Kreis EuskirchenHandwerkskammer nennt Wartezeiten auf Handwerker in der Region

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Ein Handwerker bearbeitet eine Wand mit einer Kelle.

Die Wartezeiten auf Handwerker sind im Kreis Euskirchen mitunter sehr lang.

Im Vergleich zu den Mitbewerbern in der Region üben sich die Betriebe im Kreis Euskirchen bei den Geschäftserwartungen in Zurückhaltung. 

Sie halten den Ball flach. Wenn die Betriebsleitungen im Kreis Euskirchen nach der wirtschaftlichen Stimmung und den Prognosen für die kommenden Monate gefragt werden, antworten sie in der Regel etwas zurückhaltender als ihre Kollegen und Konkurrenten in der Region. So auch bei der jüngsten Konjunkturumfrage der Handwerkskammer Aachen.

Die Stimmung der Handwerksbetriebe im Kreis Euskirchen sei etwas verhaltener als die in den Nachbarkreisen, stellte der Hauptgeschäftsführer der Kammer, Georg Stoffels, bei der Vorstellung fest: „Auch wenn 82 Prozent der Betriebe die Geschäftslage als gut oder befriedigend bezeichnen, rechnen andererseits 36 Prozent perspektivisch in den nächsten Monaten mit sinkenden Auftragszahlen.“ 41 Prozent der Betriebe im Kreis Euskirchen gingen sogar von zurückgehenden Gesamtumsätzen im kommenden Halbjahr aus. 

Auch wenn 82 Prozent der Betriebe die Geschäftslage als gut oder befriedigend bezeichnen, rechnen andererseits 36 Prozent perspektivisch in den nächsten Monaten mit sinkenden Auftragszahlen.
Georg Stoffels, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen, zu den Ergebnissen im Kreis Euskirchen

Zumindest in diesem Fall ist es keine rein mentale Frage, die die Handwerker im Kreis Euskirchen zur Vorsicht bewegt. Es liegt am Bau! Während in den meisten Branchen Lage und Stimmung kammerweit gar nicht so schlecht sind, blickt das Baugewerbe sehr pessimistisch in die Zukunft – und die Kreise Euskirchen und Heinsberg seien die „Baukreise“ im Kammerbezirk, erläutert Kammer-Sprecher Erik Staschöfsky. Hier wie dort hätten besonders viele Baubetriebe ihren Sitz.

„Wenn die Wirtschaft gut läuft, zeigt sich das besonders in diesen beiden Kreisen in guten Geschäftszahlen, umgekehrt sind diese beiden Landkreise auch das Fieberthermometer für Deutschland“, präzisiert  Staschöfsky.

Kreis Euskirchen: Klage über lange Wartezeiten für Handwerker

Und die anderen Gewerke? Vielerorts wird im Kreis über die langen Wartezeiten auf Handwerker geklagt. Die Kammer bestätigt das: Aktuell seien die Auftragsbücher der Handwerker noch voll und die Auslastung entsprechend hoch.

Daraus resultiere kammerweit das lange Warten auf einen Handwerker, so Staschöfsky: „So sind die Betriebe im Bauhauptgewerbe durchschnittlich für die kommenden 13,2 Wochen ausgelastet. Das heißt, gut drei Monate nach Beauftragung beginnen die Arbeiten.“

Baugewerbe im Kreis Euskirchen sorgt bei Konjunkturumfrage für mächtigen Dämpfer

Es gebe aber große Unterschiede: Während die Wartezeit auf einen Dachdecker mehr als 14 Wochen betrüge, seien es bei Gerüstbauern nur zwei Wochen. Auch das Ausbaugewerbe sei weiterhin sehr gut ausgelastet, sodass die durchschnittliche Vorlaufzeit für neue Projekte hier sogar 15 Wochen betrage.

Speziell bei Installateuren und Elektrotechnikern können es für größere Arbeiten auch 17 oder 18 Wochen sein, erläutert der Kammer-Sprecher: „Hier schlägt sich die große Nachfrage durch die Installation von Wärmepumpen, Photovoltaik-Anlagen oder Balkonkraftwerken in der Statistik nieder.“

Traditionell lange Wartelisten habe das Kfz-Gewerbe, aktuell müssten Verbraucherinnen und Verbraucher im Kammerbezirk im Schnitt 7,5 Wochen und damit knapp zwei Monate auf einen Termin in ihrer Werkstatt warten. „Das heißt aber nicht, dass der Wagen in Notfällen nicht auch schon früher auf die Hebebühne kommt“, stellt Staschöfsky klar: „Denn alle Werkstätten haben entsprechende Zeitfenster für kurzfristige Reparaturen geblockt.“

Das Bild zeigt Georg Stoffels, Hautgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen.

Georg Stoffels, Hautgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen, spricht von einer verhaltenen Stimmung im Kreis Euskirchen.

