Auf Bewährung verurteiltEuskirchener vergriff sich sexuell an behinderter Frau

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Das Symbolbild zeigt einen Gerichtssaal und im Vordergrund Bücher mit Gesetzestexten.

Am Amtsgericht Euskirchen wurde ein Mann verurteilt, der gegen eine Frau mit Behinderung sexuell übergriffig geworden war.

Das Schöffengericht Euskirchen verurteilte einen Mann wegen sexueller Übergriffe zu zehn Monaten auf Bewährung. Sein Opfer ist behindert.

Ein 59 Jahre alter Euskirchener ist wegen zweier sexueller Übergriffe zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt worden. Das Euskirchener Schöffengericht sah es als erwiesen an, dass Adam A. (Namen geändert) am  2. und am 3. Februar 2022 an einer Frau mit geistiger Behinderung gegen ihren Willen sexuelle Handlungen vorgenommen hatte.   

Der Prozess erstreckte sich über zwei Verhandlungstage. Während der Beweisaufnahme äußerte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen. In seinem Schlusswort erklärte er sich für unschuldig. In dem rund achtstündigen Verfahren, in dem Aussage gegen Aussage stand, war das Gericht jedoch zu der Überzeugung gelangt, dass die Geschädigte Maria M. die Wahrheit gesagt hatte.   

Das Opfer war mit dem Bus von Euskirchen zur Arbeit gefahren

Die 34-Jährige war an beiden Tagen morgens von Euskirchen aus im Bus einer Privatfirma, der über 14 Plätze für Fahrgäste verfügt, zu ihrer Arbeitsstelle in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung gefahren. Adam A. arbeitete für das Unternehmen als Busbegleiter. An besagten Tagen war er allerdings als Privatmann unterwegs.       

Den Bus steuerte jeweils ein damals 47-Jähriger. Seine Firma hatte ihn gebeten, seinen Kollegen Adam A. mit zur Zentrale zu bringen. So stieg der heute 59-Jährige am 2. Februar gegen 7.25 Uhr an einer Haltestelle in den Bus ein. Und obwohl mehrere andere Plätze frei waren, so die Bonner Staatsanwaltschaft in ihrer Anklageschrift, bat er Maria M., die in einer Zweiersitzreihe auf dem Platz am Gang saß, ans Fenster zu rutschen. Die beiden kannten sich von vorangegangen gemeinsamen Fahrten, die A. als Busbegleiter absolviert hatte. 

Der Euskirchener rieb der Frau über ihre Vulva und massierte ihre Brüste

Mit einer Hand, so die Anklagebehörde, habe A. der Frau zunächst über die Innenseite der Oberschenkel und dann über ihre Vulva gerieben, mit der anderen Hand ihre beiden Brüste massiert – und das rund 20 Minuten lang, bis zur Ankunft an der Arbeitsstelle. Am nächsten Tag habe sich A. wieder neben ihr niedergelassen und erneut über ihre Scheide gerieben, abermals bis zum Ende der Fahrt. Das Opfer blieb dabei jeweils stumm. 

Wegen ihrer geistigen Einschränkung sei Maria M. nicht in der Lage gewesen, sich Hilfe zu verschaffen, sagte die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft. Die Geschädigte erklärte: „Ich konnte mich nicht wehren. Ich habe versucht, meine Beine zusammenzudrücken, aber er hat weitergemacht.“ Auch ihr Versuch, seine Hand wegzudrücken, sei erfolglos geblieben.         

Unmittelbare Zeugen konnte das Euskirchener Gericht nicht vernehmen

Der Busfahrer und der Busbegleiter, der mit ihm im Dienst war, sagten vor Gericht, sie hätten von dem Geschehen nichts mitbekommen. Zur Tatzeit war es jeweils noch dunkel. „Objektive Spuren gibt es nicht, unmittelbare Zeugen auch nicht“, sagte der Vorsitzende Richter Dr. Wolfgang Schmitz-Jansen. Die anderen Buspassagiere seien wegen des Grades ihrer Behinderung, so hieß es, als Zeugen nicht in Betracht gekommen.    

Nachdem A. den zweiten Tag in Folge sexuell übergriffig geworden war, wandte Maria M. sich an ihrer Arbeitsstelle an einen Mitarbeiter (63), um ihm das Geschehen zu schildern. Als ihm klar wurde, dass brisante Vorwürfe im Raum standen, holte er eine Kollegin und einen Kollegen dazu, „damit es nicht bei einem Vieraugengespräch blieb“, wie er im Zeugenstand sagte.

Eine psychologische Gutachterin stufte die Aussagen als glaubhaft ein

Die Mutter des Opfers berichtete, ihre Tochter, die in einer Einrichtung für betreutes Wohnen lebe, sei an jenem Tag sehr aufgewühlt gewesen. Am Telefon habe sie geweint. „Ich habe sie dann einige Tage mit dem Auto zur Arbeit gebracht, damit sie nicht mit dem Bus fahren musste, und sie hat bei mir übernachtet.“   

Die als Zeugen gehörten Mitarbeiter der Behinderteneinrichtung stuften die Beschreibungen der Geschädigten ebenso als glaubhaft ein wie eine psychologische Gutachterin und die Staatsanwältin. Letztere sah keine Anzeichen dafür, dass Maria M. den Angeklagten grundlos einer Straftat bezichtigt haben könnte.

Euskirchener Richter: Die Taten geschahen in einem normalerweise geschützten Raum

Dem schloss sich das Schöffengericht an: Man habe keine Hinweise darauf, dass die Geschädigte sich das Geschehen ausgedacht habe. Das Gericht verurteilte A. nach Paragraf 177, Absatz 2, Nr. 2, des Strafgesetzbuches. Demnach hatte der Angeklagte den Umstand ausgenutzt, dass Maria M. wegen ihrer Behinderung „in der Bildung oder Äußerung des Willens erheblich eingeschränkt“ war, als sie versuchte, seine Taten zu verhindern. Verwerflich sei auch, dass A. sich in einer Umgebung sexuell an ihr vergriffen habe, in der sich die Fahrgäste    normalerweise sicher und geschützt fühlen dürften.    

Mit seinem Urteil blieb das Gericht vier Monate unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigerin, die versucht hatte, die Glaubwürdigkeit des Opfers zu erschüttern, plädierte vergeblich auf Freispruch. Ihr Mandant muss nun auch 500 Euro Schmerzensgeld an Maria M. zahlen, die als Nebenklägerin aufgetreten war.   

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