RauchwolkeUrsache für Brand in Chempark unklar – Warnung vor Rußflocken

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Chempark Leverkusen (2)

Der Chempark in Leverkusen.

Leverkusen – Großbrand im Chempark Leverkusen. Die Bewohner der nördlichen Kölner Stadtteile Merkenich, Rheinkassel, Langel und Worringen sowie der am Rhein gelegenen Stadtteile Leverkusens hören am Samstagabend die Sirenen heulen.

In Radiodurchsagen werden sie aufgefordert, ihr Häuser aufzusuchen, Fenster und Türen geschlossen zu halten. Ist jener Ernstfall eingetreten, den Nachbarn großer Chemiewerke fürchten?

Zahlreiche Luftmessungen

Besteht Gesundheitsgefahr? Ist im Werk etwas außer Kontrolle geraten? Um 20.30 Uhr ergeht der Notruf aus einer Anlage der Firma Momentive Performance Materials.

Aus noch ungeklärter Ursache ist Feuer im Erdgeschoss eines sechsstöckigen Produktionsgebäudes ausgebrochen, in dem Siloxane und Lösungsmittel umgefüllt werden.

Das Unternehmen beschäftigt in Leverkusen 700 Mitarbeiter, bis zu sechs von ihnen arbeiten in der betroffenen Abteilung. Obwohl sich das Feuer sehr schnell ausbreitet und vom Erdgeschoss auf den ersten Stock übergreift, kommen Menschen dabei nicht zu Schaden.

Außer der Werksfeuerwehr des Chemparks sind die Leverkusener Berufsfeuerwehr und Einheiten der Freiwilligen Feuerwehr binnen weniger Minuten am Ort. Überall Blaulichter.

Rauchwolke zieht über den Rhein

Eine dichte Rauchwolke zieht, von Wind aus ausnahmsweise östlichen Richtungen angetrieben, vom Brandort über den Rhein in Richtung der nördlichen Kölner Stadtteile. Dort jaulen nun die Sirenen, ergehen Warnmeldungen.

Eine entsprechende Meldung über die Warn-App „Nina“ ergeht um 21.17 Uhr für das Kölner Stadtgebiet. Erst um 21.56 Uhr folgt diese Warnung sicherheitshalber auch für Leverkusen. Der Schiffsverkehr auf dem Rhein wird vorübergehend eingestellt.

Im Werksgelände des Chemparks sind inzwischen 175 Feuerwehrkräfte im Einsatz und auf bekämpfen auf zwei Stockwerken den Brand. Spezialfahrzeuge und Zusatzkräfte werden angefordert, darunter aus dem Chempark Dormagen ein Turbo-Löscher mit zwei Jet-Triebwerken.

Acht Luftmessfahrzeuge sind unterwegs

Acht Luftmessfahrzeuge sind in der Umgebung unterwegs. Die in dem betroffenen Betrieb verwendeten Stoffe gelten laut Aussagen des Chempark-Betreibers Currenta als toxikologisch unbedenklich. Die Messungen zeigen keine Auffälligkeit, alles im Normalbereich.

Da die in Brand geratenen flüchtigen Öle möglicherweise nicht ganz rückstandslos verbrennen, rechnen die Experten der Feuerwehren und der Firma mit der Möglichkeit, dass Rußflocken niedergehen.

Sie sollten sicherheitshalber nicht angerührt werden, warnt Kölns Feuerwehrchef Johannes Feyrer in einer nachts um eins kurzfristig angesetzten Pressekonferenz mit der Chempark-Betreiberfirma Currenta.

500 Anrufer bei Telefon-Hotline

Die Firma hat für die Bevölkerung eine Telefon-Hotline eingerichtet. Die 0214/ 3099333 zählt in wenigen Stunden gut 500 Anrufer – besorgte, ängstliche Anwohner. Das Feuer ist am frühen Sonntag gegen 3.30 Uhr gelöscht. Die Warnung für die Bevölkerung wird gegen 4 Uhr aufgehoben, in aller Stille.

Da gewaltige Mengen an Löschwasser zum Einsatz gekommen sind, haben die dafür bereitstehenden Auffangbehälter mit einer Kapazität von rund 20 000 Kubikmetern nicht ausgereicht.

Löschwasser fließt in den Rhein

Ein Teil des Löschwassers ist trotz einer schnell errichteten Sandsack-Barriere in den Rhein geflossen – laut Chempark-Leiter Ernst Grigat „ein Volumen im einstelligen Prozentbereich“. Vorsichtshalber wird Rheinalarm ausgelöst. „Wir wollen ganz sicher sein, ehe wir Entwarnung geben“, unterstreicht Grigat am Sonntag. Das gilt auch für die vermuteten Rußpartikel.

Bisher sind keine gesichtet worden. „Wenn Sie etwas Verdächtiges sehen, rufen Sie unsere Hotline an. Wir kommen und kontrollieren.“ Das geschieht stichprobenartig schon auf den Spielplätzen und Schulhöfen in den alarmierten Stadtteilen.

Rasch soll Klarheit darüber herrschen, ob Schadstoffe herabgeregnet sind.

Im Unternehmen muss nun aufgeräumt werden. Momentive-Geschäftsführer Matthias Steiner vermag über die Schadenshöhe noch keine Angaben zu machen.

Produktionsausfälle kann das international produzierende Unternehmen an anderen Standorten ausgleichen. Die Produktion anderer Firmen im Chempark ist nicht beeinträchtigt.

Dass das äußerst giftige Phosgen in einem direkt benachbarten Betrieb gelagert wird, dementiert der Chemparkleiter auf Nachfrage nicht. Alle Anlagen seien kontrolliert und sicher gewesen, alle Mitarbeiter in Sicherheit.

Dass im Werksgelände etwas außer Kontrolle geraten könnte, darf keinen Moment länger mehr als möglich erscheinen.

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