Wissenschaft vor OrtIn Morsbach ging es um die Faszination des Bösen

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Im Morsbacher Kulturbahnhof macht der Forum „Wissenschaft vor Ort“ ab sofort regelmäßig Station. Initiatoren sind Moderator Michael Braun (l.) und Professor Dr. Michael Bongardt von der Universität in Siegen.

Auch nach dem Vortrag in Morsbachs Kulturbahnhof diskutierten Michael Braun (l.) und Professor Dr. Michael Bongardt noch mit Zuhörerinnen und Zuhörern über das „Böse“.

In Morsbach beschäftigte sich das Forum „Wissenschaft vor Ort“ mit dem Guten und seinem Gegenpol, dem „Bösen“. Weitere Abende dazu folgen.

Nach dem gelungenen Auftakt der Morsbacher Initiative „Wissenschaft vor Ort“, bei dem der Begriff „Freiheit“ beleuchtet worden war, setzte Michael Braun seine Intention, Wissenschaft unmittelbar im Austausch erlebbar zu machen, als Moderator des Programms „Faszination und Schrecken – Gibt es das Böse?“ im Morsbacher Kulturbahnhof fort.

Es ist geplant, dieses Thema in mehrwöchigem Abstand aus dem Blickwinkel von sechs unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen, von der Theologie bis zur Kriminologie, auszuloten. „Es ist allen klar, dass das Böse die Gemeinschaft stört, aber es hat auch eine unglaubliche Faszination“, erklärte Braun den etwa 20 Zuhörerinnen und Zuhörern, dann stellte er die Frage in den Raum: „Brauchen wir das Böse, um uns in einer ethischen Welt zurechtzufinden?“

In Morsbach auch an die Erste Allgemeine Verunsicherung erinnert

Professor Dr. Michael Bongardt von der Universität in Siegen unternahm eine philosophische Näherung und erinnerte an den Song „Banküberfall“ der Ersten Allgemeinen Verunsicherung aus den 80er Jahren: „Das Böse ist immer und überall!“

Zunächst müsse aber unterschieden werden zwischen „bösen“ Handlungen, die Moral und Ethik verletzen, und dem „Bösen“, das eine Macht darstelle, diese zerstöre die Ordnung. Der Ethik zur Seite gestellt sei das die Ordnung aufrechterhaltende Rechtssystem, das bisweilen aber auch moralisches Unrecht und legitimierendes Recht beinhalte: „Eine endgültige Antwort gibt es nicht.“ Erschwert werde eine absolute Betrachtung durch die Veränderung der Moralwerte im Laufe der Generationen: „Jahrhundertelang war nicht Mord das schlimmste Verbrechen, sondern Gotteslästerung.“

Professor Dr. Michael Bongardt suchte im Kulturbahnhof auch den Dialog

Im Dialog mit dem Publikum wechselte der Fokus von der theoretischen Betrachtung des „Bösen“ zur ganz praktischen Faszination, die es im Alltag ausübt, sei es beim Schauen einer der unzähligen Krimiserien im Fernsehen oder bei den Streaming-Diensten oder aber auch bei der Neugier an einer Unglücksstelle. Gekoppelt mit dem Bösen sei auch die Furcht davor. Bongardt: „Angst ist Verlockung und Abstoßung zugleich und verbunden mit der Frage nach den Grenzen der eigenen Ertragensfähigkeit.“

Abschließend beleuchtete er das Kulturelle. Während im Abendland die Vorstellung vorherrsche, dass das Gute das Böse besiegen müsse, sei in Südamerika die Auffassung verbreitet, dass beide Pole – Ordnung und Zerstörung – ihre Existenzberechtigung haben: „Moral besteht nicht darin, das Böse zu besiegen, sondern ein Gleichgewicht zu finden.“


Der nächste Termin

Im zweiten Teil der Serie wird am Donnerstag, 24. August, der Neurologe Professor Dr. Thomas Gasser von der Universität in Tübingen der Frage nachgehen, ob sich bestimmte, „böse“ Verhaltensweisen von der Struktur des Gehirns ableiten lassen.

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