Papiere zur A1 aufgetauchtVerkehrsministerium war immer für Stelze statt Tunnel

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Stelzenautobahn in Leverkusen

Leverkusen – Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, die Weisheit Sepp Herbergers gilt auch im echten Leben, nicht nur im Fußball.

Die teure Niederlage in Leipzig schmerzt die die Leverkusener Autobahn-Bürgerinitiativen: Der lange Tunnel kommt nun sicher nicht, die neue Brücke wird schnell gebaut, wie Straßen NRW es von Anfang an wollte. Jetzt geht es um die nächsten Projekte: auf der A 1 um die Entscheidung für den kurzen Tunnel oder die zwölfspurige Stelze.

Um die A 3, die die Siedlungen in Manfort „auf Kante“ durchschneidet. Auch beim Umbau des Autobahnkreuzes ist es gut, wenn kundige Bürger den Planern auf die Finger schauen.

Papiere erhärten weit verbreiteten Verdacht

Im Fußball wie im Leben hilft es ungemein, die Strategien des Gegners zu kennen. So auch im ernsten Spiel um die Autobahnen. Papiere, die dem „Leverkusener Anzeiger“ vorliegen, erhärten den in der informierten Bevölkerung weit verbreiteten Verdacht, dass Straßen NRW und das Verkehrsministerium auf die – aus Leverkusener Sicht – brachiale Lösung zusteuern. Die Lektüre ist ein Blick in eine sonst verschlossene Welt.

Thema Autobahn 1, kurzer Tunnel statt Stelze: In einer internen Mail vom 24. November 2015 an den damaligen NRW-Verkehrsminister Michael Groschek bezieht der Ministerialrat Michael Heinze erheblich deutlicher Position, als das je einer der Planer in der Öffentlichkeit getan hat.

Er schreibt: „Der Bund wird/kann den Bau eines Tunnels nicht finanzieren, weil er nicht zwingend erforderlich ist: Schadstoffgrenzwerte werden eingehalten, Lärmgrenzwertüberschreitungen halten sich in engen Grenzen, Umweltprobleme sind keine vorhanden.“

Weiter schreibt er: „… und für das Städtebauproblem fühlt er (der Bund, d. Red.) sich nicht verantwortlich“. Und weiter hinten: „Der Bund wird den Tunnel öffentlich natürlich nicht ablehnen, er wird «lediglich« von Stadt und Land den Nachweis fordern, dass er zwingend erforderlich ist.

Diesen Nachweis können wir aber nicht führen. Die Frage ist, ob wir uns diese am Ende fruchtlosen Verhandlungen vor 2017(!) trotzdem antun sollten? Einer der größten Chemiestandorte Europas verträgt kein Autobahnteilstück, das nicht uneingeschränkt für Gefahrguttransporte zu befahren ist“.

Ministerialrat Heinze ist ein Genosse aus Haan. Er saß bis 2014 im dortigen Rat. Seinen Job im Ministerium hat er behalten, auch nach dem Regierungswechsel in Düsseldorf steht der SPD-Mann noch auf dem aktuellen Organisationsplan des Verkehrsministeriums.

Er saß und sitzt dort als die zentrale Figur, wenn es um die Autobahn in Leverkusen geht. Und er hatte sich schon bei seinem ersten Auftritt auf eine Brücke festgelegt.

Treffen mit dem Lobbyisten

Zurück zu seiner Mail. Darin riet er seinem Minister Groschek schließlich: „Das Ergebnis jeder Einzelbetrachtung ist schon aussagekräftig genug, um möglichst frühzeitig gemeinsam mit dem OB (hier meint Heinze Uwe Richrath) und der Industrie nach außen zu sagen, dass man sich die Tunnellösung ernsthaft gewünscht habe, aber die Ergebnisse der Studie (der Vergleich der Varianten, d. Red.) erdrückend sind“.

Auch übers Verhältnis zwischen Lobby und Ministerium sagt die Mail etwas: Er erwähnt ein baldiges Treffen Groscheks mit dem seinerzeitigen Lanxess-Lobbyisten Gerd Deimel und gibt dessen Wünsche an den Minister weiter: „Sowohl Oberbürgermeister Richrath, wie auch Herr Deimel von der Chemischen Industrie wünschen sich eine mit Ihnen eng abgestimmte Kommunikation nach draußen … Herr Richrath würde sich über einen Anruf freuen.“

Um Missverständnissen vorzubeugen: Es geht in Michael Heinzes Mail ausschließlich um einen kurzen Tunnel zwischen den beiden Leverkusener Autobahnkreuzen. Über den erst noch ergebnisoffen entschieden werden soll – so lautet jedenfalls die offizielle Sprachregelung.

Solch klare Worte, wie sie Heinze seinem Minister vorgeschlagen hat, waren jedenfalls öffentlich nie zu hören.

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