QualVerfilztes Fell, dickes Auge, gebrochener Unterkiefer – Tierärztin befreit Hund

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Tierärztin Daniela Geldmacher hat den kleinen Shi-Tsu in Sicherheit gebracht.

Tierärztin Daniela Geldmacher hat den kleinen Shi-Tsu in Sicherheit gebracht.

Leverkusen – Das Hündchen, das bei der Tierärztin Daniela Geldmacher sitzt und hechelt, sieht nicht besonders gesund aus: Ein Auge ist dick wie ein Tischtennisball, das andere ist nicht zu sehen.

Der Hund riecht übel. Was man nicht sieht: Das Tier hat einen gebrochenen Unterkiefer.

Vorvoriges Wochenende lebte der zehn Jahre alte asiatische Rassehund noch bei seiner Besitzerin.

Doch am Dienstag vor acht Tagen reichte es Daniela Geldmacher: Sie übernahm den Hund, weil Frauchens Leben anscheinend komplett aus den Fugen geraten schien, so dass es für das Tier lebensgefährlich geworden war.

Und weil sie in ihrem Tierarztleben genug labile Tierbesitzer erlebt hat, ließ sie sich von der Vorbesitzerin auch gleich eine Überlassungserklärung unterschreiben, damit das Tier auch sicher bei ihr bleiben kann.

Der Anstoß, sich das Tier in der Opladener Wohnung anzusehen, sei von den Ehrenamtlern der „Dogman Tierhilfe“ gekommen. „Es hieß, der Hund kann nicht fressen und dass die Besitzerin kein Geld hat“, sagt die Tierärztin. Als sie den Hund sah, hatte er total verklebtes, verfilztes Fell und sein Unterkiefer wabbelte komisch. „Der »schrie« förmlich vor Schmerzen“, sagt Daniela Geldmacher.

Die junge Hundebesitzerin sei beim ersten Besuch bei Nachfragen ins Stottern gekommen. Sie habe etwas von einer Beißerei erzählt und dass ihm jemand vielleicht im Eifer des Gefechts das Maul zu fest zugehalten habe oder ihm auf die Schnauze getreten sei.

Wie lange das her sei? Es gab nur ausweichende Antworten. „Das kam mir alles absolut nicht glaubhaft vor“, sagt Geldmacher. Die Wohnung sei unaufgeräumt und ranzig gewesen. „Da ist etwas nicht in Ordnung“, habe die Veterinärin gleich gedacht.

Die 45-jährige Daniela Geldmacher betreibt eine mobile Kleintierpraxis, das heißt, sie fährt zu ihren Patienten. Demnächst lässt sie sich in Steinbüchel mit einer eigenen Praxis nieder. Dem kleinen Hund habe sie erstmal Schmerzmittel gegeben. „Er muss sofort am nächsten Morgen zum Röntgen zum Haustierarzt gebracht werden“, verabschiedete sich die Tierärztin.

Es dauerte allerdings noch bis zum übernächsten Tag, bis der Hund endlich geröntgt werden konnte. Inzwischen war auch der Amtstierarzt eingeschaltet. Beim nächsten Besuch Geldmachers in der Opladener Wohnung lagen die Röntgenbilder vor.

So langsam rückte die Halterin damit heraus, dass ihr Freund dem Hund den Kiefer gebrochen habe.

Wahrscheinlich, glaubt die Ärztin, hat er dem Tier ins Gesicht getreten. Immerhin sitze der Freund der Hundehalterin mittlerweile im Gefängnis, die Polizei habe ihn inzwischen geholt, so die Veterinärin. Er hatte offenbar Stress, denn er habe sich gemeinsam mit der jungen Frau eine Weile vor der Polizei versteckt, weil er seine 15-monatige Haft nicht habe antreten wollen.

Als das nächste Problem aufkam, dass die Hundebesitzerin die 1000 Euro für die notwendige Kieferoperation nicht würde zusammenbekommen, machte die Tierärztin ein Angebot, das Geld zu beschaffen und ließ die Opladenerin unter Tränen den Überlassungsvertrag unterschreiben.

Dem Hund geht es inzwischen wieder etwas besser, er fährt im mit einer flauschigen Decke ausgelegten Fußraum des Mercedes-Kombi andere kranke Tiere besuchen.

Inzwischen steht fest, dass der Hund, Rasse Shi-Tsu, eine Art großer Pekinese, auch noch eine Augenoperation braucht. Er muss schon länger blind sein, weil die ehemalige Besitzerin eine Augenbehandlung wegen zu hohem Augendrucks verschleppt hat.

Ein Auge des Hündchens ist deshalb schon vor einiger Zeit geplatzt, das andere ist vergrößert, das Tier muss schon länger Qualen durchlitten haben. Daniela Geldmacher hat den inhaftierten Freund wegen Tierquälerei angezeigt. Die Halterin bekommt eine Anzeige wegen Unterlassung.

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