Vortrag über Leverkusener Foto-FirmaAgfa – wie ein Weltkonzern vor die Wand fuhr

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Auch das gab es mal: 1936 zog Agfa mit der Schmalfilm-Schule über Land.

Auch das gab es mal: 1936 zog Agfa mit der Schmalfilm-Schule über Land.

Leverkusen – Dass viele Kenner zum Vortrag „Agfa: Die Entwicklung zu einem Weltunternehmen und dessen Ende“ von Günter Junkers und Reinhold Braun ins Bayer-Kasino gekommen waren, wurde schon vor Beginn der Veranstaltung ersichtlich: Angeregt tauschte man sich aus über Kamera- und Filmtypen und in Erinnerungen geschwelgt – waren doch viele der Zuhörer ehemalige Beschäftige der „Aktiengesellschaft für Anilinfabrikation“, kurz Agfa.

Die Referenten des von der Kasino-Gesellschaft und dem Bergischen Geschichtsverein organisierten Abends konnten da zum Glück mithalten: Während Reinhold Braun als Werkstudent unter anderem die Patentabteilung des Unternehmens unterstützt hatte, war Chemiker Dr. Günter Junkers ganze 31 Jahre lang bei der Agfa beschäftigt. Ihr Vortrag bot daher eine gute Mischung aus faktengesättigter Firmengeschichte und persönlichen Anekdoten, vor allem aber reichlich Anschauungsmaterial: Neben zahlreichen historischen Fotos hatten die beiden Mitglieder des Bergischen Geschichtsvereins Originalkameras und -werbekataloge mitgebracht.

Die Referenten spannten dabei einen weiten Bogen von den Anfängen der Fotografie über die Entwicklung des Entwicklers Rodinal 1888 bis zum Niedergang der Agfa im Jahr 2005: Nur neun Monate, nachdem Agfa Gevaert seine Foto-Sparte an den früheren Mc-Kinsey-Berater Hartmut Emans und das Management verkauft hatte, ging Agfa-Photo pleite. 1700 Agfarianer verloren ihren Job, das Insolvenzverfahren ist bis heute nicht abgeschlossen. Der Kölner Anwalt Andreas Ringstmeier hat sich mit der belgischen Muttergesellschaft angelegt und mit der Führung von Agfa-Photo. Zwischendurch wurde schon einmal Geld ausgeschüttet, aber dieses ruhmlose letzte Kapitel des einstigen Weltunternehmens ist noch nicht beendet.

Firma gehörte zu Bayer

Die Zuhörer wurden also mitgenommen auf einen wahren Parforceritt durch die Geschichte des über viele Jahrzehnte zu Bayer gehörenden Unternehmens und die zahlreichen technischen Innovationen, viele Themen konnten nur angeschnitten werden – und wären eigentlich eigene Vorträge wert.

So machten kurze Einschübe zur Produktionsumstellung der Agfa während der beiden Weltkriege – in Leverkusen wurden etwa Folien hergestellt, die auch in Gasmasken zum Einsatz kamen –, zur divergierenden Entwicklung der Werksteile in Ost und West nach der deutschen Teilung oder aber zu Werbestrategien der Agfa Lust auf mehr.

Nach rund eineinhalb Stunden Vortrags vertiefte der eine oder andere Zuhörer die Diskussion um diesen wichtigen Teil Leverkusener Industriegeschichte noch bei einem Getränk. (mit tk)

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