SchwurgerichtsprozessMord an einer Schwangeren in Leverkusen wird aufgearbeitet

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Schwester (links) und Mutter hatten zum Prozessauftakt ein Foto des Opfers mitgebracht. Vor nicht einmal sechs Monaten wurde die schwangere Frau von ihrem Freund auf offener Straße erstochen.

Schwester (links) und Mutter hatten zum Prozessauftakt ein Foto des Opfers mitgebracht. Vor nicht einmal sechs Monaten wurde die schwangere Frau von ihrem Freund auf offener Straße erstochen.

Er wollte nicht, dass seine Mutter erfährt, dass sie seine Freundin ist und auch noch ein Kind bekommt. Nun ist die junge Frau tot.

Es war Freitagabend, der 27. Oktober vorigen Jahres, als Ali L. (Name geändert), das Leben seiner Lebensgefährtin auslöschte – und das des gemeinsamen Kindes, das noch nicht geboren war. Davon ist die Staatsanwaltschaft überzeugt: Die Anklage lautet auf Mord.

Zum Auftakt des Schwurgerichtsprozesses vor dem Landgericht ist die Familie des Opfers nach Köln gekommen. Hildegard E. hat ein Foto ihrer Tochter mitgebracht, ihr Mann hat sich spontan entschlossen, wie auch Tochter und Sohn als Nebenkläger aufzutreten. Die Familie des Angeklagten dagegen lässt ebenso kurzfristig mitteilen, dass sie nichts sagen wird in diesem Verfahren. Gottfried Reims, der Verteidiger von Ali L., ist nur mäßig überrascht. „Das war mal so, mal so“, sagt er.

Sein Mandant zieht es zunächst ebenfalls vor, nichts zu sagen. Er hat die Hände vor dem Gesicht – nicht nur, als die Anklage verlesen wird. Darin ist davon die Rede, dass der 34-Jährige „aus niedrigen Beweggründen einen Menschen getötet“ und eine Schwangerschaft beendet hat.

Der des Mordes angeklagte 34 Jahre alte Rheindorfer sitzt, hinter einem Aktendeckel versteckt, neben seinem Anwalt Gottfried Reims.

Der 34 Jahre alte Beschuldigte überließ das Reden am ersten Prozesstag seinem Anwalt Gottfried Reims.

Wie es an jenem Freitagabend Ende Oktober dazu kam, ist ziemlich detailliert festgehalten: Der in Leverkusen geborene Mann mit türkischen Wurzeln habe seine Freundin vor der Wohnung in der Unstrutstraße – dort wohnte er mit seiner Mutter – abgepasst. Die Frau habe zuvor angekündigt, ihre Beziehung und die im vierten Monat auch nicht mehr zu verbergende Schwangerschaft den Angehörigen ihres Partners zu offenbaren. Das wollte Ali L. verhindern. weil er „einen Ansehensverlust“ fürchtete, so die Anklage.

Mindestens zehn Stiche mit dem Küchenmesser

Der Mann habe sich mit einem 27 Zentimeter langen Küchenmesser bewaffnet und seine Freundin vor dem Haus aufgehalten. Mit Gewalt habe er sie in die nahe Ilmstraße gedrängt, ihr zunächst das Handy weggerissen. Dann habe er immer wieder „kraftvoll“ auf sie eingestochen. Mindestens zehn Mal. Die junge Frau hatte keine Chance, sie starb noch am Tatort. Mit ihr der Fötus des Kindes.    

Eindrücke von der Ilmstraße in Leverkusen-Rheindorf, in der am Freitagabend, 27. Oktober 2023, ein Mann eine schwangere Frau bei einem Angriff mit einem Messer tödlich verletzte.

In der Ilmstraße in Rheindorf stach ein 34-Jähriger am Freitagabend, 27. Oktober 2023, nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft mindestens zehnmal auf seine schwangere Freundin ein und tötete sie und den Fötus

Unmittelbar nach dem Mord wählte Ali L. den Notruf, die Polizei nahm ihn in der Nähe fest. Er habe „keinen Widerstand geleistet“, berichtete einer der beiden Polizisten, die ihn vor dem Haus Baumberger Straße 54 antrafen. Er habe Blut an den Händen und der Kleidung gehabt und eine leichte Verletzung an der Hand. Ali L. habe „mit leerem Blick“ vor sich hin gestarrt, habe immerhin auf Fragen geantwortet. Weil ein paar Straßen weiter Notarzt und Rettungssanitäter noch um das Leben der Frau kämpften, habe er auch gesagt, wie groß das Messer war. Das hatte er nämlich unterwegs weggeworfen.

Kein einziges Mal fragte er nach dem Opfer

Zu seinen Beweggründen für den letztlich tödlichen Angriff habe er gesagt: Die Frau sei „ihm fremd gegangen“, erinnerte sich der Polizist. Und: „Nicht einmal“ habe er gefragt, wie es seinem Opfer gehe.

Weil die Lage ziemlich eindeutig erschien, sei der blutbeschmierte Mann „als Schuldiger belehrt“ worden, ergänzte der Beamte auf Nachfrage. Um auszuschließen, dass er Alkohol oder Drogen konsumiert hatte, sei ihm eine Blutprobe entnommen worden. Die Schnittwunde an der Hand sei ebenfalls im Krankenhaus versorgt worden.

Nachdem ein Arzt bescheinigt hatte, dass der mutmaßliche Mörder „gewahrsamsfähig“ ist, wurde er mitgenommen. Seine Identität stellten die Polizisten in ihrer Kartei fest. Einen Ausweis hatte der Rheindorfer nicht dabei. Seitdem sitzt der Mann in Untersuchungshaft.

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