ParteitagSPD-Kreisverband Euskirchen übt massive Kritik an der Landesregierung

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Die Mitglieder sitzen dichtgedrängt im Dorfsaal von Frohngau.

Rund 60 stimmberechtigte Mitglieder waren zum Kreisparteitag gekommen.

Beim Parteitag der SPD im Kreis Euskirchen strahlten die Redner  Zuversicht aus. Man habe die richtigen Rezepte, um Probleme zu lösen.

Mit einem klaren „Weiter so“ setzte der Kreisparteitag der SPD ein deutliches Signal der Beständigkeit. Auch wenn die Partei im Land in der Opposition ist und es in der Bundesregierung in Sachen Zustimmung nicht zum Besten steht: Im Dorfsaal in Frohngau war bei mehr als 60 Teilnehmern am Samstagmittag davon nichts zu spüren. Ganz im Gegenteil: Die Redner machten deutlich, dass die Sozialdemokraten aus ihrer Sicht über die richtigen Rezepte verfügen, um die Probleme des Landes zu lösen.

Grüne, Wagenknecht, FDP, AfD? Keine Rede davon. Stattdessen wurde die in Düsseldorf regierende CDU als Hauptgegner ausgemacht und unter argumentativen Beschuss genommen. Schützenhilfe gab dabei die neue Co-Vorsitzende der Landespartei, Sarah Philipp.

Die Männer und Frauen des SPD-Vorstands stehen auf einer Treppe.

Der Vorstand des SPD-Kreisverbands wurde in Frohngau turnusgemäß neu gewählt.

Zum ersten Mal sei sie in der Eifel, gestand die gebürtige Duisburgerin. Doch seit sie Ende August gemeinsam mit Achim Post die Nachfolge von Thomas Kutschaty als Vorsitzende der NRW-SPD angetreten habe, wolle sie die Partei kennenlernen. „Es ist an der Zeit, Kilometer zu machen und in jede Ecke des Landes zu fahren“, sagte sie.

Gemeinsam mit dem Bundestagsabgeordneten Achim Post wolle sie als Landtagsabgeordnete alle Kraftzentren zusammenbringen und den Landesverband wieder auf Regierungskurs bringen. Der Blick in die südliche Ecke des Landes zu dem SPD-Landrat Markus Ramers würde von Düsseldorf aus gern gemacht. „Wir blicken mit Inspiration nach Euskirchen und wissen, dass es keine Selbstverständlichkeit ist“, so Philipp.

Sarah Philipp, Co-Vorsitzende des Landesverbandes, steht neben dem Kreisverbandsvorsitzenden Thilo Waasem.

Mit Sarah Philipp konnte der Kreisverbandsvorsitzende Thilo Waasem dieCo-Vorsitzende des Landesverbandes begrüßen.

Deutliche Worte fand sie gegen Antisemitismus, der im Zusammenhang mit dem Krieg in Israel aufgekommen sei. „Antisemitismus hat keinen Platz in der SPD und in Deutschland“, sagte sie. Da müsse die Partei klar in der Botschaft sein.

Dann nahm die Landtagsabgeordnete den CDU-Ministerpräsidenten Hendrik Wüst ins Visier. „Er kann gestalten, er will aber nicht gestalten“, bemängelte sie. Sein Job sei, immer nach Berlin zu zeigen. „Wir wollen aber nicht nur kritisieren, wir wollen es besser machen“, betonte sie und bot eine konstruktive Opposition an.

Kommunen spielten entscheidende Rolle bei der Krisenbewältigung

In den vergangenen Tagen habe es mehrere große Demos vor dem Landtag gegeben, unter anderem mit 25.000 Menschen, als die Wohlfahrtsverbände gemeinsam in Düsseldorf demonstriert hätten. Philipp bemängelte auch die finanzielle Ausstattung der Kommunen. „Die SPD ist die Kommunalpartei“, betonte sie.

