WitzheldenGemischte Gefühle zur Flüchtlingsunterbringung in „Haus Orth“
Leichlingen-Witzhelden – Mit gemischten Gefühlen sehen die Nachbarn in den Ortschaften Orth und Wolfstall der Umwandlung der früheren Gaststätte Haus Orth in ein Wohnhaus für minderjährige Flüchtlinge entgegen. Zum Informationsabend der Stadtverwaltung kamen am Mittwochabend mehr als 100 interessierte Bürger in den Saal von Haus Klippenberg, um sich über die Pläne zu informieren.
Die Emotionen waren erwartungsgemäß breit gestreut: Sie reichten von der Angst von Eltern, ihre jungen Töchter könnten von muslimischen Teenagern belästigt werden, bis zum Appell, die jungen Leute mit offenem Herzen und ohne Vorurteile in der Dorfgemeinschaft zu empfangen und ihnen zu helfen, sich in ihrer neuen Heimat einzuleben.
Struktur und Umgangsformen
Der Aufruf, den Jugendlichen am Rande Witzheldens einen freundlichen Empfang zu bereiten, fand den Beifall des größeren Teils im Publikum. Bürgermeister Frank Steffes, der gemeinsam mit Jugendamtsleiter Hubert Knops und Martina Riffel, der Leiterin des Allgemeinen Sozialen Dienstes im Rathaus, Fragen beantwortete, registrierte es erleichtert und dankbar: „Ich verbreite hier keine Sozialromantik und werfe nicht mit Wattebäuschen. Wir nehmen Ihre Sorgen und Fragen ernst,“ sagte er. Nach den guten Erfahrungen, die man in Leichlingen bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise gemacht habe, sei er aber sicher, dass man das auch in Haus Orth schaffe. Den vor dem Krieg geflüchteten und aus ganz anderen Kulturräumen stammenden jungen Menschen soziale Umgangsformen beizubringen und Struktur in ihr neues Leben zu bringen, sei eine große Herausforderung, die man gemeinsam bewältigen werde.
Die größten Ängste skeptischer Nachbarn sind freilich schon dadurch gedämpft worden, dass nun nicht mehr vorgesehen ist, in der von der Stadt im April erworbenen Gaststätte an der L 427 bis zu 40 Personen unterzubringen. In dem Haus sollen wie berichtet stattdessen nur 15 unbegleitete Minderjährige betreut werden, die ohne Angehörige aus ihrer Heimat geflüchtet sind. Das Wohnheim soll nach erforderlichen Umbauten im Juli bezogen werden. Die Kosten für die Unterbringung werden vom Land erstattet. Fragen und Antworten aus der Diskussion:
Wer wird in Haus Orth untergebracht?
Hauptsächlich männliche Flüchtlingskinder im Alter von 15 bis 17 Jahren. Die meisten stammen aus Syrien und Afghanistan und sind von ihren Eltern allein auf die Flucht geschickt worden, damit sie sich in Sicherheit bringen. Einige wohnen seit mehreren Wochen in Leichlingen und Umgebung, zum Teil in der Jugendherberge Am Block, und haben sich so schon ein bisschen von ihren Fluchterlebnissen erholt und in Deutschland eingelebt. In einer separaten Ferienwohnung kann zusätzlich eine Flüchtlingsfamilie untergebracht werden.
Wie viele Betreuer werden eingesetzt?
Die Trägerschaft soll das Deutsche Rote Kreuz übernehmen. Tagsüber sind drei sozialpädagogische Betreuer vorgesehen. Die Nachtbereitschaft sollen ausgebildete Security-Kräfte übernehmen, die sich schon bei der Absicherung des Notaufnahme-Camps im Aldi-Markt bewährt haben. Da sie zum Teil selbst einen Migrationshintergrund haben, können sie über den Wachdienst hinaus wertvolle Hilfe leisten. Auch für Fragen und Probleme aus der Nachbarschaft sollen die Betreuer Ansprechpartner sein.
Können die jungen Männer Deutsch?
Nein. In der Regel auch kein Englisch. Fehlende Sprachkenntnisse sind ein großes Problem. Manche der Jugendlichen können auch nicht schreiben. Dolmetscher und ehrenamtliche Sprachmittler werden helfen. Die minderjährigen Flüchtlinge sollen so schnell wie möglich in der Internationalen Vorbereitungsklasse der Realschule unterrichtet werden. Sie lernen erfahrungsgemäß sehr schnell, weil sie eine große Wissbegierigkeit und Lernbereitschaft mitbringen.
Wie können Kontakte geknüpft werden?
Es ist ein Nachbarschaftsfest zur Eröffnung des Hauses geplant. Deutsches Rotes Kreuz, Stadt und Ehrenamtler wollen gemeinsame Treffen und Freizeitaktivitäten, Koch- und Kreativangebote machen, vielleicht eine Fahrradwerkstatt angliedern. Die früheren Gasträume der Wirtschaft gelten als für solche Aktivitäten gut geeignet.
Wie viele Flüchtlingskinder muss Leichlingen aufnehmen?
Nach der aktuellen Zuteilungsquote, die sich an der Einwohnerzahl orientiert, sind es 22. Aktuell leben bereits 13 unbegleitete Minderjährige in Einrichtungen der Stadt Leichlingen.
Kann es sein, dass bei anhaltendem Zuzug nach und nach doch noch mehr Personen in Haus Orth einziehen?
Nein. Nach den Bestimmungen des Landesjugendamtes dürfen auf dem vorhandenen Raum in der früheren Gaststätte und Pension nicht mehr als 15 Jugendliche untergebracht werden. „Das ist kein Feriencamp, sondern eine Jugendhilfe-Einrichtung“, verdeutlicht Amtsleiter Hubert Knops. Die schutzbedürftigen Minderjährigen, die der Stadt anvertraut werden, müssten betreut werden wie Waisenkinder.