Bericht zum Ausbruch aus JVA-RheinbachFlucht des „Hahnwaldmörders“ durch Nachlässigkeiten der JVA begünstigt

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Gefängnisinsassen einer JVA (Symbolbild)

Gefängnisinsassen einer JVA (Symbolbild)

Rheinbach – Der Ausbruch des sogenannten „Hahnwaldmörders“ Detlef W. aus der Justizvollzugsanstalt Rheinbach ist offenbar durch die Unachtsamkeit eines Gefängnisbeamten, aber auch durch Nachlässigkeiten bei der Aufsicht begünstigt worden. Das geht aus einem Bericht NRW-Justizministeriums hervor. Demnach sei die Gitterbox mit Holzabfällen, in der der verurteilte Mörder geflohen war, nicht sachgerecht überprüft worden. Zudem habe man es versäumt, die Vollzähligkeit der Gefangenen nach dem Verladevorgang sicherzustellen. JVA-Anstaltsleiter Heinz-Jürgen Binnenbruck habe bereits Maßnahmen getroffen. „Hierzu zählen ein genereller Einsatz des Herzschlagdetektors, eine vierundzwanzigstündige Zwischenlagerung der Gitterboxen, eine Reduzierung von Gefangenenbewegungen außerhalb des Betriebs, die ausnahmslose Vollzähligkeitsprüfung mit entsprechender Listenführung, die ausnahmslose Kontrolle ausfahrender Fahrzeuge - außer Gefangenentransportfahrzeuge - durch Pfortenbedienstete und die Beschaffung eines Häckslers für Holzabfälle“, so der Bericht des Justizministeriums.

Ende April konnte der 43-jährige Mörder aus der Justizvollzugsanstalt Rheinbach entkommen. Detlef W. war in den Wochen vor seinem Ausbruch in der Anstaltsschreinerei als Maschinenbediener eingesetzt. Sein Arbeitsplatz war links vom Aufsichtsraum der JVA-Vollzugsbeamten. Am Tag seiner Flucht befanden sich allein in der Halle etwa zehn der beschriebenen Gitterboxen. Grundsätzlich seien diese einsehbar. Teilweise würden die Seiten der Behälter jedoch mit Spanplatten ausgekleidet, damit insbesondere kleinere Holzabfälle während des Transports nicht herausfallen. Wenn fünf Boxen gefüllt sind, würden sie durch den aufsichtführenden Bediensteten der Hofkolonne, also dem Traktorfahrer, entsorgt. „Für Gefangene war grundsätzlich vorhersehbar, wann die nächste Entsorgungsfahrt anstand“, stellt der Bericht unmissverständlich fest.

Fehlen des Gefangenen nicht aufgefallen

Das Fehlen des Gefangenen Detlef W. sei zunächst nicht aufgefallen. „Vom Arbeitsablauf her ist es zunächst nicht ungewöhnlich, dass ein Gefangener die Toilette aufsucht, Material holt oder anstehende Aufträge in einem anderen Bereich der Schreinerei - hinter einer Zwischenwand - bespricht. Das Fehlen gab daher bis zu diesem Zeitpunkt noch keinen Anlass zur Besorgnis.“, gibt das Justizministerium zu bedenken.

Detlef W. muss sich zu einem unbekannten Zeitpunkt in einer der Gitterboxen versteckt haben. Gegen 8 Uhr seien dann fünf der bereitgestellten Boxen auf den Lastwagen gehoben worden. Anschließend wurden die Holzabfälle zu einem ortsansässigen Unternehmen gebracht. Gegen 9.15 sei der Fahrer in die Anstalt zurückgekehrt. Gegen 9.30 Uhr erfolgte dann der zweite Abtransport. Erst um 11 Uhr, zu einem Zeitpunkt also, als der „Hahnwaldmörder“ sich bereits seit zwei Stunden auf der Flucht befunden haben könnte, nahmen die Bediensteten die Suche nach dem Gefangenen auf.

Der Traktorfahrer war mittlerweile wieder in der Anstalt eingetroffen. Beim Abladen hatte er bemerkt, dass eine Gitterbox nur halb voll gefüllt war. Diesem Umstand hatte er jedoch zunächst keine Bedeutung beigemessen. Im Gespräch mit den Betriebsbeamten konnte er klären, dass ausschließlich vollständig gefüllte Behälter auf den Anhänger verladen worden waren. Durch diesen Umstand erhärtete sich der Verdacht, dass der Gefangene auf diese Weise geflohen war, zumal sich in unmittelbarer Nähe seines Arbeitsplatzes eine solche befunden hatte. Gegen 11.40 Uhr wurde dann die Polizei informiert.

Keine Fluchthelfer

Fluchthelfer soll der „Hahnwaldmörder“ entgegen den Aussagen eines ehemaligen Mithäftlings allerdings nicht gehabt haben. „Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn ist davon auszugehen, dass der Gefangene die Flucht alleine geplant, organisiert und durchgeführt hat“, so der Bericht des Justizministeriums. Der Zeuge sei von der Oberstaatsanwaltschaft verhört worden. Konkrete Hinweise auf beteiligte Personen oder zum Tatablauf habe er aber nicht vorbringen können.

Auch Detlef W. hat inzwischen dementiert, mit dem Mann über seine Flucht gesprochen zu haben. Zudem gab er an, seit etwa zwei Jahren keinen Kontakt mehr zu dem Zeugen gehabt zu haben.

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