und beklagte ungeklärte Fragen: "Für die Beamtenist das eine heikle Angelegenheit: Soll man wegsehen oder nicht?",sagte er. Mit der Verfahrenseinstellung zeigte sich Kruse dennochzufrieden. "Die Alternative wäre ein Verfahren gewesen, dass nocheineinhalb Jahre gedauert hätte", sagte er. Die Auflage in Höhe von7500 Euro zahle er an die Aidshilfe. Gegen die drei angeklagten Drogenberater war der Prozess bereitsim März eingestellt worden. Ein einziger Satz war es, der dieStaatsanwaltschaft bewog, am Dienstag dann auch den ehemaligenPolizeipräsidenten und die beiden Leitenden Polizeidirektoren gegeneine Geldauflage ziehen zu lassen. "Ich bedaure, dass es bei derUmsetzung der Konzepte Probleme gegeben hat", ließ Kruse über seinenAnwalt mitteilen. Der Prozess geriet zwischenzeitlich fast in die Nähe einesJustizskandals, als mehrere als Zeugen vernommene Staatsanwälte unterEid widersprüchliche Aussagen machten. So blieb am Ende offen, ob dieStaatsanwaltschaft nun "mit im Boot" saß oder nicht, wie es einer derZeugen formuliert hatte. Der Vorsitzende Richter Dieter Fels reagierte mehrfach ungehalten,wenn Vernommene allzu große Gedächtnislücken zu haben schienen. Miteinem Freispruch sei nicht zu rechnen, hatte Fels bereits im Märzbetont, als er erstmals die Einstellung des Verfahrens vorschlug.Aber es sei offensichtlich, dass die Angeklagten letztlich in guterAbsicht gehandelt hatten, nämlich um den Drogenabhängigen zu helfen.Deshalb ginge es nicht um ein Verbrechen, sondern um ein Vergehen. Die Bielfelder Drogenberatung wartet unterdessen auf dieBewilligung des Landes, um einen Konsumraum für Abhängigeeinzurichten. Nach ihren Angaben wird das der neunte in Nordrhein-Westfalen. In einer so genannten Fixerstube sei die Rechtslage fürDrogenberater wenigstens eindeutig, meinte ein Mitarbeiter.

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