Hellenthaler AbrisshausSchatz hinter verrotteter Fassade

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Kurz vor dem Abbruch entdeckte Architekt Johannes Prickarz, dass sich in der Ruine des Hauses Kremer eine Sensation verbirgt.

Kurz vor dem Abbruch entdeckte Architekt Johannes Prickarz, dass sich in der Ruine des Hauses Kremer eine Sensation verbirgt.

Hellenthal – Eine faustdicke Überraschung gab es für die Mitglieder des Bauausschusses des Hellenthaler Rates. „Wir kennen das Haus Kremer seit vielen Jahren und hatten keinerlei Verständnis dafür, dass es noch steht“, sagte Manfred Schmitz (SPD) wie auch einige andere.

Doch jetzt stelle sich heraus, dass es einen enormen Wert besitze, den es zu erhalten gilt. Denn hinter der verrotteten Fassade des markanten Gebäudes an der Straße zum Wildfreigehege versteckt sich eine einmalige Kostbarkeit: die einzig bekannte Lohgerberei im Rheinland, deren Bausubstanz noch aus dem 18. Jahrhundert stammt, also aus der Zeit vor der Industriellen Revolution. „Statt Haus Kremer haben wir jetzt Gerberei Matheis“, sagte Wilhelm Bauer (SPD).

Hängende Dachkonstruktion

Dass Großes zu vermuten war, zeigte schon, dass das Rheinische Amt für Denkmalpflege mit drei Personen, angeführt von Dr. Monika Herzog, angereist war, um den Ausschussmitgliedern die Bedeutung dieser Entdeckung klarzumachen. „Was Sie hier haben, ist einmalig“, wiederholte Herzog immer wieder. Sie selbst hatte auch nicht mit dieser Neuigkeit gerechnet. Ganz im Gegenteil hatte auch die Denkmalpflegerin angesichts des Zustandes des Hauses auf eine eingehende Untersuchung verzichtet. Das Schicksal von Haus Kremer schien besiegelt zu sein, einem Abriss stand nichts mehr im Wege. Dann wurde der Architekt Johannes Prickarz aus Vlatten mit der Dokumentation des Baus beauftragt.

„Wenn man davor steht, wird nicht sofort klar, was es ist“, sagte Prickarz. Aufmerksam wurde er durch den massiven, über die gesamte Westseite des Hauses führenden Kamin und die 70 Zentimeter dicken Grundmauern, wie sie eher in Festungsbauten zu finden sind als bei einem Wohnhaus. Der Dachstuhl ist, was auch weithin einmalig ist, eine hängende Konstruktion, um den darunterliegenden Raum stützenfrei zu halten.

In alten Akten wurde Prickarz schließlich fündig. Das Gebäude wurde wahrscheinlich im 18. Jahrhundert gebaut. Damals gab es rund 1500 Lohgerberwerkstätten in der Eifel. Die industrielle Revolution und moderne Verfahren bedeuteten das Ende dieses Gewerbes.

Auch Haus Kremer wurde etwa 1880 als Wohnhaus umgebaut. Dabei wurde eine Wohnung in die vier Meter hohe Werkhalle eingebaut und quasi am Dachstuhl aufgehängt. Dieses Wohnung ist so baufällig, dass das Gebäude derzeit nicht gefahrlos betreten werden kann. Die Gebäudehülle ist aber laut den Denkmalpflegern wahrscheinlich mit geringem Aufwand zu sichern. „Sonst wären wir nicht hier“, betonte Herzog. Hier liege ein Glücksfall vor. Denn mit der notwendigen Entkernung würde gleichzeitig der historische Zustand wiederhergestellt.

Bach durch das Haus geleitet

Eine Lohgerberwerkstätte zeichnete sich dadurch aus, dass nahe dem Wasser gebaut war, woran heute noch das Sprichwort mit den Fellen, die man wegschwimmen sieht, erinnert. An dem Haus Kremer ist noch gut zu erkennen, dass der von der Hochfläche kommende Bach durch das Haus geleitet worden war.

Sämtliche baulichen Gegebenheiten, die bisher nur aus schriftlichen Überlieferungen bekannt waren, sind hier noch gut zu erkennen.

Nachdem die Ausschussmitglieder sich von ihrem Staunen erholt hatten, wurde ihnen klar, dass sie nicht nur verpflichtet sind, dieses Denkmal zu sichern, sondern hier wohl auch die Möglichkeit besteht, dieses einmalige Baudenkmal touristisch zu sichern. Allerdings ist die Kostenfrage noch völlig ungeklärt.

Deshalb beauftragte der Ausschuss die Verwaltung, ein Konzept zu erarbeiten, mit welchem Aufwand das Gebäude gesichert werden kann. Die schlimmsten Löcher im Dach wurden bereits vom Bauhof der Gemeinde gesichert, so dass der Zustand des Gebäudes weiter aufgenommen werden kann.

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