Burscheider StadthistorieDas Wohngebiet „Auf der Schützeneich“ und seine Geschichte

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Burscheid – Mit Spannung verfolgten die Mitglieder des Freundes- und Fördervereins Luchtenberg-Richartz-Haus die Geschichte des Wohngebiets Auf der Schützeneich. Sabine Wurmbach vom Bergischen Geschichtsverein, Abteilung Burscheid, stellte die Ergebnisse ihrer Recherchen jetzt auf der Jahreshauptversammlung vor.

Das preußische Urkastaster von 1815 zeichnete das Gebiet Auf der Schützeneich damals noch als größeres Gebiet aus, als es heute im Bereich um das Altenzentrum und die Wohnsiedlung bekannt ist. Doch durch Anlegen der Bahnlinie 1880 kam es zu einem Geländeeinschnitt. Der Name Schützeneich rühre von der Bürgertruppe, den Schützen der Landwehr her. „Die mussten ihre Schießübungen machen“, sagte Wurmbach. Und da habe sich das früher unbesiedelte Gelände mit einer Mulde gut für geeignet.

Cowboy und Indianer

Laut Wurmbach gibt es in den Quellen erstmals 1626 eine Erwähnung, dass Schützen dort geübt haben. Ein festes Zelt haben sie dort aufgebaut, da das bergische Regenwetter auch damals zu schaffen machte. Mit Errichtung der Bahnlinie 1880 ist das Gelände verändert worden, im gleichen Zug sei die Montanusstraße angelegt worden, die damals noch Bahnhofstraße hieß. Das Gelände der Schützeneich war ein vom damaligen „Zentrum“ abgelegenes und unerschlossenes Wald- und Weidegebiet. Kinder, die im Zentrum lebten, spielten hier laut Wurmbach Cowboy und Indianer. Im Winter wurde auf dem damaligen Feldweg Schlitten gefahren. Mercedes indes, ein gut betuchter Burscheider, der sich 1907 als erster im Waldgebiet niederließ und seinen Ruhesitz im Stile eines schwedischen Holzhauses, ließ das spätere Haus Waldfrieden bauen.

Zusammen mit seinem Bruder Hermann führte Johann Wilhelm Rader eine vom Großvater 1830 gegründete Fabrik: „Wohl die älteste und vielseitigste Färberei-Firma ist die Baumwoll-Stück-Bleicherei, Färberei und Appretur-Anstalt J. W. Rader“, hat Ernst Maibüchen in dem 1935 vom Verkehrs- und Verschönerungsverein herausgegebenen Buch „Burscheid“ geschrieben.

Viele Sonnenstunden

Der Arzt hatte Rader Liegekuren angeboten und als klimatisch günstigster und wärmster Ort bot sich die Schützeneich an. „Auf der Schützeneich gibt es einen guten Winkel für die Sonneneinstrahlung und die meisten Sonnenstunden“, erklärte Wurmbach. Das konnten viele Bewohner des Altenzentrums bestätigen. Die Zufahrt zu Raders Ruhesitz erfolgte über die Talstraße und ging an der damaligen Gasanstalt, den heutigen Stadtwerken vorbei.

Umzäunte Baracken standen Auf der Schützeneich, als dort im Dritten Reich Zwangsarbeiter untergebracht waren, die im Goetzewerk arbeiteten. Eine Wache brachte sie ins Werk und holte sie ab. Insgesamt waren es neun Zwangsarbeitslager in Burscheid. Einzig für den Aufpasser gab es einen Bunker – einen sogenannten Einmannbunker – in dem er sich bei Fliegerangriffen schützen konnte.

Als der Parkplatz des heutigen Altenzentrums angelegt wurde, wurde dieser an den Alten Friedhof verlegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Flüchtlinge in den Baracken untergebracht.

Und 1952 ermöglichte die Evangelische Kirche als Grundbesitzerin es jungen Familien, dort zu günstigen Konditionen neun Doppelhäuser und vier frei stehende Häuser zu bauen. Zinslose Darlehen gab es vom Land für das Modell, dass man in der oberen Etage auf zehn Jahre Flüchtlingen Wohnraum zur Verfügung stellt. Eine Bewohnerin des Altenzentrums erinnerte sich. „Jeder musste eine Familie aufnehmen. Es waren immer viele Kinder hier.“ Rosenmontag feierte man zusammen und Adventsfeiern.

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