Die Kommunen spielten eine entscheidende Rolle bei der Krisenbewältigung. Das werde ein wichtiges Pfund bei der Vorbereitung der nächsten Wahlen sein. „Die Europawahl wird unangenehm, wir werden uns an den Infoständen einiges anhören müssen“, prognostizierte sie. Deshalb müssten die Mitglieder gut vorbereitet sein. Es gebe viele Themen, die zu klären seien, auch das Thema Migration.

Dem widmete sich dezidiert Landrat Markus Ramers bei seinem Grußwort. „Deutschland ist ein Sehnsuchtsort geworden, weil wir in Frieden leben“, sagte er. Doch die Plätze seien endlich. Gerade in der Gemeinde Nettersheim habe man die Konflikte erleben können. Es gebe bei ärmeren Menschen Konflikte mit Flüchtlingen um Wohnungen und Arbeit. Manche Parteien würden den Streit schüren und sagen, das liege an den Migranten. „Nein, das liegt an den Strukturen“, betonte der Landrat.

Thilo Waasem will Thema Armut stärker in den Fokus nehmen

Er stimme den Forderungen von Bundeskanzler Olaf Scholz nach einfacheren Abschiebungen und Arbeitsmöglichkeiten für Asylbewerbern zu. Niemandem in seinem Ausländeramt mache es Spaß, Leute abzuschieben. Oft sei die Situation frustrierend: Bei denjenigen, die nicht kooperieren und ohne Pass kommen, gebe es keine Möglichkeit zur Abschiebung. Abgeschoben würden aber diejenigen, die kooperieren, aber kein Bleiberecht hätten. „Wir müssen besser und gezielter abschieben und andererseits eine Perspektive bieten“, forderte Ramers.

Der alte und neue Vorsitzende des SPD-Kreisverbandes, Thilo Waasem, hielt eine nachdenkliche Rede, in der er sich unter anderem über das Wesen der Politik und den Patriotismus Gedanken machte. „Die SPD ist eine patriotische Partei“, befand er. Denn für sie komme erst das Land, und dann die Partei. Er forderte auch, das Thema Armut stärker in den Fokus zu nehmen, angeregt von einer Serie in dieser Zeitung.

Beim Hochwasserschutz seien die Bürgermeister unzufrieden mit der Geschwindigkeit. Die CDU werfe dabei der SPD Miesepetrigkeit und Betroffenheitslyrik vor. „Wenn das heißt, dass wir nah bei den Menschen sind, bin ich der miesepetrigste Betroffenheitslyriker“, stellte Waasem klar.

Auch bei der Kommunalfinanzierung habe die CDU keine Lust, mit der SPD zu reden. Doch in Niederkassel im Rhein-Sieg-Kreis sei jetzt eine Anhebung der Grundsteuer auf 1100 Punkte beschlossen worden, weil sonst kein Haushalt hätte aufgestellt werden können. „In Bad Münstereifel sind wir in sechs Jahren überschuldet“, stellte Waasem klar. Das habe Folgen, denn da werde der Staat für die Menschen sichtbar: Sie müssten höhere Steuern zahlen, würden aber in der Grundversorgung eingeschränkt. „Das kommt, weil die Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht macht, das sind Wüst-Steuern“, monierte er.


Vorstand des SPD-Kreisverbands Euskirchen neu gewählt

Turnusmäßig wurde beim Parteitag der Vorstand des SPD-Kreisverbandes Euskirchen gewählt. In seinem Amt als Vorsitzender des Kreisverbandes wurde Thilo Waasem mit nur einer Enthaltung bestätigt. Zu stellvertretenden Vorsitzenden wurden Annegret Lewak und Gianna Voißel gewählt. Kassierer des Kreisverbandes bleibt Guido Maassen, Schriftführer ist Carsten Christians.

Zum Mitglieder- und Bildungsbeauftragten wählte der Parteitag Daniel Rudan. Zu Beisitzern gewählt wurden Matthias Braun, Simone Ewertz, Kamila Gänsler-Thomas, Marianne Haller, Sandra Höllmann, Steffi Hübner, Emmanuel Kunz, Vincent Lemke, Daniel Lüdke, Gerhard Mayer, Peter Schweikert-Wehner, Marvin Strick, Thomas Tampier, Bertram Wassong und Ralf Wittig.

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