Einzige Metzgerin im Kreis RureifelFleisch ist keine reine Männersache mehr

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Ein Händchen für Wurstwaren: Manfred (l.) und Frank Steffen aus Gemünd sind mit ihrer Auszubildenden Gina Kordeck sehr zufrieden. Die 22-Jährige ist die einzige angehende Fleischerin im Kreis Euskirchen.

Ein Händchen für Wurstwaren: Manfred (l.) und Frank Steffen aus Gemünd sind mit ihrer Auszubildenden Gina Kordeck sehr zufrieden. Die 22-Jährige ist die einzige angehende Fleischerin im Kreis Euskirchen.

  • Als einzige Frau im Kreis beginnt Gina Kordeck ihre Ausbildung im Metzgerhandwerk.
  • Die 22-Jährige interessiert sich bereits seit Jahren für die Verarbeitung von Fleisch.
  • Dank technischer Hilfsmittel ist der Fleischerberuf heutzutage keine reine Männersache mehr.

Schleiden-Gemünd – „Eine  Fleischerin? Das ist eine absolute Ausnahme“, sagt Uwe Günther, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Rureifel. „Ich kann mich nicht erinnern, jemals eine Fleischerin bei der Lehrlings-Lossprechung begrüßt zu haben.“ In der Tat freuen sich Manfred und Frank Steffen in ihrer Metzgerei in Gemünd darüber, dass sie mit Gina Kordeck (22) aus Vlatten eine Auszubildende für das Metzgerhandwerk gefunden haben. Für Gina Kordeck scheint es allerdings keine große Besonderheit zu sein, dass sie diesen Beruf ergriffen hat. Daran ist ihr Großvater Klaus-Gerd, den sie persönlich nie kennengelernt hat, nicht ganz unschuldig. Er war Metzger, musste jedoch aufgrund einer Erkrankung seinen Beruf aufgeben. Trotzdem hat er weiter hobbymäßig Fleischwaren hergestellt und die entsprechenden Rezepte aufgeschrieben. Gina Kordeck fand die Aufzeichnungen und begann sich dafür zu interessieren, wie man Fleischwaren wie Wurst herstellt. „Ich fragte mich, wie das überhaupt gemacht wird“, erinnert sie sich. Dann habe ihre Mutter Rosemarie ihr von den Künsten des Großvaters erzählt.  

Eine Frau als Metzgerin - kein Problem

Nach der Hauptschule sei sie längere Zeit krank gewesen. Und dann habe sie beschlossen, einen Praktikumsplatz im  Fleischerhandwerk zu suchen. Den fand sie im Januar 2013 in einer Mechernicher Metzgerei. Nach anderthalb Jahren musste sie jedoch kündigen.  Über die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) Aachen, Außenstelle Düren, konnte sie später eine „Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen“ aufnehmen.  Dabei werden fachtheoretische Ausbildungsinhalte vermittelt und Berufsschulunterricht beziehungsweise  individueller Stütz- und Förderunterricht angeboten. Die fachpraktischen Ausbildungsinhalte werden im Kooperationsbetrieb, in diesem Fall in der Metzgerei Steffen, vermittelt. „Freunde und Bekannte meinten, das sei doch alles dreckig und eklig“, berichtet Gina Kordeck von den Reaktionen in ihrem  Bekanntenkreis. „Sie meinen auch, man wäre dabei die ganze Zeit voll mit Blut und ähnlichem besudelt.“ Sie habe den Skeptikern  dann zunächst einmal genau erklärt, wie sauber es in einer Metzgerei sei.   Zum Abschluss ihrer Lehrzeit soll Gina Kordeck auch bei einer Schlachtung dabei sein. „Ich habe das mal auf dem Schlachthof gesehen. Da gibt es ein großes Geblöke und Randalieren“, beschreibt sie die Reaktionen verängstigter Tiere. „Ich finde das hier im Betrieb aber viel besser. Hier hat das Tier viel mehr Ruhe und regt sich nicht so auf“, sagt sie. Als Frau Metzgerin zu sein, sei überhaupt kein Problem.

Keine zu harte körperliche Arbeit mehr

Man müsse nicht mehr wie früher schwere Lasten tragen. „Heute gibt es viele Hilfsmittel wie etwa die Rohrbahn. Früher musste vieles ja noch auf langen Wegen getragen werden“, erläutert sie. Die Zwillingsbrüder Manfred und Frank Steffen, 41 Jahre alt, haben im Jahr 2007 den Gemünder Fleischerei-Betrieb von Vater Julius (76) übernommen. Die Metzgerei gibt es schon seit 51 Jahren in Gemünd. Manfred Steffen: „Wir geben jungen Leuten, die mit viel Engagement an uns herantreten, gerne eine Chance. Sonst hat das Metzgerhandwerk keine Zukunft.“ Er und sein Bruder Frank hätten keine Bedenken gehabt, dass Gina Kordeck sich als Frau an diesen Beruf wage. Manfred Steffen: „Es gibt so viele Hilfsmittel, das ist heute nicht mehr der körperlich betonte Job.“ Ihr Handwerksbetrieb habe bereits viele junge Leute ausgebildet, da sei man stolz drauf. Und man bereue es auf gar keinen Fall, der jungen Vlattenerin eine Chance gegeben zu haben. Gina Kordeck würde nach der Lehre gerne in einem  Familienbetrieb weiter arbeiten. Industrielle Massenabfertigung möge sie nicht, im Handwerk könne man seine Arbeit „vernünftig und ordentlich“ machen. Auch in der Freizeit geht Gina Kordeck andere Wege als die meisten Frauen. Ihre Mutter ist Kfz-Mechatronikerin, und Gina schraubt auch gerne an Autos rum. Und bei einem Bekannten, der ein Kieswerk hat, fährt sie gerne mit ihrer Moto-Cross-Maschine durch den Dreck. Zum Jahreswechsel will sie die Gesellenprüfung ablegen. Dann kommt vielleicht auch der Führerschein dran. Ihr Freund  liebt offenbar die Natur: Er wird als Förster bei der Stadt Bonn ausgebildet.

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