Zum MuttertagEin Spiegelbild der Frauengeschichte

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Petra Dittmar mit zwei Stücken aus der Sammlung des Freilichtmuseums: Einer Tasse mit der Aufschrift „der lieben Mutter“ und einem Mutterkreuz aus der NS-Zeit.

Petra Dittmar mit zwei Stücken aus der Sammlung des Freilichtmuseums: Einer Tasse mit der Aufschrift „der lieben Mutter“ und einem Mutterkreuz aus der NS-Zeit.

Lindlar – Muttertag: Jedes Jahr am zweiten Maisonntag denken viele Menschen ganz besonders an ihre Mutter und erfreuen sie mit kleinen Aufmerksamkeiten.

Wo dieser Tag seinen Ursprung hat, wissen allerdings die Wenigsten. Petra Dittmar, Volkskundlerin des LVR-Freilichtmuseums in Lindlar, hat sich viel mit der Materie beschäftigt. „Der Muttertag kommt aus den USA und geht auf Ann Jarvis zurück“. Jarvis’ Mutter war eine Verfechterin von Frauenrechten. Nach ihrem Tod 1905 kam ihre Tochter auf die Idee, einen Gedenktag für die Mütter ins Leben zu rufen, der aber auch an die politische und soziale Benachteiligung der Frauen erinnern sollte. 1914 wurde der „Mother’s day“ in den USA offiziell anerkannt.

Nach Deutschland kam der Muttertag in der 1920er Jahren. Besonders Dr. Rudolf Knauer, der Vorsitzende des „Verbandes Deutscher Blumengeschäftsinhaber“ trieb die Etablierung dieses Feiertages in an. Vortragsreisen, Reklame, Rundfunkansprachen und nicht zuletzt aufwendig gestaltete Schaufenster von Blumenläden und Warenhäusern festigten den Status des Muttertages. Hinzu kam die neuartige Idee von Fleurop-Gründer Max Hübner, Blumen zu verschicken. Aber auch Süßwarenläden, Parfümerien und Bekleidungsgeschäfte entdeckten das Potenzial dieser Idee.

Die Nationalsozialisten instrumentalisierten den Muttertag für ihre Zwecke. Um die Rolle der Mutter in der „Volksgemeinschaft“ zu propagieren, verlieh man Müttern mit vielen Kindern das „Ehrenkreuz der Deutschen Mutter“ – das Mutterkreuz. Nach Hitler war die Mutterschaft das „Schlachtfeld der Frau“, die die Aufgabe hatte, „dem deutschen Volke“ gesunde Kinder zu gebären. Ab vier Kindern gab es das Mutterkreuz in Bronze, ab sechs in Silber und das goldene Mutterkreuz gab es ab acht Kindern. Verliehen wurde es auf staatlichen Muttertagsfeiern.

Frauenrechte statt Blumen

Ab 1939 konnte das Kreuz wegen Materialknappheit jedoch nur an Mütter ab 60 Jahren verliehen werden. Mit der Idee, die Ann Jarvis ursprünglich zu diesem Tag hatte, hatte die Auslegung der Nazis nichts mehr zu tun. „Es fand eine Überhöhung der Mutter statt, dabei war der Alltag oft anders“, beschreibt Petra Dittmar. Nach dem Zweiten Weltkrieg war erst einmal Schluss mit Muttertagsfeiern. Erst 1949, nach der Währungsreform, erschien der Tag in Zeitungen wieder in der Öffentlichkeit.

Mit den Wirtschaftswunderjahren entwickelte sich der Muttertag wieder zu einem wichtigeren Festtag, bei dem besonders die Geschenke verbunden mit dem steigenden Wohlstand größer wurden. Dabei ging der Fokus jedoch weg von der „Ehre der Mutterschaft“ hin zu einer menschlicheren Betrachtung der Mutter als „Herz der Familie“.

Doch der Muttertag war auch ein kontroverser Feiertag. Besonders in der 70er und 80er Jahren demonstrierten viele Frauen mit dem Slogan „Nicht nur Blumen – Rechte fordern wir“ für Gleichberechtigung.

An der Geschenke-Tradition hat sich bis heute wenig verändert. Blumen und Pralinen sind nach wie vor beliebt als Muttertagsgeschenk. Die kulturhistorische Bedeutung dieses Tages ist untrennbar verbunden mit der Historie der Bundesrepublik. „Der Muttertag war auch immer ein Spiegel der Frauengeschichte“, resümiert Petra Dittmar.

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