FriedhöfeGrabmäler erinnern an Bergisch Gladbacher Persönlichkeiten

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Der Papiermacher Johann Wilhelm Zanders starb lange vor seiner Frau. Sein Grab befindet sich neben der Gnadenkirche. 1869 fand mit der Beisetzung von Julie Zanders hier das letzte Begräbnis statt.

Der Papiermacher Johann Wilhelm Zanders starb lange vor seiner Frau. Sein Grab befindet sich neben der Gnadenkirche. 1869 fand mit der Beisetzung von Julie Zanders hier das letzte Begräbnis statt.

Bergisch Gladbach – Bergisch Gladbach. Friedhöfe sind Orte der Stille – und erzählen doch Geschichten. Viele Grabsteine sind von kulturhistorischem Interesse und erinnern an Persönlichkeiten der Stadtgeschichte. Ein Gang mit der Stadtführerin Roswitha Wirtz über den alten und den neuen evangelischen sowie den katholischen Friedhof im Zentrum von Bergisch Gladbach.

Gerhard Ebeler (1877 – 1956)

Gerhard Ebeler, der vor 60 Jahren starb und auf dem katholischen Friedhof beigesetzt wurde, war eigentlich Bildhauer von Beruf. Seine wahre Leidenschaft gehörte aber dem kölschen Liedgut. Geboren in Köln, textete er ab 1910 in Mundart zahlreiche Karnevalsschlager und -revuen, nahm Schallplatten auf. Von ihm stammt „Woröm es et am Rhing su schön?“ oder auch „Kölsche Mädcher, kölsche Junge“.

Bis in die USA wurde er bekannt mit „Du kannst nicht treu sein“ – ein Lied, das wie viele zuvor in Zusammenarbeit mit dem Komponisten Hans Otten produziert wurde. „In Köln ist Ebeler bekannter als hier“, sagt Stadtführerin Roswitha Wirtz über den Zeitgenossen Willi Ostermanns. Ebelers Texte entstanden in der Küche von Fisch-Julchen. Die hieß eigentlich Julie, war seine Frau und betrieb in der Laurentiusstraße einen Fischladen. Das Paar blieb kinderlos. So übernahm Neffe Heinz Brombach das Fischgeschäft.

Der Papiermacher Johann Wilhelm Zanders starb lange vor seiner Frau. Sein Grab befindet sich neben der Gnadenkirche. 1869 fand mit der Beisetzung von Julie Zanders hier das letzte Begräbnis statt.

Der Papiermacher Johann Wilhelm Zanders starb lange vor seiner Frau. Sein Grab befindet sich neben der Gnadenkirche. 1869 fand mit der Beisetzung von Julie Zanders hier das letzte Begräbnis statt.

Julie Zanders (1804 – 1869)

Als Frau die Geschicke eines Unternehmens zu leiten, das war in ihrer Zeit nicht leicht. Doch Julie Zanders, Tochter des Papierfabrikanten Gustav Müller aus der Dombacher Mühle, war früh Witwe geworden. 1831 starb ihr Mann Johann Wilhelm Zanders mit gerade einmal 36 Jahren.

Jeden Morgen betrat sie pünktlich das Kontor und sah in der Fabrik nach dem Rechten. Sie hatte die einzige Prokura und verwaltete allein die Kasse. „Ein Firmenkonkurs war ihr Albtraum, und so wurde sie zur Bewahrerin des Unternehmens“, erzählt Stadtführerin Roswitha Wirtz. Obwohl sie später nach Bonn übersiedelte, gelang es ihr, das Unternehmen für ihre Söhne zu erhalten. Sie ist an der Seite ihres Mannes auf dem alten evangelischen Friedhof neben der Gnadenkirche begraben. Roswitha Wirtz: „Julie Zanders wurde als Letzte hier bestattet.“

Louis Weber (1886 – 1945)

Louis Weber hatte gern Spaß. Nicht nur im Karneval, sondern auch in den weniger närrischen Momenten des Lebens. Der erste offizielle Karnevalsprinz in Gladbach zog am Fastnachtsdienstag 1928 in einem triumphalen Karnevalszug durch die Straßen.

Die Begeisterung hatte ihren Grund: Genau genommen startete der Zug mit lächerlichen 14 Jahren Verspätung. Denn schon 1914 hatte man sich um eine derartige Veranstaltung bemüht. Die Vorbereitungen waren abgeschlossen, da verbreitete sich die Nachricht, dass der Bürgermeister Bernhard Schröter am Karnevalssamstag gestorben war – der Zug wurde abgesagt. Durch den Ersten Weltkrieg und ein anschließendes Verbot karnevalistischer Aktivitäten lagen die närrischen Pläne bis 1926 brach. 1927 wurde die „KG Große Gladbacher“ gegründet.

Auch wenn er gerade einmal nicht in der Bütt oder auf dem Prinzenwagen stand, war der Metzgermeister bester Stimmung; nicht immer zur Freude kleinkarierter Bürokraten. „Als er sich einmal in einem Hotel einquartierte, sollte er Angaben zu seiner Person machen“, so Stadtführerin Roswitha Wirtz. „Ins Buch schrieb er: »Louis Weber mit Koffer«.“ Den wird er auf seiner letzten Reise wohl nicht dabei gehabt haben. Louis Weber ruht in einem der wenigen gut erhaltenen Lampengräber auf dem katholischen Friedhof. „Dabei handelt es sich um ein Grabmal des Reformtypus“, sagt Wirtz. Typisch für diese Grabmalform sind die in den Seitenwänden integrierten Laternen und die eingefassten Pflanzbecken.

