Kreuzweg von Mariawald nach HeimbachAnstrengender Marsch als Weg zur Ruhe

Lesezeit 5 Minuten
Nach rund 45 Minuten erreichten die Kreuzwegteilnehmer die erste von 14 Stationen im Ruppenbachtal. 

Nach rund 45 Minuten erreichten die Kreuzwegteilnehmer die erste von 14 Stationen im Ruppenbachtal. 

Mariawald – Was manche altmodisch oder sogar unverständlich finden mögen, genießt rund um Heimbach einen erstaunlich hohen Stellenwert. Denn mit über 70 Gläubigen, die jetzt den 14 Stationen umfassenden Kreuzweg vom Gnadenbild in der Heimbacher Pfarrkirche hoch zur Abtei Mariawald gingen, waren im Vergleich zum Vorjahr eher mehr als weniger Teilnehmer zu verzeichnen. Und für viele von ihnen gehört der alljährliche Gang als festes Ritual zur Fastenzeit.

„Der Weg hoch durchs Ruppenbachtal ist steil und anstrengend, das weiß man, wenn man hier lebt.“ Die Dame aus Mechernich, die ihren Namen nicht nennen möchte, will auf der knapp eindreiviertel Stunden langen Tour zur Ruhe kommen und das stille Gebet zur inneren Einkehr nutzen. Und natürlich können sie und die anderen Gläubigen die frühlingshaft aufblühende Natur zwischen Heimbach und Mariawald genießen.

Das sind auch die Motive von Harald Baier, der extra aus Gerolstein zur Abteikirche des einzigen Trappistenklosters in Deutschland gekommen ist. „Stille suchen und zulassen, das ist immer sinnvoll. Jeder Mensch sollte sich im Alltag ein paar Minuten täglich eine solche Auszeit nehmen – und abschalten von allen Terminen.“ Er habe sich, so Baier weiter, in seinem Haus in Gerolstein sogar eigens einen Meditationsraum geschaffen, indem er die Zurückgezogenheit und Ruhe findet.

Nach der Non um 14 Uhr, dem ersten Stundengebet nach der Mittagspause im geistlichen Tagesablauf der Trappistengemeinschaft von Mariawald, versammelten sich die Kreuzwegteilnehmer wie immer zunächst auf dem Kirchenvorplatz. Und dann ging es schweigend hinter dem vorgetragenen Kreuz durch die Wälder nach Heimbach und zur Meditation vor dem Gnadenbild in der Pfarrkirche. Nur knapp 50 Minuten brauchten die Kreuzweggänger bis zum Start von der Kirche zurück über den Stationenweg, an dem an das Leiden und Sterben Christi erinnert wird.

Die Anstrengung den Waldweg hinauf durch das steile Ruppenbachtal schrecke sie nicht, so die Gläubige aus Mechernich: „Es gemahnt mich als Christin an das Leiden Christi am Kreuz.“ 45 Minuten nach dem Start unten im Rurtal erreichte die Gruppe die erste Kreuzwegstation unmittelbar an der Straße zwischen Mariawald und Heimbach.

Nach einer kurzen Andacht ging es weiter hinauf – parallel zum Bachlauf. Kurz vor Erreichen der weiß gekälkten Mauern der Abtei mit der siebten Kreuzwegstation war die schmalste Stelle, die „Bachfalle“. Erst hier endet der Waldeinschnitt. Gegen 17 Uhr kam die Gruppe der Kreuzwegpilger wieder im Kloster Mariawald an. Dort gab ihnen Dom Josef Vollberg, Prior Claustralis der Trappistengemeinschaft, den Abschlusssegen.

Vollberg ist Hausherr, aber nicht Abt

Die Gerüchteküche brodelte, als Vater Abt Bernardus Peeters vom Mutterkloster der Trappisten in Konigshoeven im Dezember des vergangenen Jahres die Mitglieder des Vereins der Freunde und Förderer der Abtei Mariawald über eine wichtige Personalie informierte: den Rücktritt des Abtes Josef Vollberg. Von einer „Absetzung“ war die Rede. Und davon, dass Josef Vollberg, seit 2008 Abt des einzigen Trappistenklosters in Deutschland, die Abtei habe verlassen müssen.

Letzteres ist falsch, denn Josef Vollberg begrüßte die Teilnehmer zum traditionellen Kreuzweg wie gewohnt und begleitete sie. Doch Abt ist er tatsächlich nicht mehr, vielmehr Prior Claustralis – der Hausherr in der Abtei Mariawald.

Das oberste geistliche Amt wurde ihm so formal entzogen. „Ich betone nachdrücklich, dass Dom Josef nicht abgesetzt wurde oder unter Druck gesetzt wurde“, so Vater Abt Bernardus, der als Pater Immediat seitdem offizielles Oberhaupt der Gemeinschaft in Mariawald ist. Die Regelung sei als Ergebnis der turnusmäßigen Visitation des Klosters im Mai 2016 getroffen worden.

Doch wie geht es weiter? Wolfgang Nowack, Leiter der Wirtschaftsbetriebe in Mariawald, glaubt, dass es so, wie es jetzt ist, noch länger bleiben kann: „Das ist zeitlich nicht befristet.“ Zum einen sei die kleine Trappistengemeinschaft – zehn Mönche leben in der Abtei – so „letztlich gestärkt worden“. Tatsächlich gibt es eine Empfehlung von Papst Franziskus, dass sich kleine Ordensgemeinschaften organisatorisch zusammenschließen können, „um einander zu helfen und zu bestärken“, so Vater Abt Bernardus.

Doch anderes kommt im Fall der Abtei Mariawald, die jetzt keinen eigenen Abt mehr hat, hinzu. Die Glaubensgemeinschaft ist überaltert. „Wenn wir in Zukunft viele Pflegefälle haben sollten, dann kann es tatsächlich für uns aufgrund der Pflegekosten schwierig werden“, so Nowack. Zudem ist die zehnköpfige Gemeinschaft vielleicht zu klein, um von einem Abt geführt zu werden. „Das könnte sich mit Neueintritten ändern“, so Nowack.

Ob es noch andere Gründe für den Verzicht von Abt Josef Vollberg gab, bleibt bisher ungeklärt. Zumindest deutet Vater Abt Bernardus in seinem Schreiben an, dass es „angesichts von nun zwei Liturgieformen in Mariawald, die nebeneinander bestehen“ – die alte Liturgieform ist wieder eingeführt – „die Brüder uns Visitatoren gegenüber die Sorgen um die Zukunft der Abtei angesprochen haben“.

Bis eine Entscheidung über die Dauer oder das Ende der Neuorganisation an der Spitze getroffen ist, bleibt Josef Vollberg für den Laien das, was er seit neun Jahren ist. „Er ist derjenige, der hier in Mariawald die Geschäfte führt und alles leitet“, so Wolfgang Nowack. Nimmt man die Zahl der Gläubigen beim Kreuzweg als Maßstab, hat die Abtei alle guten Wünsche für eine sichere Zukunft.

Dass die Lage in Mariawald nicht einfach ist, zeigt ein anderes Indiz: Eine Gebetsgemeinschaft wurde gegründet. Die Gläubigen sollen täglich/wöchentlich „alle guten Wünsche für die geistliche Förderung von Mariawald (…) und seine geistige Erneuerung“ über ein Rosenkranzgesätz hinauf nach ganz oben schicken. Als Dank verpflichten sich die Mönche, jeden Monat eine Messe zugunsten ihrer Fürsprecher abzuhalten. (sli)

KStA abonnieren