Kulturausbesserungswerk in LeverkusenDarsteller des Jungen Theaters überzeugen auf ganzer Linie

Lesezeit 3 Minuten
In „ Alles. in einer Nacht.“ spielen (v.l.) Millie Vikanis, Milena Cestao, Svea Menne, Laura-Sophie Warachewicz

In „ Alles. in einer Nacht.“ spielen (v.l.) Millie Vikanis, Milena Cestao, Svea Menne, Laura-Sophie Warachewicz

Leverkusen – Nein: Einfach zurücklehnen und genießen ist nicht. Das, was die fünf Darsteller des Jungen Theaters dem Publikum im Kulturausbesserungswerk da präsentieren, ist Theater vollgestopft mit Symbolik und Metaphorik. Bedeutungsschwanger und komplex. Am Ende von „Alles. In einer Nacht“ ist es so, als sei eine kleine Dampfwalze aus Emotionen über die Zuschauer hinweg gerollt. Und das ist nicht weniger als ein fantastisches Gefühl. Laura-Sophie Warachewicz, Millie Vikanis, Svea Menne und Milena Cestao spielen vier namenlose Frauen, die sich nachts an verschiedenen Orten einer anonymen Großstadt befinden und die mit Warachewicz, der Moderatorin einer Radio-Hotline, als Knotenpunkt irgendwie verbunden sind. Die Dame am Mikro beschwört das Mysterium der nächtlichen Stadt. Diese überall und an jeder Ecke der Straßen, Ghettos und Amüsiermeilen lauernde Mischung aus Aggression, Exzess, Gewalt, Lebenslust und jenem tiefen Alltagsfrust, der im Schatten der Dunkelheit endlich heraus und in die Energie des Aufbegehrens gegen die Norm umgewandelt werden kann. „Das ist unsere Nacht. Ich möchte sehen, dass es brennt. Dass diese Welt uns diese Welt um die Ohren fliegen lässt“, fordert die Moderatorin und klingt dabei erschreckend rabiat und: böse.

Ihre Worte finden Gehör bei derjenigen, die verzweifelt auf ihrer Suche nach Liebe und den Glauben daran eigentlich schon aufgegeben hat. Bei der, die schon als Kind Johanna von Orleans bewunderte und die nun eine Revolution anzetteln will: „Die Welt von heute“, philosophiert sie mit funkelnden Augen und den zittrigen Händen einer Irren, „ist nur noch eine Hüpfburg. Sie ist gegen jeden unserer Tritte mit Schaumstoff gefüttert. Aber wenn Du keine Mauern hast, gegen die du rennen kannst, dann gehst du kaputt!“

Spielzeugkoffer als Sprengsatz

Und dann ist da noch das Sorgenlos-Kind. Die Frau, die behütet und betüddelt und umsorgt und mit Geld zugeschmissen aufwuchs und ihren alten Spielzeugkoffer zum Sprengsatz ummodeln will, weil der Frust über das Leben, das in Wahrheit so ganz anders als in ihrer Rosarotwelt ist, so tief in ihre sitzt. „Als ich zum ersten Mal mit der U-Bahn gefahren bin, habe ich gelernt, die Menschen zu hassen“, sagt sie. Und dieser Hass muss endlich raus. Im Dunkel der Nacht, in der sich vier Damen nacheinander auch noch in schummrigen Diskotheken und abgeranzten Betten mit einem Typen amüsieren, der von Kim Biele gespielt wird und diese unselige Truppe komplettiert.

Was das aktuelle Ensemble des Jungen Theaters unter der Regie von Petra Clemens, die Falk Richters Stück hervorragend für ihre Truppe arrangierte, im Rahmen dieses Kammerspieles und dieser Hatz durch die Abgründe der menschlichen Seele leistet, nötigt hohen Respekt ab. Es gibt kein Innehalten. Zu jeder Zeit ist ein Wort, ein Blick, eine Bewegung wichtig und treibt die dramatische, sich aus den Monologen dieser Frauen heraus entwickelnde Handlung des Stückes voran. Konzentration ist unverzichtbar. Die Augen müssen flirren, um alles mitzubekommen und das Puzzle dieses Wahnsinns zusammenzusetzen.

Und genau so – nichts anderes als herausfordernd und intensiv – muss gutes Theater sein.

Die nächsten Aufführungen von „Alles. In einer Nacht.“ sind am Donnerstag und Freitag, 18. und 19. Februar, jeweils um 19.30 Uhr im Kulturausbesserungswerk (KAW) an der Kolberger Straße. Der Eintritt kostet zwölf Euro (ermäßigt sechs Euro). Karten können reserviert werden unter 0214 / 94 98 06. Alle Informationen sind auch im Internet zu finden.

www.jungestheater.net

www.kulturausbesserungswerk.de

KStA abonnieren