Leverkusener AutobahnbrückeUm Köln droht ein Verkehrschaos

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Seit Freitag weisen die elektronischen Hinweistafeln auf der Autobahn Lkw-Fahrer auf die Sperrung hin.

Seit Freitag weisen die elektronischen Hinweistafeln auf der Autobahn Lkw-Fahrer auf die Sperrung hin.

Köln/Leverkusen – Michael Paschen drückt dem Verkehrsminister noch schnell eine Stablampe in die Hand, bevor der im stählernen Bauch der Leverkusener Autobahnbrücke verschwindet. Für Warnwesten oder Helme bleibt keine Zeit. In Begleitung des Brücken-Ingenieurs klettert Michael Groschek an Hauptträger 20 auf eine Leiter, leuchtet das Gerippe aus und brüllt gegen den Verkehr an, der über ihm donnert. „Das erkennt sogar ein Laie. Hier gibt es nichts mehr zu schweißen. Hier kann man nichts mehr reparieren.“

Genau das haben die Fachleute 24 Stunden zuvor bei einem der vielen Kontrollgänge im Kasten der knapp 50 Jahre alten Brücke auch festgestellt. An sieben Stellen sind die Verbindungen zwischen Quer- und Hauptstreben der Tragekonstruktion gerissen. „Wir haben sofort alle beteiligten Behörden darüber informiert, dass sofort etwas passieren muss“, sagt Paschen. Die Brücke sei nicht einsturzgefährdet, „wir müssen sie wegen des gravierenden Schadensbildes aber sofort entlasten“.

Genau das geschieht in einer Krisensitzung, zu der sich am Freitagmorgen Vertreter der Polizei, der Bezirksregierung Köln, die Prüfingenieure aus Aachen beim Landesbetrieb Straßenbau in dessen Büros am Grauen Stein in Köln treffen. Sie entscheiden sich für eine radikale Lösung: Fahrverbot für alle Autos mit einem zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen ab Freitag, 14 Uhr. Noch am Vormittag ergeht ein Auftrag an ein Unternehmen, die entsprechenden Schilder für Umleitungsempfehlungen zu produzieren. Auf den elektronischen Informationstafeln rund um den Autobahnring leuchtet das Fahrverbot pünktlich um 14 Uhr auf. „Wir wissen, dass es mit den Umleitungen schwierig wird“, sagt Uwe Dewes, Leiter des Landesbetriebs Straßenbau in der Region. Vor allem für große Unternehmen wie Lanxess, Ford oder den Chempark Leverkusen/Dormagen sei die Gewichtsbeschränkung äußerst problematisch.

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Weil die Sperrung aber so plötzlich kam, könne man Umleitungsempfehlungen erst kommende Woche herausgeben. „Dazu müssen wir mit den Städten Leverkusen und Köln sprechen. Auf die kommen jetzt die Probleme zu.“ 120 000 Autos rollen täglich über die Leverkusener Autobahnbrücke. Rund 20 000 davon sind Lkw über 3,5 Tonnen.

Zurück aus dem Brückenbauch formuliert Landesverkehrsminister Groschek unmissverständlich, was er jetzt von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer erwartet. „Ich habe bereits mit ihm telefoniert. Wir werden uns in der kommenden Woche treffen. Ich erwarte, dass mit dem Neubau der Brücke so schnell wie möglich begonnen wird.“ Anschließend spricht Groschek in die Mikrofone, was er schon seit Monaten predigt. Dass er 3,5 Milliarden Euro bräuchte, um die Schäden an den Straßenbrücken im Lande abzuarbeiten. Ungefähr 30 Brücken müssten erneuert werden. „Selbst wenn wir alle Mittel, die wir im Land für den Straßenbau zur Verfügung haben, in die Brücken steckten, wären wir in zehn Jahren immer noch nicht durch. Das sind nur 330 Millionen Euro pro Jahr.“ Das sei aber eine theoretische Rechnung, „schließlich können wir nicht alle anderen Bauvorhaben liegen lassen“.

Die Brücken-Ingenieure haben ganz andere Probleme. Sie müssen zügig alle 1080 Schweißstellen kontrollieren, an denen Quer- und Hauptstreben zusammenkommen. Erst wenn man ein konkretes Schadensbild habe, könne man Aussagen darüber treffen, ob es eine Reparaturmöglichkeit gibt. „Vielleicht lassen sich ein paar Stahlbleche aufschrauben, um die Verbindungen zu festigen.“ Ingenieur Paschen will nicht völlig ausschließen, dass das Fahrverbot für 3,5 Tonner aufwärts nicht eines Tages aufgehoben werden kann.

Genau darauf hofft Jürgen Roters. Kölns Oberbürgermeister bleibt angesichts der schwierigen Verkehrslage nur der Appell an den „Transitverkehr, diesen Autobahnbereich großräumig zu umfahren“. Die innerstädtischen Straßen seien durch die vielen Baustellen und Beschränkungen auf den Rheinbrücken und im Stadtautobahntunnel auch überlastet. „Ausweichrouten durch das Stadtgebiet bringen keinerlei Zeitersparnis“, warnt Roters. Er hätte sagen können: Sie haben die Wahl zwischen Stau in oder um Köln.

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