Kaller SagenWie beim Basilika-Bau in Steinfeld der Teufel übertölpelt wurde

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Katrin Oberländer (l.) und Bibliotheksleiterin Michelle Wagner sitzen an einem Tisch. Im Hintergrund ist ein Foto vom Römerkanal zu sehen.

Widmete sich den Sagen aus der Gemeinde Kall: Katrin Oberländer (l.). Unterstützt wurde sie von Bibliotheksleiterin Michelle Wagner.

Katrin Oberländer hat sich mit Sagen aus der Gemeinde Kall befasst. Über ihre Recherchen wird sie in der Gemeindebibliothek berichten.

Sie spielen oft an mystischen Orten und erzählen von schier unglaublichen Begebenheiten. Im Gegensatz zu Märchen haben Sagen aber einen wahren Kern. Katrin Oberländer, eine Geschichtenerzählerin aus Aachen, hat sich jetzt im Rahmen eines Förderprojekts die Sagen, die in der Gemeinde Kall spielen, vorgenommen und sich viele dieser Geschichten erzählen lassen. Die Ergebnisse ihrer Arbeit will sie am 12. April in der Kaller Gemeindebibliothek vorstellen.

„Landschaften erzählen Geschichten. Sie ranken sich um besondere Orte, auffällige Namen, vergangene Ereignisse“, erklärt Oberländer. „Wir erzählen Geschichten, um uns die Welt zu erklären, Bedeutung zu verleihen und Erfahrung auszutauschen.“

Mit den Ortsgruppen des Eifelvereins Kontakt aufgenommen

Im Rahmen des aus Mitteln des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen finanzierten Sonderförderprogramms „ÖkoKult NRW – Tiny Residencies“ des NRW-Landesbüros „Freie Darstellende Künste“ hat die Aachenerin die Sagen aus der Gemeinde Kall unter die Lupe genommen. „Ich bin zu den Orten gegangen, wo die Sagen spielen, und habe zu den Ortsgruppen des Eifelvereins Kontakt aufgenommen“, erzählt die Geschichtenerzählerin. Daraus entstehe eine mündliche Geschichtenlandkarte, die Einzigartigkeit der Landschaft und ihres kulturellen Erbes erlebbar mache. Das Ergebnis wird von Oberländer im Rahmen eines Erzählprogramms öffentlich präsentiert.

Bei dem Kulturförderprogramm wurden laut Oberländer nur zwölf von 71 Vorschlägen berücksichtigt. Darunter war auch ihr Projekt mit dem Titel „Sprechende Landschaften – auf dem Weg zu einer Landkarte aus Geschichten“, das in Kooperation mit der Kaller Gemeindebücherei durchgeführt wird.

Pingen sind eine Besonderheit in der Gemeinde Kall

„Von Kall wusste ich bislang nur sehr wenig. Diese Lücke wollte ich schließen“, sagt Oberländer. Besonderes Interesse hat sie an den Geschichten über die Pingen, also den verlassenen Erzgruben oder Schürfstellen, in denen Eisen- und Bleierze sowie andere Mineralien abgebaut wurden: „Das ist schon eine absolute Besonderheit.“

In einem ersten Schritt hatte Oberländer Recherchen über die Sagen aus der Gemeinde Kall aufgenommen. Hinzu kamen auch einige neue Geschichten, die ihr in den Orten erzählt wurden. „Es gibt Erzählungen, die man in abgewandelter Form auch in anderen Orten findet.“ Ein Beispiel sei die Geschichte vom Bau der Steinfelder Basilika, bei dem der Teufel übertölpelt worden sei, indem man ihm vorgaukelt habe, dass dort ein Jagdschloss entstehe. „Die Geschichte wird in ähnlicher Form auch in Aachen und Trier erzählt. Die Motive werden lokal angepasst“, so Oberländer.

An das Gasthaus erinnert heute nur noch eine Eiche

Bei einigen Überlieferungen gebe es auch unterschiedliche Darstellungen. Ein gutes Beispiel dafür sei die Geschichte vom Hausbaum aus Kall, in der es um einen Jäger geht, der durch gotteslästernde Bemerkungen auffällt. Während eines Sommergewitters ist er so sauer, dass er mit seiner Flinte Gott als Wettermacher vom Himmel schießen will. Der schickt zur Strafe einen Blitz hinab, der den Jäger trifft und für immer verschwinden lässt. Der Gasthof brennt ab, ohne dass ein Mensch zu Schaden kommt. Übrig bleibt nur die Eiche, die auch heute noch zu sehen ist. „Dabei ist nicht klar, ob, und wenn ja wo, der Gasthof zwischen Broich und Kall überhaupt gestanden hat.“

„Die Kunst des freien mündlichen Erzählens bietet nicht nur Spaß und Ernst, Tiefgründiges und Unterhaltung. Sie öffnet auch einen gemeinsamen Erlebensraum, in dem Erfahrungen geteilt werden und Verbundenheit entsteht – sei es am Lagerfeuer, auf der Bühne oder im virtuellen Raum“, so die Aachenerin.

Allerdings seien die Menschen in der schnelllebigen Zeit heutzutage nicht mehr gewöhnt, lange Zeit zuzuhören: „Während Kinder und Jugendliche im Kindergarten und der Schule noch lernen zuzuhören, gibt es später kein entsprechendes Training mehr.“ „Das Erzählprogramm ist ein schönes Angebot für Erwachsene“, erklärt Bibliotheksleiterin Michelle Wagner. Zuletzt habe es viele Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche gegeben.

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