„Nicht mit uns – Die große Outlet-Lüge“Setzen Outlets auf Mogelpackungen?

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Bad Münstereifel – Die Schnäppchenjagd ist hierzulande zum Volkssport geworden. Kein Wunder, dass in den zehn Outlets der Republik, dazu zählt auch das Bad Münstereifeler, die Kassen klingeln. Doch die heile Welt der Modezentren hat offenbar Risse bekommen: Nach Recherchen des Privatsenders RTL sollen an einigen der zehn Standorte Mogelpackungen angeboten werden.

Dies wurde im TV-Beitrag „Nicht mit uns – Die große Outlet-Lüge“ kürzlich thematisiert. Die Reporter kamen zu dem Ergebnis, dass die Überproduktionen, Restbestände und Vorjahres-Kollektionen, die dort verkauft werden sollen, in dieser Größenordnung überhaupt nicht vorhanden sind. Viele Firmen würden eigens Waren für die Outlets produzieren lassen – und dies zum Teil mit minderer Qualität, so RTL.

„Diese Aussage ist nicht ganz falsch, aber auch nicht ganz richtig“, sagt Dr. Joachim Will auf Anfrage. Der Wiesbadener gilt als „Outlet-Papst“ und ist Geschäftsführer der Ecostra GmbH, die als Dienstleister auf Wirtschafts-, Standort- und Strategieberatung in Europa setzt.

Will beantwortet die Frage nach der Mogelpackung in den Outlets mit einem „Jein“. Es gebe durchaus Markenfirmen, die speziell für Outlets Waren in China, Bangladesch oder der Türkei preiswert produzieren ließen. Doch es gingen bei weitem nicht alle Labels derart großzügig mit dem Outlet-Konzept um: „Sobald die Qualität der Produkte nicht mehr stimmt, würden sich die Firmen ja auf Dauer selbst schaden.“

Die Labels, die mit dieser Methode auf einen schnellen Profit setzten, seien spärlich gesät. Dies sei schließlich eine Frage des Markenimages, so der Outlet-Experte.

Die Ecostra GmbH zeichnet im Auftrag der niedersächsischen Landesregierung für das Controlling des Outlets in Soltau verantwortlich. Laut Will wird dort jeder Laden dreimal im Jahr unter die Lupe genommen. Dabei gehe es um Warenstichproben: „Wir überprüfen etwa, wo die Ware herkommt und ob die Qualität stimmt.“

In Soltau ist es laut Will nicht zulässig, speziell für Outlets produzierte Ware zu verkaufen. Dies sei vertraglich so geregelt: „Ab und zu erwischen wir einen, der sich daran nicht gehalten hat.“ Der erhalte zunächst eine Abmahnung. Ab dem zweiten Verstoß blühten empfindliche Geldstrafen.

Und wie ist das im City-Outlet in Bad Münstereifel geregelt? „Da gibt es keine derartigen Festsetzungen. Die können verkaufen, was sie wollen“, so Will. Das hänge in der Kurstadt im Grunde genommen ausschließlich von der Philosophie der Marken-Produzenten ab.

Dem widerspricht der Bad Münstereifeler Center-Manager Uli Nölkensmeier ganz entschieden: „Da irrt Herr Will. Wir regulieren bei uns im City-Outlet genau wie die Kollegen in Soltau, welche Ware verkauft werden darf. Beide Modezentren haben ja auch mit Retail Outlet Shopping (ROS) den gleichen Betreiber.“ Nölkensmeier räumt allerdings ein, dass er sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen würde, beurteilen zu können, ob eine Ware speziell gefertigt worden sei oder nicht. Dies sei im Einzelfall ausgesprochen schwierig.

Auch in Bad Münstereifel gebe es regelmäßige Qualitätskontrollen. „Das ist unser Job“, so Nölkensmeier. Sollte ein Produkt mit minderer Güte entdeckt werden, sorge man dafür, dass es aus dem Verkehr gezogen werde. Derartige Dinge würden bei den regelmäßigen Meetings mit den Labels geklärt. Eine spezielle Outlet-Billigproduktion für das Bad Münstereifeler Modezentrum schließt der Center-Manager indes aus: „Bei uns sind bis auf Puma und Tom Tailor vorwiegend kleinere Marken vertreten. Die haben gar keine Kapazitäten für eine Sonderproduktion. Das können wir ruhigen Gewissens ausschließen.“

Im RTL-Bericht hatten Reporter Marken-Produkte in Outlets gekauft und von Experten prüfen lassen. Die stellten fest, dass zum Teil minderwertige Qualität verkauft worden sei. Nach Angaben von Nölkensmeier hat sich bislang noch kein Kunde in Bad Münstereifel über die Qualität der Outlet-Produkte in der Kurstadt beschwert: „Wenn es Klagen gibt, dann über die Parkgebühren und die Toilettensituation.“ Von dem „reißerischen RTL-Beitrag“ fühlt sich Nölkensmeier nicht angesprochen. Die Warenversorgung für das Modezentrum klappe auch ohne Sonderproduktionen. Die Marken setzten wegen der Outlets grundsätzlich auf Überproduktionen.

So ganz glücklich ist auch der Modezentrums-Experte Will nicht über den TV-Beitrag. Für ihn steht fest, dass nur dann von einer Mogelpackung die Rede sein könne, wenn tatsächlich schlechte Qualität für die Outlets produziert werde. Eins ist ihm freilich auch klar: „In jeder Branche gibt es Schwarze Schafe.“

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