MühlentagMühle am Wiembach lockt an Pfingsten tausende Besucher

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Leverkusen – Der Mühlentag ist irgendwie auch Tag der von ihrem Tun begeisterten Ehrenämtler. Einer von ihnen ist Klaus Hoppstätter, der mit seiner weißen Zipfelmütze am Mahlstein der Lambertsmühle steht. Rund Tausend Besucher wollen sich am Pfingstmontag die Mühle am Wiembach anschauen. Der 79-jährige Baumaschineningenieur mimt heute den Müller und zeigt dem Publikum, wie hier früher Korn gemahlen wurde.

Gelernt hat er das Handwerk nicht. „Nein, nein, das habe ich mir über die Jahre angeeignet“, sagt er. Auch seine Arbeitskleidung ist dem Original bloß nachempfunden, der Bommel seiner Mütze gehört nicht zwingend dazu. Für die vielen Kinder, die am Mühlentag die Funktionsweise der alten Burscheider Handwerksstätte kennenlernen, verbindet er ihn aber mit einer Aufgabe. Hoppstätter: „Ich sage dann immer, dass ich mir damit gut den Staub von der Brille wischen kann“. Das macht er dann auch vor und lacht.

Direkt nebenan sitzt Ruth Schnitzler am Webstuhl auf zwei Kissen, die das harte Holz unter ihr etwas erträglicher machen. Die Weberin hat das Kunsthandwerk vor über sieben Jahrzehnten gelernt, ist heute 92 und zeigt Besuchern noch immer gerne ihr Können. Aus Gobelinwolle werden in Schnitzlers Webstube in wochenlanger Feinarbeit Wandteppiche. „Für einen Quadratmeter brauche ich zwischen 270 und 310 Stunden“, sagt Schnitzler.

Sie kommt mit den anderen Ehrenämtlern jeden Mittwoch in der Lambertsmühle zusammen, etwa 18 engagieren sich regelmäßig, insgesamt hat der Förderverein der Mühle rund 200 Mitglieder. Ihnen ist es auch zu verdanken, dass hier bald neue Räume eröffnet werden. Bis jetzt hängt noch ein Schild am Treppenaufgang, das der Allgemeinheit den Zutritt verwehrt, die Arbeiten im Dachgeschoss sind schließlich noch nicht abgeschlossen. Armin Busch, erster Vorsitzender des Fördervereins, und Klaus Hoppstätter geben aber schon einen Einblick in das, was hier oben über den Mahlsteinen und der Webstube entstanden ist und noch entsteht.

Biedermeisterstube und Gesindenkammer

Auf rund 100 Quadratmetern, so Busch, gebe es bald nicht nur einen Vorführraum mit Beamer und Leinwand, auf die dann historische Filme projiziert werden können. Der 78-Jährige zeigt in die Ecken des Raums, in dem fast alles aus Holz zu sein scheint. „Da vorne kommt ein Hochwebstuhl hin, hier entsteht eine Essensszene mit altem Porzellan, da gibt es dann eine Waschecke.“ Ein Bottich mit Waschbrettern und weiteren Utensilien steht schon bereit. Ein paar Meter daneben steht eine historische Schulbank, für die Busch sogar einen alten Ledertornister besorgt hat. „Und den Lappen, mit dem die Tafel gewischt wird, habe ich aus Kommern mitgebracht“, sagt er. An einer anderen Wand ist ein Schaukasten mit ausgestopften Wildtieren entstanden. Dachs, Waldschnepfe, Rehkitz, Eule und weitere Tiere sind hinter der Glaswand zu sehen.

Auf der anderen Seite der Wand sind zwei neue Ausstellungsräume so gut wie fertig: Biedermeierstube und Gesindekammer. Originalexponate stehen hier neben Sonderanfertigungen wie dem Alkoven, in dem historisch echt der Schlafuntergrund aus Stroh besteht. Eine Holztür führt zum Waschraum mit Plumpsklo.

Seit dem Herbst des vergangenen Jahres arbeiten Busch und seine Mitstreiter im Dachgeschoss an den neuen Räumen. Zum Tag des offenen Denkmals im September sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Busch: „Wir haben ein lebendiges Museum, das immer weiterentwickelt wird.“

Rund zehn Kilometer entfernt steht Peter Odenthal vor der Reuschenberger Mühle inmitten einer immer größer werdenden Traube Menschen und erzählt ihnen von dem historischen Gebäude hinter sich. Zu Beginn seines Vortrags waren es rund 50 Personen, zehn Minuten später sind es doppelt so viele. In zwei Gruppen muss die Führung stattfinden. Anderthalb Stunden zuvor haben Odenthal und seine ehrenamtlichen Kollegen bereits 200 Menschen durch die Räume geführt.

„Das ist eindeutig der erfolgreichste Mühlentag“, so Odenthal. „Seit 1477 gibt es an dieser Stelle einen Mühlenbetrieb“, sagt er. Von den vergangenen 500 Jahren erzählt er dann genauer, referiert über die historische und teilweise aktuelle Produktion von Schrot, Mehl, Öl, Papier und Strom in der Mühle. Wo bis 1985 eine Francis-Turbine betrieben wurde, läuft heute geräuschvoll eine Kaplan-Richter-Rohrturbine und erzeugt nach wie vor Strom. Wie das Wasser der Wupper mit einem Rechen gefiltert wird, demonstriert er ebenso. „Im Sommer ist das hier meine Wasserrutsche“, scherzt er über den Wasserablauf.

Auch an anderen Orten ist was los am Mühlentag. In Leichlingen gibt es im Murbachtal ein Harfenkonzert und Führungen durch das Naturmuseum, im Industriemuseum Freudenthaler Sensenhammer wird die Wasserkraftanlage präsentiert und eine Wanderung zum Wehr angeboten. Man könnte denken, dass an diesem Tag, der anderswo als Selfie-Tag gefeiert wird, kein Interesse mehr besteht an den Produktionsweisen und Arbeitsabläufen, die längst Vergangenheit geworden sind. Falsch gedacht: Es ist viel los in den historischen Mühlen, deren Räder sich nach wie vor drehen.

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