FlüchtlingskinderAwo fehlen Lehrer für Sprachunterricht in Leverkusen

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Leverkusen – Als sich der Schlüssel im Schoss dreht, bricht Jubel aus. Zehn Kinder stürmen in den Spielraum der Erstaufnahmeeinrichtung Görresstraße und fangen gleich an, die kleinen Stühle von den Tischen zu nehmen und zu Sitzgruppen aufzustellen. Innerhalb weniger Minuten wird es immer voller, es wird gelacht, gerannt und gespielt. Viele der Kinder sind noch im Kindergartenalter, doch einige sind älter. Eine Schule besuchen sie dennoch nicht.

„Flüchtlingskinder werden erst schulpflichtig, wenn sie einer Kommune zugewiesen sind“, erklärt Petra Jennen von der Arbeiterwohlfahrt Leverkusen (AWO), die Flüchtlinge in der Görresstraße betreut. Da es sich hier um eine Landesunterkunft handelt, gehen die Kinder nicht in die Schule. Zwei Betreuerinnen kümmern sich im Spielraum um sie, lesen Bilderbücher vor und versuchen, ihnen spielerisch Deutsch beizubringen. „Die Kinder lernen wirklich schnell, sie saugen alles auf“, sagt Betreuerin Laura Niemeier.

Einen richtigen Unterricht kann die Betreuung dennoch nicht ersetzen. Etwa 40 Kinder leben derzeit an der Görresstraße, sie können sich im Spielraum aufhalten, im Innenhof im Sandkasten spielen oder Fahrrad fahren. Konzentriertes Lernen ist hier nicht möglich. „Viele Familien sind seit zwei Jahren auf der Flucht und teilweise schon mehr als sechs Monate hier, das sind doch verlorene Jahre für die Kinder“, sagt Jennen. Sie möchte deswegen gern Unterricht anbieten – Deutsch und Mathematik, an drei Tagen die Woche für jeweils zwei Stunden, das wäre ihre Wunschvorstellung.

An das Lernen gewöhnen

Ein Schulraum wäre vorhanden, ein kleines Budget auch, nur ein Lehrer oder eine Lehrerin fehlt ihr. „Es sollte jemand mit einer pädagogischen Ausbildung sein, der in der Lage ist, die Kinder didaktisch zu unterrichten“, sagt Jennen. Besondere Sprachkenntnisse seien nicht erforderlich, falls es mal größere Probleme mit der Verständigung gebe, sind Übersetzer vor Ort.

Jennen geht es nicht nur um die Wissensvermittlung, sondern auch darum, die Kinder an das Lernen zu gewöhnen. Sobald ihre Familien einer Kommune zugeordnet werden, müssen die Kinder in die Schule. „Viele haben aber noch nie eine Schule besucht“, gibt Jennen zu bedenken, „Sie müssen auch erst einmal Disziplin lernen.“ Die meisten Kinder kommen derzeit aus dem Irak, aus Syrien und Afghanistan. Zuletzt kam am 30. Dezember eine Gruppe in Leverkusen an. Seitdem haben sich die Kinder schon sehr verändert, berichtet Betreuerin Arbresha Ismaijliji. „Am Anfang war ihr Sozialverhalten gestört, sie konnten nicht teilen, haben alle Spielsachen gehortet.“ Im Krieg und auf der Flucht haben die Kinder keinerlei Verlässlichkeit erfahren. „Sie mussten erst einmal wieder das Vertrauen gewinnen, dass sie ein Spielzeug abends ablegen können, und es morgens trotzdem noch da ist.“

Sie langsam an Schulunterricht zu gewöhnen – das wäre ein weiterer Schritt in einen deutschen Alltag.

Interessierte Lehrer können sich bei Petra Jennen melden: Jennen@awo-lev.de

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