FlächennutzungsplanDie Gladbacher Bevölkerung wächst stetig

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Bergisch Gladbach – Stadtbaurat Stephan Schmickler ist besorgt. Er sorgt sich um den künftigen Flächennutzungsplan (F-Plan), dessen Neuaufstellung das wichtigstes Projekt seiner auslaufenden Amtszeit ist. Auch nach Ausscheiden aus der Funktion des technischen Beigeordneten zur Jahresmitte will er es persönlich weiter und zu Ende führen.

Doch nun droht der neu – und aus Sicht des Rathauses viel zu früh – aufflammende Streit um ein Gewerbegebiet Voislöhe diesen Zukunftsfahrplan, der die Stadt nach 40 Jahren auf neue Gleise setzen soll, zum Schlachtfeld von Einzelinteressen zu machen. Der Blick für das „große Ganze“ gehe verloren, fürchtet Schmickler.

Am Dienstag wird mal wieder – zum sechsten Mal – der F-Plan-Ausschuss tagen, der die Neuaufstellung begleitet und der sich bisher nur geringer öffentlicher Aufmerksamkeit erfreute. Es passierte auch nichts Aufregendes: Gutachter wurden beauftragt, andere Gutachter hielten Vorträge, etwa über Bevölkerungswanderungen im Großraum Köln. Welche Milieus es wo hinzieht und was das für Steueraufkommen, Pendlerströme und Infrastruktur bedeuten könnte. Die Verwaltung dozierte zu Verfahrensfragen. Fraktionsvertreter nahmen Stellung: Im Ungefähren und Grundsätzlichen, denn inhaltlich stand noch kein Beschluss an. So ähnlich sieht es auch morgen aus, drei Punkte stehen neben den Formalien an: „Vertiefende Informationen zum Flächenbedarf“, Planungskriterien und ein Bericht zum Sachstand der Bürgerbeteiligung.

Letztere soll nach den Sommerferien beginnen, doch der Bürger drängt bereits heran – in Gestalt der Bürgerinitiative Voislöhe, die aus ihrem bisherigen Kampf gegen ein Gewerbegebiet an der L 289 im Osten der Stadt die Lehre gezogen hat: Je früher der Widerstand einsetzt, desto eher hat er Erfolg. Immerhin hat man der Politik so schon vor dem Start des F-Plan-Verfahrens noch in der vergangenen Legislaturperiode den Verzicht auf einen Teil des Gewerbegebietes abgerungen beziehungsweise auf die Möglichkeit, irgendwann in den nächsten 20 Jahren – der F-Plan soll den Zeitraum bis 2035 abdecken – dort ein Gewerbegebiet planen zu können. Auch an der Brüderstraße in Broichen formieren sich Bürger zu einer Ablehnungsfront, denn auch dort liegt eine Potenzialfläche. Je mehr Widerstand sich artikuliert, desto mehr Nachahmer findet er, denn die Anlieger jeder weiteren Fläche fragen sich: „Warum soll bei uns hin, was die anderen nicht wollen?“ Das Interesse der Allgemeinheit bleibe dabei auf der Strecke, warnt Schmickler.

Morgen soll es also um Flächenbedarf gehen, und zwar zuerst mal nicht ums Gewerbe, sondern ums Wohnen: Da ist der Flächenbedarf erheblich größer, derzeit noch dringlicher (siehe Flüchtlingsproblematik), und die Standorte für neue Siedlungen sind keineswegs leichter zu finden als Gewerbezonen. Bis 2035 ist mit einem Anstieg auf 120 000 Einwohnern zu rechnen (siehe: Gladbach wird wachsen). Gegenüber den Planungen 1975 bei der kommunalen Neugliederung wirkt das moderat: Damals hatte man die neue Stadt Bergisch Gladbach auf 130 000 Einwohner veranschlagt. „Aber solche Baudichten und Bauformen mit zehn Stockwerken kommen heute nicht mehr in Frage“, betont Schmickler.

Verglichen mit dem Wohnflächenbedarf mutet die Gewerbeflächenanforderung fast bescheiden an: Nur 55 Hektar werden gebraucht. Vor vier Jahren ging man sogar von nur 20 aus, inzwischen hat aber eine Analyse der Gewerbebrachflächen gezeigt, dass man die Reserven viel zu optimistisch eingeschätzt hat. Praktisch ist nichts da.

Entsprechend dem Bevölkerungswachstum kalkulieren die Gutachter mit 124 bis 166 neuen Arbeitsplätzen jährlich, die in der Stadt geschaffen werden müssen. Dafür sind 37 bis 75 Hektar Gewerbeflächen notwendig, die 55 stellen einen Mittelwert dar. Die sehr wellige Topographie mit vielen Böschungs- und Erschließungsflächen lassen den unteren Wert als sehr unrealistisch erscheinen.

F-Plan-Ausschuss, 15. März, 17 Uhr, Ratssaal Bensberg

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