Pfarrer ist ein VerdachtsfallKaller Politik denkt über Umbenennung einer Straße nach

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Blick auf ein Straßenschild der Pfarrer-Berens-Straße mit Wohnhäusern im Hintergrund.

Bleibt der Straßennamen erhalten oder wird er geändert? – Die Kaller Politik will bald eine Entscheidung treffen.

Weil Pfarrer Johannes Berens vom Bistum als mutmaßlicher Täter geführt wird, soll sein Name von Straßenschildern verschwinden.

Intensive Diskussionen gab es im Kaller Gemeinderat um die Pfarrer-Berens-Straße in Sistig. Der 1973 gestorbene Geistliche wird in der vom Bistum Aachen jüngst vorgelegten Studie zur sexualisierten Gewalt durch Priester und andere kirchliche Beschäftigte als mutmaßlicher Täter benannt. Die Entscheidung wurde vertagt, eine Mehrheit für eine Umbenennung zeichnete sich aber ab.

Nach Angaben von Wieslaw Kaczor, Regionalvikar und Pfarrer von Steinfeld, war Johannes Berens von 1918 bis 1962 in Sistig als Pfarrer tätig gewesen. 1962 sei er dann in ein Altenheim nach Blankenheim gezogen. Nach seinem Tod 1973 sei er in Sistig beerdigt worden.

Blick auf die Sistiger Kirche, in der Pfarrer Berens mehr als 40 Jahre tätig war.

Die Kirche in Sistig war mehr als 40 Jahre die Wirkungsstätte von Pfarrer Johannes Berens gewesen.

„Es ist wichtig, zwischen nachgewiesenen Taten und Verdachtsfällen zu unterscheiden“, betonte Bürgermeister Hermann-Josef Esser, der mit Ortsvorsteher Karl Vermöhlen (SPD) und Wieslaw Kaczor über den Sistiger Fall gesprochen hatte. Bei Berens handele es sich seines Wissens nach um einen Verdachtsfall. Das Bistum habe Zeitzeugen aufgerufen, eventuelle Vorfälle zu melden.

„Ich fand es seltsam, in welchem Tempo einige Kommunen im Raum Aachen Straßennamen geändert haben. Oft gab es schon wenige Tage nach der Veröffentlichung der Liste durch das Bistum erste Beschlüsse von Stadt- oder Gemeinderäten“, so Esser. Er wolle keine Schnellschüsse. „Wir werden uns wieder mit dem Thema befassen und müssen dann irgendwann auch eine Entscheidung treffen“, so der Bürgermeister. Die müsse auch gut begründet werden. Unglücklicherweise liege auch die Grundschule an der Straße.

„Täter und Verdachtsfälle in einen Topf geworfen"

Kaczor kritisierte das Vorgehen des Bistums, das dazu geführt habe, dass Täter und Verdachtsfälle in einen Topf geworfen würden: „Man hätte besser zwei Listen veröffentlicht.“ Er habe noch keine Gelegenheit gehabt, die Akten einzusehen, weil er in Urlaub gewesen und dann krank geworden sei. Deshalb könne er zu der Schwere der Vorwürfe nichts sagen. Berens sei schon gut 50 Jahre tot und könne sich nicht mehr wehren. Der Pfarrer habe im Ort vielen Menschen geholfen und im Zweiten Weltkrieg große Verdienste erworben. Die Sistiger hätten sich seinerzeit dafür eingesetzt, dass die Straße nach dem Pfarrer benannt wurde. Bei ihm habe sich bislang niemand mit Vorwürfen gemeldet.

„Ich habe beim Bistum nachgefragt. Bei Verstorbenen ist eine Beweisführung leider nicht mehr möglich“, sagte Vermöhlen. „Das heißt, die Verdachtsfälle werden es auch bleiben.“ Das Bistum habe sich die Entscheidung aber sicherlich nicht leicht gemacht und die jetzt laufenden Diskussionen auch vorhergesehen. Im Dorf gebe es bislang keine Diskussionen. „Berens hat im Ort viel Gutes und möglicherweise auch Schlechtes getan“, meinte Vermöhlen. „Es wäre falsch, jetzt eine Rechnung aufzumachen, ob das viele Gute, das er getan hat, durch potenziell schlechte Taten ausgelöscht werde“, so der Ortsvorsteher.

Grab soll auch als Erinnerungsort erhalten bleiben

Die Grabstätte des Pfarrers auf dem Sistiger Friedhof werde von der Matthias-Bruderschaft gepflegt. Berens habe ja auch die Wallfahrt ins Leben gerufen. Das Grab solle auch als Erinnerungsort erhalten bleiben, „aber der Straßenname wird wohl nicht bleiben können“.

Lothar Maevis (FDP) betonte, er sei der Einzige im Raum, der Berens noch persönlich gekannt habe: „Ich bin bei ihm zur Schule gegangen und war bei ihm Messdiener. Er war ein gerechter und strenger Pfarrer, dem auch schon einmal die Hand ausgerutscht ist. Ohne ihn würde es die Kapelle in Rinnen nicht geben.“ Von den Missbrauchsvorwürfen habe er nie etwas gehört: „Er ist ja auch nie verurteilt worden.“

Keine Straßen nach Personen benennen

Sein Parteifreund Dr. Manfred Wolter meinte: „Wir führen hier jetzt eine Diskussion, die wir zügig beenden sollten, sonst werden wir sie nicht mehr los.“ Man solle im Einvernehmen mit dem Bistum einen besseren Namen suchen. „Dieser Fall zeigt, dass es richtig war, dass wir schon seit Jahren keine Straßen mehr nach Personen benennen“, unterstrich Emmanuel Kunz (SPD). Es gebe zwar einige Ausnahmen, aber die lägen schon länger zurück. Man müsse jetzt schnell eine Entscheidung treffen.

„Wir sollten auch in Zukunft keine Straßen nach Personen nennen“, meinte Jörg Jenke (Grüne). Frank Poll (AfD) sah dagegen keinen Handlungsbedarf: „Wir wissen gar nichts. Der Namen steht nur auf irgendeiner Liste.“ Das wollte Vermöhlen aber nicht so stehenlassen: „Das ist nicht irgendeine Liste. Sie wurde von der Bistumsleitung mit Fachleuten erarbeitet.“

„Wir müssen auch die Kosten für die Bürger beziffern, die bei einer Umbenennung anfallen. Deshalb sollten wir alle Punkte beleuchten, die auf uns zukommen“, sagte Bert Spilles (CDU). Diese Kosten sollten von der Gemeinde übernommen werden, forderte Kunz.

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