Drogen in LeverkusenBananenkisten mit 400 Kilo Kokain waren gar nicht bestellt

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In den Gängen der Bananenreiferei Walter Pott in Leverkusen

In den Gängen der Bananenreiferei Walter Pott in Leverkusen

Leverkusen – Die Polizei stufe die Lage als ernst ein, sagt ein Sprecher jener Firma, die derzeit in aller Munde ist. Kein Wunder: Normalerweise werden in den Hallen der 1929 als Familienunternehmen gegründeten Bananenreiferei Walter Pott Bananen gelagert.

Sie kommen in Kisten an. Sie werden entladen und ein paar Tage lang, bis sie reif sind, gelagert. Dann bringen Lastwagenfahrer sie zu Supermärkten.

In der Verpackungslinie der Bananenreiferei Pott an der Stauffenbergstraße in Opladen ist eine riesige Menge Kokain entdeckt worden.

In der Verpackungslinie der Bananenreiferei Pott an der Stauffenbergstraße in Opladen ist eine riesige Menge Kokain entdeckt worden.

Am vergangenen Wochenende allerdings war es mit dem Alltag des Bananenreifens in Leverkusen erstmal vorbei: In 26 von 48 Kisten einer Lkw-Ladung fanden Mitarbeiter der Firma Kokain. Fast 400 Kilogramm. Verkaufswert auf der Straße: Gut 80 Millionen Euro. Die Polizei geht davon aus, dass es sich um den größten Drogenfund aller Zeiten in Köln handelt.

Vier Tage später spielt dieser Vorfall noch immer in das Tagesgeschäft hinein: Schließlich lag den mit Drogen befüllten Kartons ein Peilsender bei, dem die Händler folgen konnten. Niemand weiß, was passieren würde, wenn sie die Identität eines am Drogenfund Beteiligten herausbekämen. Jene Mitarbeiter, die am Samstag beim Auspacken der Kartons unter den Bananen die je einen Kilogramm Stoff enthaltenen Kokainpäckchen gefunden haben, sind gerade nicht da: „Sie haben einen Termin bei der Polizei“, sagt der Unternehmenssprecher und schaut, als wolle er hinterherschieben: „Sie verstehen schon.“

Natürlich: Die Ermittlungen dauern an. Jeder, der an diesem Samstag vor Ort war, wird noch einmal vernommen. Das, was passiert ist, ist schließlich keine Kleinigkeit. „Und selbstverständlich arbeiten wir in vollem Umfang mit den Behörden zusammen“, betont der Sprecher. „Wir sind Opfer dieser Falschlieferung geworden und wollen, dass der Fall schnell aufgeklärt wird.“

Auch wenn die Bananen – die hier neben Speisezwiebeln, Mangos, Erdbeeren, Fenchel oder Kürbissen vor allem gelagert werden – allesamt aus Mittelamerika und somit klassischen „Drogenstaaten“ wie Ecuador, Costa Rica oder Kolumbien stammen: Solche Vorfälle in dieser Dimension, sind einzigartig und nicht zu erwarten. „Der letzte Drogenfund liegt zehn Jahre zurück“, sagt der Unternehmenssprecher.

Dafür seien die Kontrollen der Ware schlichtweg zu umfassend: „Sie wird beim Einpacken in Mittelamerika kontrolliert. Sie wird beim Verladen auf die ausschließlich für den Bananentransport ausgestatteten Schiffe kontrolliert. Sie wird beim Entladen in den europäischen Häfen Hamburg, Rotterdam und Antwerpen kontrolliert. Und sie wird im Rahmen unserer umfassenden Qualitätskontrolle hier gleich mehrfach überprüft.“ So seien die Drogen letztlich auch entdeckt worden. Der Weg vom Ort der Produktion bis ins Supermarktregal müsse nachvollziehbar sein.

Von Hamburg nach Leverkusen geliefert

Die Lkw-Ladung, die zuletzt in Leverkusen landete, war von Hamburg aus mit einem Lkw hergebracht worden. „Und es war eine Ladung, die wir definitiv nicht eingekauft hatten“, sagt der Sprecher. Keiner wisse, wie die Kartons in den Lastwagen gekommen seien. Fest stehe nur: Die Ladung kam zusätzlich zu einer bestellten Ladung Bananen an, die eigentlich erst in Rotterdam vom Schiff gebracht werden sollte, aber wegen eines kurzfristig erhöhten Warenbedarfs in der Hansestadt, und somit zwei Tage früher, abgerufen worden sei.

In der Verpackungslinie der Bananenreiferei Pott an der Stauffenbergstraße in Opladen ist eine riesige Menge Kokain entdeckt worden.

In der Verpackungslinie der Bananenreiferei Pott an der Stauffenbergstraße in Opladen ist eine riesige Menge Kokain entdeckt worden.

Solche Dinge sind indes weit entfernt, wenn bei der Firma Pott alles normal läuft – und das tut es eigentlich immer, betont der Sprecher. „Sogar die aus dem Karton springende Vogelspinne ist ein überholter Mythos.“ Einer, der seit Jahrzehnten passé sei, weil die Bananen schon lange nicht mehr in ganzen Stauden verschifft, sondern am Ort der Ernte bereits vorgeschnitten würden.

24 Paletten mit 48 Kartons

„Normal“ bedeutet im Falle des 200 Mitarbeiter beschäftigenden Unternehmens: Es fahren an sieben Tagen in der Woche rund um die Uhr zig Lkw aus Deutschland und den Niederlanden auf den Hof und liefern Bananen ab oder bringen sie zu Kunden. In jeden Lkw passen 24 Paletten mit je 48 Kartons. In jedem Karton befinden sich knapp 100 Bananen, was ungefähr 115 200 Bananen pro Ladung entspricht. Jedes Jahr werden hier 1,5 Millionen Kartons mit 150 Millionen Bananen verarbeitet.

Fünf Tage Lagerung

Jede Ladung wird in eine separate Kammer gebracht, in der die Früchte bei zunächst 17 Grad und dann langsam sinkender, aber niemals unter 13 Grad fallender, Temperatur gut fünf Tage lang gelagert werden. Nach dieser Zeit hat sich die Stärke in den anfangs noch nicht ausgereiften Bananen in Zucker umgewandelt. Die gewünschte Süße ist erreicht. Und es kann weitergehen.

Hin zum Kunden, der hierzulande jedes Jahr durchschnittlich etwa 13 Kilo Bananen verdrückt und für den ein Rundgang durch die Firma ein Besuch im Paradies wäre. In einem Paradies, das ordentlich durcheinandergebracht wurde und in dem die Menschen sich nichts sehnlicher zurückwünschen als den Alltag.

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