Karnevalsausstatter Kante in EicksStets das Kölsche Dreigestirn eingekleidet

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Mützenmacher war Hans Nikolaus Kante, bevor er sein Geschäft für Karnevalsausstattung in Köln eröffnete. Bild: Hochgürtel

Mützenmacher war Hans Nikolaus Kante, bevor er sein Geschäft für Karnevalsausstattung in Köln eröffnete. Bild: Hochgürtel

Mechernich-Eicks – Wenn man älter wird und irgendwann in Rente geht, braucht man normalerweise von allem weniger: weniger Schlaf, weniger Essen, weniger Klamotten und weniger Platz. Zumindest was den letzten Punkt anbetrifft, ist Hans Nikolaus Kante ein wenig anders als seine Altersgenossen.

Der 82-Jährige bewohnt mit seiner Lebenspartnerin Karin Krebs ein altes Fachwerkensemble mit idyllischem Innenhof im Mechernicher Außenort Eicks. Und Platz hat er dort ohne Ende.

Dass das „ahle Jehöösch“, wie der Eifeler sagen würde, dennoch bis auf den letzten Quadratzentimeter vollgestellt ist, liegt daran, dass Kante und Krebs in Köln bis zur Jahrtausendwende einen Betrieb zur Ausstattung von Karnevalisten geführt haben.

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„Wir haben jahrzehntelang das Kölner Dreigestirn eingekleidet“, blickt Hans Nikolaus Kante mit einer gehörigen Portion Stolz zurück. Was mit dem Wort „eingekleidet“ gemeint ist, davon kann sich der Laie kaum eine Vorstellung machen.

Zur Ausrüstung eines Prinzen gehören Schuhe, Strumpfhose, die prunkvolle Hose und das dazugehörende Oberteil, der Umhang, die weißen Handschuhe, die Prinzenmütze mit den Federn dran, aber auch ein Zepter und jede Menge anderer Klimbim, den man nicht auf den ersten Blick wahrnimmt.

Das alte Werbeschild der Firma „Nik. Kante“ steht noch im Innenhof des Fachwerkhauses von Hans Nikolaus Kante und Karin Krebs in Eicks. Gründer des Familienunternehmens war Nikolaus Kante, der 1920 vor der „Handwerkskammer Cöln“ seine Gesellenprüfung als Mützenmacher ablegte. Von 1949 bis 1966 führte er das Geschäft für Karnevalsausstattung in der Rheinaustraße in Köln, ehe sein Sohn Hans Nikolaus die Firma übernahm und ausbaute.

Die Hochsaison begann für Kante und seine Mitarbeiter nach den Sommerferien, wenn die Karnevalisten neue Uniformen und Zubehör wie eine „Knabüüs“ (Gewehr) bestellten. „In den Monaten nach der Session war bei uns immer tote Hose, aber im Herbst wurde praktisch durchgearbeitet, damit wir die Aufträge aus dem gesamten Rheinland und darüber hinaus erledigen konnten“, erinnert sich Firmeninhaber Hans Nikolaus Kante.

Um die 3000 Euro musste man laut Kante für eine schmucke Gardistenuniform vom Stiefel bis zum Dreispitz einkalkulieren. (hoc)

Wer weiß schon, dass der kölsche Bauer eine Umhängetasche mit sich trägt? „Das wurde bei uns alles von Hand gefertigt“, erzählt Karin Krebs. In der Traditionsfirma Nikolaus Kante waren in Spitzenzeiten bis zu 15 Leute damit beschäftigt alles herzustellen, was im professionellen Karneval benötigt wird. Röcke, Hüte, Fahnen und vieles andere mehr wurden sogar bis nach New York oder Johannisburg geliefert, wo es auch Rheinländer gibt, die fern der Heimat „Fastelovend fiere“.

Bei einem Rundgang durch die diversen Keller- und Abstellräume des Altersruhesitzes von Kante und Krebs stößt man auf Regale, in denen die Stiefel der Tanzmariechen noch in allen möglichen Farben aufgereiht sind. Schräg gegenüber liegen die martialisch anmutenden Holzflegel, die der Bauer bei seinen Auftritten mit dem Dreigestirn mit sich zu tragen pflegt, fein geordnet nebeneinander. Seine opulente Kopfbedeckung wurde selbstverständlich auch im Hause Kante gefertigt, inklusive der originalen Pfauenfedern.

Beim Rundgang bekommt man eine Ahnung davon, welcher Aufwand im Rheinland im Allgemeinen und in Köln im Besonderen in der „fünften Jahreszeit“ getrieben wird. „Viele Uniformen, vor allem die für die höheren Vereinsfunktionäre, wurden maßgefertigt, die Stiefel natürlich auch“, erinnert sich Hans Nikolaus Kante.

Aus einer Schublade zieht der Karnevalsausstatter a. D. einen Kasten mit Metallknöpfen und Ehrenabzeichen. Ein Stück weiter findet man Ständer für die Standarten der Korps. Dieses Fahne zu nähen ist ebenfalls aufwendig und erfordert großes handwerkliches Geschick.

„26 Handwerksberufe waren zur Herstellung all dieser Sachen erforderlich“, schreibt Hans Nikolaus Kante in einem Rundbrief an seine Eickser Mitbürger. Fast das vollständige Inventar seiner alten Firma hat er auf seinem Hof eingelagert. Das fängt an bei Schneiderei und Maschinenstickerei und reicht bis zur Holz- und Metallwerkstatt.

Stückzahlen zu gering

„Für eine industrielle Produktion beispielsweise der Metallhelme der Gardisten oder der Uniformjacken sind die Stückzahlen einfach zu gering“, verriet Kante im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Deshalb konnte der Familienbetrieb auch so lange existieren.

Die Werkstatt, in der all die schönen Kopfbedeckungen für den organisierten Karneval angefertigt wurden, steht noch eins zu eins in Eicks. Die nach Größe geordneten Holzmodelle, über die die Hüte gezogen wurden, würden auch einem Rheinischen Freilichtmuseum wie dem in Kommern gut zu Gesicht stehen. Vor allem wenn in dieser Werkstatt wieder Narrenkappen und Dreispitze gefertigt würden.

Karin Krebs und Hans Nikolaus Kante sind in einem Alter, in dem man keine Energie mehr hat, aus diesem Riesenfundus ein kleines Museum zu schaffen.

Seit 2006 wohnen sie nun schon in Eicks und fühlen sich dort auch wohl. Ob sich ihr Traum erfüllt, dass sich aus dem Nachlass der Firma Kante mit Hilfe eines Fördervereins doch noch etwas machen lässt, ist fraglich. Aber schön wäre es schon.

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