Doppelmord-Prozess wird neu aufgerolltVorschrift wurde nicht korrekt ausgelegt

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Den Ermittlern hatte sich im Haus ein furchtbares Bild geboten: Beide Frauen waren brutal mit einem Beil erschlagen worden.

Den Ermittlern hatte sich im Haus ein furchtbares Bild geboten: Beide Frauen waren brutal mit einem Beil erschlagen worden.

  • Wegen eines Verfahrensfehlers in der zuständigen Kammer muss der gesamte Fall neu aufgerollt werden.
  • Der Angeklagte war bereits zu lebenslanger Haft verurteilt worden.

Bergisch Gladbach/Köln – Der Doppelmord-Prozess von Schildgen gegen den Dachdecker Klaus G. (Name geändert) muss wegen eines Verfahrensfehlers komplett neu aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat das Urteil des Landgerichts Köln aufgehoben. Der Grund: Das Gericht hat eine wichtige Frist nicht eingehalten.

Angeklagt wegen brutalem Doppelmord

Nach 30 Verhandlungstagen war Klaus G. im August 2015 wegen Mordes und Totschlags an zwei Frauen zu einer lebenslangen Haft verurteilt worden. Ihm war vorgeworfen worden, Mutter (84) und Tochter (58) brutal mit einem Beil erschlagen zu haben.

Laut BGH-Beschluss hat die 5. Strafkammer des Landgerichts bei der Berechnung der Frist, in der das schriftliche Urteil abgesetzt werden muss, einen Fehler gemacht. Demnach hätte das schriftliche Urteil bereits am 10. November mit Stempel und Unterschrift bei den Akten liegen müssen.

Tatsächlich vorgelegen hat das Urteil aber erst am 23. November – 13 Tage zu spät. Hinderungsgründe gab es nicht. „Die Berechnung nach Paragraf 275 der Strafgesetzordnung ist komplex. Dabei ist uns ein Fehler unterlaufen“, sagt ein Gerichtssprecher des Landgerichts. Die Vorschrift sei nicht richtig ausgelegt worden. Die Dauer der Frist berechnet sich nach der Anzahl der Verhandlungstage.

Fall muss komplett neu aufgerollt werden

Jetzt muss eine andere Kammer des Landgerichts den Fall neu aufnehmen. Das bedeutet auch, dass alle Zeugen erneut vorgeladen werden müssen. Der Angeklagte bleibt solange in Untersuchungshaft. „Das ist eine sehr missliche Situation für uns. Aber nicht zu ändern“, sagt Ulrich Bremer, Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln, auf Nachfrage. Die Revision beruht auf einer Beschwerde der Verteidigung.

Laut Staatsanwaltschaft bestand das Tatmotiv des 53 Jahre alten Gladbachers darin, dass er den beiden Frauen 1300 Euro schuldete. Durch die Morde habe der Angeklagte verhindern wollen, dass seine Opfer seiner Ehefrau und seinem Arbeitgeber von den Schulden berichten könnten, hatte die Staatsanwaltschaft im Prozess argumentiert.

Mit insgesamt 20 Beilhieben – ausgeführt mit große Wucht auch auf die Köpfe – sind die beiden Frauen in ihrem Bungalow in einer ruhigen Wohnstraße brutal erschlagen worden. „Es war eine Gewaltexplosion“, hieß es vor Gericht.

Der Angeklagte schwieg während der gesamten Zeit

Den Ermittlern der Kölner Mordkommission hatte sich ein furchtbares Bild geboten, als sie die blutüberströmten toten Frauen fanden. Der Angeklagte schwieg die ganze Zeit zu den Vorwürfen. Seine Anwälte plädierten auf nicht schuldig.

Der 23 Jahre alte behinderte Sohn der 58-Jährigen, durch den Mord an seiner Mutter zum Vollwaisen geworden, wurde von Verwandten aufgenommen.

Für Bewegung in dem Indizienprozess sorgten Blutspuren auf dem Hauptbeweisstück, die Spurentechniker erst ein Jahr nach dem Tötungsdelikt fanden. Dabei war die Dachdeckerhose mit den Blutspuren des jüngeren Opfers bereits wenige Tage nach der Tat im Schrank des Angeklagten sichergestellt worden. Im laufenden Verfahren hatte es auch zu Verzögerungen gegeben, weil die Verteidigung einen Befangenheitsantrag gegen die Strafkammer stellte.

Chronologie des Falls

Am 12. März 2015 beginnt der Prozess gegen den 53-Jährigen vor der 5. Großen Strafkammer am Kölner Landgericht. Bereits in den ersten Verhandlungstagen stellen die Verteidiger die Aussagen mehrerer Ermittler in dem Fall in Frage.

Ende März liegt der Prozess für zwei Wochen auf Eis. Die Verteidiger stellen einen Befangenheitsantrag gegen die gesamte Strafkammer.

Mitte Mai fordert die Verteidigung, die Aussage des Leiters der Mordkommission wegen eines Formfehlers zu streichen.

Ende April fordern die Verteidiger, den Haftbefehl aufzuheben. Das Gericht lehnt ab und ordnet eine neue Beweisprüfung an.

Am 27. August wird der 53-Jährige wegen Totschlags und Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.

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