Kultur in LeverkusenRelevanz vom Museum Morsbroich bis hin zu den Jazztagen

Lesezeit 4 Minuten
Schloss Morsbroich Leverkusen.

Im Schloss Morsbroich wurde das erste Museum für zeitgenössische Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet.

In Leverkusen gibt es mehrere relevante Orte der und Anbieter von Kultur. Ein Überblick.  

Leverkusen ist Chemiestadt. Sie ist Sportstadt. Und, ja: Leverkusen ist auch Kulturstadt. Natürlich: Das Angebot in der Nachbarschaft – Köln und Düsseldorf – ist ungleich größer. In Arenen, Konzerthallen, Museen und Galerien gastieren Akteure und Akteurinnen von Weltrang. Und doch hat Leverkusen – neben einer großen freien Szene – einige Dinge zu bieten, die kulturell einzigartig sind und der Stadt Relevanz weit über ihre Grenzen hinaus verleihen. 

Ein Haus der Moderne nach dem Krieg

Da ist das Museum Morsbroich im gleichnamigem Schloss. Etwas abseits der Stadtmitte schon eher in Richtung Bergisches Land denn City gelegen, ist es seit seiner Eröffnung im Jahre 1951 international bedeutsam. Der Grund: Es war in ganz Deutschland das erste Museum für zeitgenössische Kunst, das nach dem Zweiten Weltkrieg eröffnet wurde. Und das ist ein Aspekt, der nicht unterschätzt werden darf, schließlich lag die Kultur im Allgemeinen und die bildende Kunst im Speziellen nach den verheerenden Jahren des Krieges, des Nazi-Regimes, des Holocaust ebenso in bildlichen Trümmern wie die Großstädte in wirklichen. Die Nationalsozialisten hatten binnen kurzer Zeit alles, was nicht ihrer Ansicht nach ur-germanisch war, aussortiert.  Nur sechs Jahre nach Kriegsende ein Haus der Moderne zu eröffnen, ebnete da den langen Weg zurück in die Menschlichkeit. Den Weg zurück in eine Gesellschaft, die Moral und Werte hat – und somit Dinge, die nicht zuletzt durch freie, kritische, zeitgemäße Kunst vermittelt werden.      

Morsbroich war seit der Eröffnung stets eng mit den großen Namen der bildenden Kunst verbunden: Beuys, Vostell, Richter. Es erhielt nationale wie internationale Auszeichnungen. Und es sorgte immer wieder für Aufsehen auch abseits von Ausstellungen – zuletzt 2017/18, als die Schließung drohte. Ein Wirtschaftsunternehmen hatte bar jeden kulturellen Verstandes das Museum als defizitär eingestuft. Und der Kampf um die Zukunft Morsbroichs dauert bis heute an: Aktuell versucht das Team von Kuratierenden um Direktor Jörg van den Berg, das Museum in ein Haus der öffentlichen Teilhabe umzuwandeln und den Spagat zwischen Ausstellungsbetrieb und Einbeziehung der Stadtgesellschaft zu schaffen.

Inwieweit das Erfolg haben wird, ist noch nicht abzuschätzen. Nichtsdestotrotz zeigt auch diese Ausrichtung, dass Morsbroich ein Ort ist, an dem immer wieder versucht wird, neu und anders zu denken. Kunst neu und anders aufzustellen. Was letztlich in der Tradition des Hauses verankert ist. Vor allem die Kunstvermittlung des Museums geht hier seit geraumer Zeit mit klugen Konzepten voran.    

Kultur von Bayer und der Stadt

Ein weiteres Pfund, mit dem Leverkusen wuchern kann, ist der Umstand, dass es vor Ort gleich zwei Anbietende großer Kulturprogramme gibt, deren Entwicklung maximal spannend ist. Da ist zum einen die städtische Kultur, die bis 2023 als Eigenbetrieb geführt worden war, ab diesem Jahr indes neu aufgestellt wird. So sollen Kräfte gebündelt werden. Die Kultur ist nun dem OB unterstellt, somit Chefsache, und verknüpft mit einem Stadtmarketing, das auf dem besten Wege ist, die Kultur – Konzerte, Theater, Kleinkunst, bildende Kunst – aus bürokratischen Strukturen zu lösen. Mehr Bühne, weniger Papier und Politik.   

Zum anderen agiert die Bayer-Kultur mitunter herausragend. Und das obwohl – oder womöglich gerade weil – das Team um Leiter Thomas Helfrich nach fast 120 Jahren des Bestehens dieser Konzernsparte das Kulturprogramm von einem Ganzjahresangebot auf das im April und Mai stattfindende „Start“-Festival umstellte und den Fokus auf junge, mit internationalen Ambitionen ausgestattete Künstlerinnen und Künstler aller Sparten legen, um dieses Festival zu bestreiten.

Auf einmal tauchen Personen wie die preisgekrönte Dirigentin Bar Avni, die mit Oscar-Gewinner Hauschka kooperierende Trompeterin Rike Huy oder der aus Georgien stammende Pianisten-Star Giorgi Gigashvili auf, ziehen internationales Interesse auf sich und bescheren Leverkusen exzellente Konzerte. Ein Festival, viel Qualität in kurzer Zeit: Auch das ist eine Strategie, um Kultur Relevanz zu verleihen.   

Jazztage als internationales Festival

Apropos Relevanz: Die haben schlussendlich auch die Leverkusener Jazztage. Und sie haben Tradition, denn: 2024 werden sie bereits zum 45. Mal stattfinden. In den ersten Jahren eher lokal aufgestellt, wurden sie im Laufe der Zeit – und bis heute – zum Stelldichein von Weltstars. Sonny Rollins, Miles Davis, Jamie Cullum, Gregory Porter, Melody Gardot, Herbie Hancock, Wayne Shorter– sie alle traten dort schon auf. Die Festivalchefs – derzeit Fabian Stiens, der in seinem Opladener „Scala“-Club auch abseits der Jazztage ein vielbeachtetes Konzert- und Comedy-Programm anbietet – reißen überdies musikalische Grenzen ein: Jazz, Funk, Blues, Rock, Pop – der Stellenwert der Jazztage geht eindeutig mehr gen Montreux- denn Moers-Jazz-Festival.    

KStA abonnieren