In Sachen LiebeIst es ok, mit dem Ex-Partner der Tochter weiter befreundet zu sein?

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Lächelnde ältere Frau und junger Mann gucken sich an

Manchmal kann aus dem Kontakt von Schwiegermutter und Schwiegersohn eine Freundschaft entstehen.

Oder ist es seltsam für die Tochter, wenn die Mutter weiterhin Kontakt zum Ex pflegt?  Das bewertet die Expertin unserer Beziehungskolumne. 

Meine erwachsene Tochter hat sich getrennt. Ich mochte aber ihren Partner sehr – darf ich trotzdem weiter Kontakt zu ihm halten?

Die Beziehung einer Mutter zum Partner ihrer Tochter, also das Verhältnis Schwiegermutter – Schwiegersohn, ist – ähnlich wie die Stief-Beziehung (Stiefmutter – Stiefkind) oft mit negativen Bildern verbunden und auch in der Realität tatsächlich mit vielen Konflikten behaftet. Das ist bei Ihnen nicht der Fall. Sie haben zu Ihrem „Schwiegersohn“ eine eigene Beziehung entwickelt, der Kontakt findet auch ohne „Über Bande spielen“ statt. Das spricht für eine gesunde Beziehungsstruktur in Ihrer Familie.

Wahrscheinlich haben Sie sich an das gut funktionierende, wohlwollende Familiengefüge gewöhnt, es liebgewonnen. Umso schmerzlicher ist es, wenn sich das Paar nun trennt. Ihre Tochter entlässt Ihren Partner aus der Familie, und Sie haben keinerlei Einfluss darauf. So geht es übrigens auch Kindern, die womöglich aus dieser Liebesbeziehung entstanden sind.

Katharina Grünewald

Katharina Grünewald

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Der Platz des „Schwiegersohns“ ist nun wieder frei. Das heißt aber nicht, dass der Kontakt zwischen Ihnen und dem jungen Mann nun ebenfalls zu Ende sein muss. Warum sollten Sie nicht ein freundschaftliches Verhältnis weiterhin pflegen? So wie wahrscheinlich alle anderen Freunde auch wäre er allerdings nicht mehr bei Familienfesten dabei, das automatische Treffen an Geburtstagen und anderen Anlässen entfiele. Sie müssten sich stattdessen aktiv um Begegnung bemühen und einen neuen Umgang miteinander finden. Können Sie sich das vorstellen? Was würde Ihre Tochter dazu sagen? Schließlich hatte sie sich einst einen sympathischen jungen Mann ausgesucht, der er nun ja auch nach wie vor ist.

Es ist wichtig, die Bedürfnisse und Wünsche des eigenen Kindes mit einzubeziehen

Es kann aber sein, dass die Trennung der beiden schwierig war. Dann ist es wichtig, die Prozesse und Beziehungsebenen ebenfalls voneinander zu trennen. Sonst ist die Gefahr eines Loyalitätskonflikts sehr groß. Vielleicht findet Ihre Tochter es seltsam oder empfindet es sogar als Verrat, wenn Sie sich vermeintlich auf „seine Seite“ schlagen. Hier wären Gespräche wichtig, in denen Sie einerseits die Verbundenheit zu Ihrer Tochter klar signalisieren und den Platz des Schwiegersohns deutlich freigeben. Andererseits gehört es zu Ihrer Privatsphäre, sich Ihre Freunde und Bekanntschaften selbst auszusuchen.

Je nachdem, welche Kränkungen und Verletzungen vielleicht stattgefunden haben, ist diese Differenzierung komplex und erfordert viel Mitgefühl und Geduld. Wenn es Kinder aus dieser Beziehung gibt, Ihre Enkelkinder, dann ist dieser Prozess sogar noch anspruchsvoller, weil der Vater der Kinder für Ihre Enkel ja weiterhin zur Familie gehört, für Ihre Tochter aber eher nicht. Da könnten Sie als großmütige Großmutter ein Vorbild sein, wie man mit ambivalenten Gefühls- und Beziehungssituationen umgeht. Das Familiengefüge muss verändert und vergrößert werden: Es braucht Raum für individuelle Beziehungen innerhalb einer Familie.

Seien Sie achtsam mit sich und Ihren Bedürfnissen, trennen Sie die mütterliche Rückendeckung für Ihre Tochter von Ihrer Freundschaft mit dem jungen Mann. Und seien Sie ein „großmütterlicher“ Ankerpunkt für Ihre Enkel und deren Gefühlschaos. Alles darf sein. So sortiert und entwickelt sich Ihr Familien- und Ihr Freundeskreis neu und bleibt lebendig.

Unser Team von Expertinnen und Experten beantwortet Ihre Fragen in der Zeitung. Die Psychotherapeuten Carolina Gerstenberg und Daniel Wagner sowie die Diplom-Psychologinnen Elisabeth Raffauf und Katharina Grünewald sind versiert in der Beratung rund um Liebe, Beziehung und Partnerschaft. Der Urologe Volker Wittkamp kennt sich mit allem aus, was Liebe mit unserem Körper macht – und umgekehrt. Und Sexualberaterin Gitta Arntzen hilft bei Fragen zu Sexualität.  Schreiben Sie uns, was Sie in der Liebe bewegt! Ihre Zuschriften werden anonymisiert weitergegeben. Schicken Sie Ihre Frage an: in-sachen-liebe@dumont.de.

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