Eminé BodensteinLeverkusener Hebamme für Frauen aus schwierigen Verhältnissen

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Emine Bodenstein betreut als Familienhebamme Mütter und Kinder bis zu einem Jahr.

Emine Bodenstein betreut als Familienhebamme Mütter und Kinder bis zu einem Jahr.

Leverkusen – Das Baby brummelt leise vor sich hin, die Mutter lacht und Emine Bodenstein stimmt gleich mit ein. Solche Momente des Glücks versucht die Hebamme immer wieder in Familien herbeizuführen, die ansonsten mit einer ganzen Reihe von Problemen zu kämpfen haben. Im Rahmen der so genannten „Frühen Hilfen“ besucht die examinierte Hebamme mit einer Zusatzausbildung Mütter, die etwa noch sehr jung ein Baby bekommen, psychische Erkrankungen oder mit Süchten zu kämpfen haben. Gerade betreut sie unter anderem eine Mutter im Teenager-Alter. Andere Frauen seien schlichtweg überfordert mit dem Leben mit einem Säugling.

„Nicht selten haben Familien aus schwierigen sozialen Verhältnissen erhebliche Berührungsängste mit dem Jugendamt und andere Behörden. Sie haben schlichtweg die Angst, dass man ihnen das Kind wegnehmen könnte“, sagte die Familienhebamme, die bei Pro Familia angestellt ist. Ihre Schweigepflicht soll Vertrauen schaffen. „Denn ohne Vertrauen der Mütter geht es nicht“, so die Leverkusenerin, die die Familien bis zu einem Jahr begleitet.

Ihr Beruf gebe ihr aber schon einen großen Vertrauensvorschuss: „Er ist immer noch in der Gesellschaft hoch anerkannt und öffnet so manche Tür.“ Durch die die gebürtige Türkin auch hindurchgeht, da die Beratungen meist in den Wohnungen der Familien laufen. „Ich versuche, die Mütter für die Bedürfnisse des Kindes zu sensibilisieren und die Zeichen des Babys besser zu deuten.“ Auch Gesundheitsvorsorge und Essen seien wichtige Themen.

Kleine Dinge mit großer Wirkung

Viele Probleme kann Bodenstein alleine lösen, viele aber auch nicht. Dann versteht sie sich als eine Lotsin, die ihre Schützlinge mit anderen Hilfsangeboten in der Stadt verbindet, macht einen Arzttermin oder stellt den Kontakt zur Schuldnerberatung her. Dann braucht sie oft eine Entbindung von der Schweigepflicht. „Ich sage den Frauen aber immer, was ich den anderen Ansprechpartnern erzähle“, so Bodenstein.

Manchmal sind es schon die kleinen Dinge, die eine große Wirkung zeigen. „Ich hatte eine Mutter, die war alleinerziehend und depressiv. Sie war mit der Situation total überfordert“, erinnerte sich die Hebamme. Sie stellte den Kontakt zu einer Tagesmutter her: „Dort ging das Kind zweimal die Woche hin und die Mutter hatte etwas Raum für sich.“

Manchmal braucht es aber umfassendere Lösungen: „So habe ich eine sehr junge Frau in eine Mutter-Kind-Einrichtung gebracht, weil sie es allein nicht geschafft hätte“, erläuterte die Leverkusenerin.

Doch nicht immer geht es so glimpflich ab. Und wenn das Wohl des Kindes auf dem Spiel steht, schlägt sie trotz Schweigepflicht Alarm. Warum immer wieder Kinder durch das Hilferaster in Deutschland fallen, kann sie nicht sagen. „Da müssen unglückliche Zufälle und menschliches Versagen zusammenkommen“, so Bodenstein.

Sie selbst sorgt dafür, dass sie schwierige Situationen psychologisch für sich aufarbeitet. „Ich habe wirklich ein tolles Team, das mich sehr unterstützt. Sonst könnte ich die Arbeit so nicht machen. Bei den harten Fällen bin ich nicht auf mich allein gestellt.“

Denn die Arbeit erfordert sehr viel Fingerspitzengefühl. Können Kinder wirklich bei Drogenabhängigen Eltern bleiben? Ist ein Säugling bei einer Mutter mit einer Borderline-Störung gut aufgehoben, die Schwierigkeiten hat, eine Beziehung zu anderen Menschen aufzubauen? Eine Pauschalantwort hat die Familienhebamme dafür nicht: „Man muss jede Familie ganz individuell anschauen.“

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