IntegrationProjekt „Flüchtlinge für Flüchtlinge“ in Quettingen gestartet

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Leverkusen – Sie kommen überwiegend aus Syrien, aber auch aus Afghanistan und Albanien, wohnen in einer der Notunterkünfte für Flüchtlingen und warten. Sie warten, dass ihr Asylverfahren vorankommt, dass sie Gewissheit bekommen, ob sie in Deutschland bleiben können oder wieder ausreisen müssen. Eine reguläre Arbeitsaufnahme ist ihnen nicht gestattet, der Zugang zu offiziellen Sprachkursen verwehrt. Um diesem demotivierenden Nichtstun in der Warteschleife zu entkommen, sind sie froh, wenn sie eine sinnvolle Beschäftigung bekommen.

„Von Flüchtlingen für Flüchtlinge“ hat der Leverkusener Caritasverband sein neues Projekt getauft, in dessen Rahmen er Menschen aus den Notunterkünften im Stadtgebiet in seine Arbeit für Flüchtlinge mit einbindet. Gegenwärtig sind es acht Frauen und Männer, die unter der Leitung des Sozialpädagogen Dominik Kramm in der Annahme- und Ausgabestelle für Sachspenden in der Quettinger Straße 205 arbeiten können und die sich damit an einen strukturierten Arbeitstag gewöhnen.

Ein Bobbycar-Fuhrpark

Die gespendeten Kleidungsstücke und Schuhe sind ordentlich in Regalen gestapelt oder an Kleiderstangen aufgehängt. In einer Abteilung sind Haushaltswaren wie Gläser oder Geschirr ansprechend aufgebaut. In einer Spieleecke ist ein Fuhrpark von Bobbycars aufgereiht, warten Bälle auf sportlichen Einsätze, stapeln sich Spiele von „Ubongo“ über „Scotland Yard“ bis „ Auf und davon“.

„Die Hilfs- und Spendenbereitschaft in Leverkusen ist nach wie vor enorm“, berichtet Caritas-Vorsitzender Wolfgang Klein. „Unsere Lager quellen fast über. Jetzt warten wir auf Kundschaft.“ Die schon noch kommen wird, das wissen alle Beteiligten. Denn auch wenn seit Jahresanfang nur noch wenige Flüchtlinge nach Leverkusen gekommen sind – 2015 wurden von der Stadt 1000 Neuankömmlinge untergebracht, 600 weitere vom Land in dessen Einrichtungen im Stadtgebiet –, muss mit weiteren gerechnet werden, die auf Hilfe angewiesen sind.

Auch wenn es später von einer Notunterkunft in eine reguläre Wohnung gehen sollte. Die Möbelbörse der Caritas befindet sich in Quettingen nur wenige Türen weiter im gleichen Gewerbehof. Dort gibt es eine Möbelerstausstattung, hier das Zubehör zum Wohnen und Kleidung.

Flüchtlinge arbeiten selbst mit

An diesem Angebot, am Sortieren des Spendeneingangs wie an der späteren Warenausgabe, arbeiten nun eben auch die Flüchtlinge selbst mit. Weit mehr als die jetzt eingesetzten Acht haben sich beworben. „Wir führen schon eine Warteliste“, berichtet Kamm. Die Gelegenheit für die Flüchtlinge, sich aktiv einzubringen, Verantwortung zu übernehmen und dem frustrierenden Warten zu entkommen, wollen viel mehr nutzen, als eingesetzt und betreut werden können. Alle Teilnehmer sind hochmotiviert und packen gerne an, im Schnitt 15 Stunden in der Woche. Die Arbeit gibt ihnen Selbstvertrauen, weil sie darüber Wertschätzung erfahren.

„Ich lerne hier neue Leute kennen und kann Deutsch üben“, berichtet ein junger Afghane, der sich über sein neues Betätigungsfeld sichtlich freut. Einen Deutschkurs will die Caritas in dieser Einrichtung jetzt auf eigene Verantwortung zusätzlich anbieten. Dass die neue Einrichtung in Quettingen engagiert von der Stadtverwaltung unterstützt werde, freut Caritas-Vorsitzenden Klein besonders. „Das ist leider nicht überall die Regel.“ Und auch der Segen der Kirche ruht auf dem Projekt. Stadtdechant Hans-Peter Teller erteilte dem neuen Ladenlokal nach einem Gebet und mit Weihwasser seinen Segen. Nicht ohne daran zu erinnern, dass das Thema Flucht in allen Weltreligionen eine Rolle spiele. Und das Gebot der Hilfe, der Gastfreundschaft.

Flüchtlinge für Flüchtlinge in der Quettinger Straße 205 hat seine Ausgabestelle montags und dienstags von 14 bis 16.30 Uhr geöffnet, donnerstags von 9 bis 12.30 Uhr. Eine Spendenannahme ist nur freitags von 14 bis 16.30 Uhr dort möglich. Gewaschene und gut tragbare Kleidung sowie Sachspenden werden gerne angenommen.

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