Hart für MütterWenn Papa nie da ist und trotzdem der Held bleibt

Lesezeit 5 Minuten
Papa ist der Star! Schließlich bringt er immer Geschenke mit.

Papa ist der Star! Schließlich bringt er immer Geschenke mit.

Wo war er in der Nacht, als die Mutter in großer Angst mit dem Kleinen ins Krankenhaus gefahren ist, weil das Fieber einfach nicht runterging? Wo war er bei all den verlorenen Karate-Turnieren in grauen Turnhallen am anderen Ende der Republik? Wo war er bei diesem einen Elternsprechtag, an dem eine schnippische Lehrerin erklärte, der Junge sei zu unaufmerksam und mit vorwurfsvollem Blick andeutete, vielleicht fehle ihm der Vater?

Mit Papa ins Disneyland, mit Mama zum Elternsprechtag

Ja, der fehlt ihm, ganz bestimmt - und das sehr oft. Bis der auf einmal aus heiterem Himmel vor der Tür steht, mit riesigen Geschenken, einem ferngesteuerten Hubschrauber oder einem Rennrad, und das Kind zum Geburtstag spontan zu einem Trip ins Disneyland Paris einlädt, während man ihm wegen des Unterhalts oft hinterherlaufen muss. Die Rede ist, richtig, vom Gutwettervater.

Wie kann eine Mutter mit ihm umgehen? Was ist das Beste für das Kind? „Kinder lieben ihren Vater, sie brauchen ihn, genau wie die Mutter“, sagt Familientherapeutin Michaela Herchenhan. Den Kontakt zum Vater abbrechen, das gehe vielleicht äußerlich, doch die Verbindung bleibe durch das gemeinsame Kind, so die Therapeutin, die seit mehr als 30 Jahren Familien berät und eine Praxis in Aurachtal hat.

Vor dem Kind nicht abwertend über den Vater sprechen

Auch wenn man als Paar nicht mehr zusammen funktioniere, sollte man trotzdem versuchen, „die Eltern-Ebene konstruktiv zu gestalten und im Dialog zu bleiben“, so die familienpolitische Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF). Als Mutter müsse man nach Möglichkeiten suchen, seinen Frust auf andere Weise rauszulassen - und vor allem vor dem Kind nicht abwertend über den Vater zu reden und es nicht für die eigenen Zwecke zu instrumentalisieren.

„Jeder Vater - bis auf sehr wenige Ausnahmen - hat Interesse an seinem Kind“, sagt auch Väter-Forscher Dr. Andreas Eickhorst. „Das Entscheidende ist jedoch, dass nicht alle wissen, wie sie mit ihren Kindern umgehen sollen.“ Und nach einer Trennung verschärfe sich diese Problematik noch einmal, erklärt der Entwicklungspsychologe am Deutschen Jugendinstitut. „Die Väter haben dann oft einfach Angst davor, dass sie scheitern“, so Eickhorst, „dass das Kind sie nicht mehr sehen möchte, wenn sie beispielsweise nicht etwas Außergewöhnliches vorbereitet haben.“

Am besten äußern die Kinder ihre Wünsche selbst

Ideal sei es natürlich, sagt Eickhorst, wenn das Kind von sich aus sage, dass es mehr vom Vater erwartet - vor allem gemeinsamen Alltag, „ob man nun einen Samstagabend zusammen auf der Couch verbringt, zusammen Kakao trinkt oder vom Vater ins Bett gebracht wird.“ Wichtig ist, dass das Kind den Vater in seinem Umfeld kennenlernt, dass es auch sieht, wenn der mal nicht gut drauf ist, wie Eickhorst erklärt. „Damit nicht nur die Mutter mit dem grauen Alltag assoziiert wird, und der Vater mit den tollen Ausflügen.“

„Was glaubst Du, wie es unserem Sohn gerade geht?“

Wenn das Kind den Vater nicht von sich aus anspricht, könne auch die Mutter auf den Vater zugehen. „Dabei muss es aber immer um das Wohl des Kindes gehen“, sagt Eickhorst, „die eigene gescheiterte Beziehung muss außen vor bleiben.“ Also anstatt Vorwürfe zu machen, sollten Fragen gestellt werden: „Was glaubst Du, wie es unserem Sohn gerade geht?“

Vermittler ins Boot holen

Bei getrennten Paaren sei die Beziehung aber manchmal so belastet, dass schon die Frage der Mutter, was das Kind beim Vater gegessen habe, zu einer mittleren Katastrophe führe, sagt Eickhorst. Dann kann es sinnvoll sein, einen Vermittler, etwa eine Vertrauensperson des Vaters, ins Boot zu holen. Wenn der Vater mitzieht, könne auch eine Familientherapie in Erwägung gezogen werden. Familienberatungsstellen und das Jugendamt vermitteln Therapeuten und Mediatoren, wie Therapeutin Herchenhan erklärt, wobei das Jugendamt darüber entscheide, ob die Kosten für die Therapie als „Hilfen zur Erziehung“ übernommen werden.

Ein Gutwettervater engagiert sich immerhin

„Das Gute ist ja, dass ein Gutwettervater - auf seine eigene egoistische Art - noch relativ viel in die Beziehung zu seinem Kind investiert“, sagt Herchenhan. Während ihrer mehr als 30-jährigen Erfahrung als Familientherapeutin habe sie nicht selten erlebt, dass Väter einfach verschwinden. Wer sich aber zumindest ein bisschen engagiere, den müsse man womöglich nur noch in die richtige Richtung lenken. Selbst in ganz schwierigen Fällen würde sie es in der Regel bevorzugen, wenn das Kind seinen Vater zumindest unter Aufsicht sehen darf. Erst wenn eine Gefährdung des Kindes zu befürchten ist, sollte das Jugendamt informiert und die Reißleine gezogen werden. Generell gelte aber: „Das Kind hat ein Recht auf seinen Vater.“

„Papa ist nicht gekommen. Ich kann verstehen, dass Du traurig bist“

„Frauen stricken manchmal sogar einen Mythos um die Vaterfigur, um das Kind an einen tollen Vater glauben zu lassen“, sagt Herchenhan. „Sie erfinden Geschichten, um die Enttäuschung des Kindes abzumildern, wenn er mal wieder nicht kommt“, so die Expertin. „Das sollte man auch nicht machen“, so die Therapeutin, sondern die Situation nehmen, wie sie ist. Dann könne man sagen: „Der Papa ist wieder nicht gekommen. Ich kann verstehen, dass Du traurig bist.“ Wenn das Kind sich in der Pubertät schließlich gegen den Vater entscheidet, sollte auch hier nicht bewertet, sondern dem Kind signalisiert werden, dass seine Entscheidungen akzeptiert werden.

Manchmal nehme das Kind die Verhältnisse aber auch durchaus an, erklärt Entwicklungspsychologe Eickhorst. „Es hat sich damit abgefunden, dass der Vater nur unregelmäßig auftaucht.“ Nur: Weil die Mutter die Situation belaste, sei das Kind bedrückt. Wenn es aber merke, dass sie für alle Beteiligten in Ordnung sei, würde sich die Lage oft entspannen. „Kinder finden oft einen ganz eigenen Weg, mit den Schwächen ihrer Eltern umzugehen“, sagt Eickhorst. „Da müssen wir ihnen einfach mehr zutrauen.“

KStA abonnieren