FinanzenGeldbußen aus Steuerstrafsachen fließen in die Staatskasse statt in Kitas

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Kitas gehen leer aus.

Kitas gehen leer aus.

Köln – Viele Jahre war es in Nordrhein-Westfalen guter Brauch, mit Geldbußen aus Steuerstrafsachen nicht nur die Staatskasse zu füllen, sondern auch gemeinnützige Organisationen zu unterstützen.

Im Jahr 2010 floss noch fast die Hälfte der knapp 1,4 Millionen Euro an Auflagen, die allein in Köln wegen Steuerdelikten verhängt worden waren, in Kinderhospize, Altenheime, Kindergärten und Sportvereine.

Rüffel des Landesrechnungshofs

Seitdem aber hat der Betrag stetig abgenommen. Laut einem Papier, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt, waren es im Jahr 2015 in Köln gerade mal zehn Prozent von 2,4 Millionen Euro. Grund für den drastischen Rückgang ist ein Rüffel des Landesrechnungshofs (LRH).

Der hatte in seinem Jahresbericht 2013 diese Praxis bemängelt und eine neue Verteilquote angeordnet. Demnach sollten 80 Prozent der Geldbußen in die Staatskasse gehen und der Rest der Gemeinnützigkeit zur Verfügung gestellt werden. Das Finanzministerium übernahm die Vorgaben des LRH und erhöhte die Quote inzwischen sogar auf 90 Prozent.

Wie sich jetzt herausstellt, waren einige Städte in NRW bei der Erfüllung der Vorgaben besonders fleißig.

In Wuppertal und Bochum etwa gingen die gemeinnützigen Organisationen in den Jahren 2014 und 2015 vollständig leer aus. Hagen zahlte im vergangenen Jahr ein Prozent. Aber auch die Finanzbehörden in Aachen (9), Düsseldorf (8), Essen (8) und Münster (7) schütteten weit weniger aus, als möglich gewesen wäre.

Für den FDP-Abgeordneten Ralf Witzel ist das kaum nachvollziehbar. „Ich habe den Eindruck, dass einige Behörden durch besonders hohe Abgaben an die Staatskasse beim Minister glänzen wollen“, sagte der Politiker. Die erneute Änderung der Verteilungsquote durch das Finanzministerium sei falsch. „Soziale Politik sieht anders aus.“

Der Finanzminister wehrt sich gegen die Kritik. Es handle sich um eine „bindende Verwaltungsanweisung“, schreibt Norbert Walter-Borjans in seiner Stellungnahme. Eine Steuerstraftat sei ein „Sonderdelikt“, das sich gegen die Allgemeinheit richte. Deshalb seien die Geldbußen in der Staatskasse richtig aufgehoben. Die nachträgliche Anhebung des Prozentsatzes auf 90 Prozent erklärt Minister Walter-Borjans mit der „erkennbaren Intention von LRH und HKA (Haushaltskontrollausschuss) und des Effizienzteams, die Einnahmen der Staatskasse zu erhöhen“.

Eine Äußerung, die bei Witzel für Verwunderung sorgt. „Dieser Satz zeigt, dass die Sparmaßnahmen des Effizienzteams nicht den erhofften Erfolg gebracht haben. Statt beispielsweise Bürokratie abzubauen, setzt man einfach wieder auf höhere Abgaben. Die Leidtragenden sind die karitativen Einrichtungen.“

Dass es auch anders geht, zeigt die Stadt Bielefeld. Rund 430 000 Euro gingen 2015 an die Gemeinnützigkeit. Das sind 19 Prozent und damit deutlich mehr als der Finanzminister erlaubt.

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