Inwieweit die Folgen der Flutkatastrophe vom Juli 2021 die Baufirmen noch beschäftigen werden, könne zurzeit nicht abgeschätzt werden. „Fakt ist allerdings“, so die Handwerkskammer, „dass über 60 Prozent der Anträge auf staatliche Wiederaufbauhilfe nach der Flut aus unserem Kammerbezirk aus dem Kreis Euskirchen gekommen sind, weitere Anträge eingehen und mit der Beseitigung der Schäden ist in erster Linie das Bauhandwerk beauftragt.“

Hier die Ergebnisse der Herbstumfrage: Im Schnitt sagen kammerweit 85 Prozent der Betriebe, dass die Geschäftslage im Sommer gut oder befriedigend gewesen sei. Der Kreis Euskirchen liegt mit 82 Prozent zwar noch vor dem Kreis Heinsberg (81 Prozent), aber auch ein gutes Stück hinter dem Kreis Düren (87) und der Städteregion Aachen (89). Als schlecht bewerten 18 Prozent im Kreis die Geschäftslage der vergangenen Monate, kammerweit sind es 15 Prozent.

Nur 16 Prozent der Kreis Euskirchener Betriebe geben an, dass die Zahl ihrer Beschäftigten im vergangenen halben Jahr gestiegen sei, 62 Prozent erklärten, sie sei gleich geblieben, 22 Prozent, dass sie gesunken sei. Mit 78 Prozent, die gestiegen oder gleichbleibend angaben, liegt der Kreis genau im Kammerschnitt. Schlechter ist nur Heinsberg (72), besser sind Düren und Aachen mit jeweils 80 Prozent. 

Verhaltene Erwartungen bei den Handwerksbetrieben im Kreis Euskirchen

67 Prozent der Betriebe im Kreis Euskirchen erklärten, dass im Sommer mehr (17) oder gleich viele (50) Aufträge wie im vorherigen Halbjahr eingegangen seien, kammerweit waren es 70 Prozent.

Bei 24 Prozent der teilnehmenden Betriebe im Kreis ist der Umsatz im Sommer gestiegen, bei 39 Prozent gleichgeblieben. Diesen insgesamt 63 Prozent stehen kammerweit 70 Prozent gegenüber. 37 Prozent der Betriebe im Kreis Euskirchen meldeten gesunkene Umsätze, im gesamten Kammerbezirk waren es 30 Prozent.  

Auch bei den Erwartungen für das kommende Halbjahr halten die Handwerker im Kreis Euskirchen den Ball flach: 66 Prozent gehen davon aus, dass sich die Lager verbessert (19) oder zumindest nicht verschlechtert (47). Im gesamten Kammerbezirk rechnen 71 Prozent (21 beziehungsweise 50) damit. 

Dass die Zahl ihrer Beschäftigten in den kommenden sechs Monaten steigen wird – das erwarten im Kreis 12 Prozent der Betriebsleitungen, 69 Prozent gehen von einer gleichbleibenden Mitarbeiterzahl aus. Diese Summe von 81 Prozent liegt nur knapp unter dem Kammerergebnis von 83 Prozent.

Die Auftragslage werde besser, sagen 22 Prozent im Kreis; sie bleibt gleich 42 Prozent. Diesen 64 Prozent stehen 66 Prozent im Kammerbezirk gegenüber. Und auch was die Umsatzerwartungen für das kommende Halbjahr angeht, sind die Kreis Euskirchener Betriebe eher zurückhaltend: 59 Prozent sagen, sie steigen (25) oder sie ändern sich nicht (34), 41 Prozent rechnen mit sinkenden Umsätzen. Im Kammerbezirk gehen 68 Prozent von steigenden (30) oder gleichbleibenden (38) Umsätzen aus, 32 Prozent von sinkenden.


Handwerk optimistisch, aber das Baugewerbe bildet Ausnahme

Trotz Rezession, hoher Inflation und einer spürbaren Konsumzurückhaltung blicke das regionale Handwerk auf ein gutes Sommerhalbjahr 2023 zurück, womit sich die optimistischen Prognosen des Frühjahrs bestätigt hätten - so schätzt die Handwerkskammer die Ergebnisse der Herbstumfrage im Kammerbezirk ein.

„Der Ausblick speziell im Bauhauptgewerbe ist aber aufgrund der vielfältigen Krisen pessimistischer“, teilt die Handwerkskammer mit. An der Umfrage beteiligten sich rund 930 Betriebe aus dem gesamten Kammerbezirk, was einen Rekord darstelle und wodurch ein besonders präzises Bild der aktuellen Situation und der künftigen Entwicklungen der Handwerksbetriebe gezeichnet werden könne.

3190 Mitgliedsbetriebe hat die Handwerkskammer Aachen im Kreis Euskirchen, was etwa 18 Prozent aller Kammerbetriebe sind. Etwa 19 Prozent der Rückmeldungen kamen aus dem Kreis Euskirchen. „Das ist also sehr repräsentativ für den Kreis Euskirchen und für den Vergleich der Kammerlandkreise“, so ein Kammer-Sprecher. (sch)

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