Johann W. Paas (1801 – 1889)

Er galt als der Mann mit den sieben Berufen: Johann Wilhelm Paas war Krämer, Bäcker, Gastwirt, Bierbrauer, Schnapsbrenner, Landwirt und Posthalter. Ruhe fand der umtriebige Mann auf dem evangelischen Friedhof auf dem Quirlsberg. 1842 hatte Paas in Gladbach die erste Postexpedition eröffnet. In der Poststelle stand man gleich vor einem Problem, hatte doch die preußische Post schon leidvolle Erfahrungen gemacht mit Städten gleichen Namens. Mülheim am Rhein und Mülheim an der Ruhr führten nicht selten zu Verwechslungen, und mit Gladbach war Ähnliches zu befürchten. Denn der Poststempel „Gladbach“ war bereits an „Mönchen Gladbach“ vergeben, und die Bezeichnung „Gladbach im ehemaligen Herzogtum Berg“ passte auf keinen üblichen Stempel. „1863 wurde durch postamtliche Verordnung der Name Bergisch Gladbach festgelegt“, sagt Stadtführerin Roswitha Wirtz. Seine Frau Wilhelmine starb 1856 und wird auch auf dem Familiengrab auf dem Quirlsberg erwähnt. Beerdigt wurde sie aber noch einige Meter unterhalb, auf dem alten Friedhof neben der Gnadenkirche.

J. Schmallenbach (1897 – 1945)

A. Schmallenbach (1921 – 1945)

Es geschah am 3. Februar 1945. Anneliese Schmallenbach, gerade einmal 24 Jahre alt, stand mit ihrem Vater Josef in der Schlange vor der Metzgerei Abels an. Dort, im Geschäft an der Ecke Hauptstraße/Johann-Wilhelm Lindlar, in dem sich heute eine Bäckerei befindet, gab es Wurstbrühe zu ergattern. In den mageren Kriegszeiten bildete sich schnell eine Warteschlange aus Männern und Frauen mit Töpfen und Kannen in der Hand. Noch bevor Anneliese und ihr Vater an der Reihe waren, flogen Bomber einen Angriff auf die Stadt. Vermutliches Ziel waren der nahe Güterbahnhof und Industrieanlagen. Stattdessen töteten die Bomben 54 Zivilisten, darunter Vater und Tochter Schmallenbach. Wie viele andere Opfer des Zweiten Weltkriegs fanden sie ihre letzte Ruhestätte auf dem Ehrenfriedhof der Stadt Bergisch Gladbach auf dem katholischen Friedhof.

Hier wurde auch ein „unbekannter Flugzeugführer“ beigesetzt, der mit einem deutschen Jagdbomber Weihnachten 1944 auf einem Acker an der Kempener Straße in Paffrath zerschellte. Wrack und Pilot wurden erst 1967 vom Bombenräumkommando aus einer Tiefe von knapp drei Metern geborgen. Trotz intensiver Bemühungen konnte der Pilot bis heute nicht identifiziert werden.

Helmut Feiber (1898 – 1915)

Das steinerne Kreuz ist neu, obwohl Helmut Feiber bereits mehr als 100 Jahre tot ist. Mit nur 17 Jahren starb der Schuljunge, der ein Held sein wollte, in einer der schrecklichen Schlachten des Ersten Weltkrieges. Das Schulmuseum Bergisch Gladbach hat sein kurzes Leben in einer Sonderausstellung beleuchtet.

In seinen rund 350 Feldpostkarten und Briefen von der Westfront spiegelt sich seine glühende Begeisterung darüber, in den Krieg ziehen zu dürfen; schilderte er die Kämpfe an der Front, das Leben im Schützengraben als Abenteuer. Bis auch er von der Realität und vom Tod eingeholt wird. Anders als die meisten Soldaten wurde Helmut Feiber nicht auf einem der vielen Soldatenfriedhöfe in Frankreich bestattet, sondern seine nicht unvermögenden Eltern ließen den Leichnam nach Hause bringen und auf dem evangelischen Friedhof beisetzen.

Katharina Heuser (1915 – 2004)

Hätte der Steinmetz ein Symbol für Katharina Heuser in den Stein auf dem katholischen Friedhof schlagen müssen, dann hätte dies nur eine Flasche sein können. Dies nicht etwa, weil „et Schmitters Kathrinchen“, wie sie vertraulich in der Stadt genannt wurde, ein Problem mit dem Alkohol gehabt hätte. Ihre Leidenschaft für Flaschen und ihren Inhalt war rein geschäftlicher Natur.

Seit 1953 betrieb die Gladbacherin, die einer Gastwirtsfamilie entstammte, mit Elan und Erfolg einen Spirituosenladen an der Odenthaler Straße, der heute noch existiert. Zunächst mit ihrem Mann, dann zunehmend selbstständig. „Der nach ihr benannte Kathrinchen-Sekt wird noch heute traditionell am Weltfrauentag in Bergisch Gladbach ausgeschenkt“, erzählt Roswitha Wirtz.

Dabei waren die Anfänge nicht leicht. „Alles (Geld) was reinkam, wurde ins Geschäft gesteckt“, erinnert sich Katharina Heuser später in einer von Martin Rosswog 1985 herausgegebenen Publikation. „Und in der Wohnung keine Tapete an der Wand.“

1960 wollte sie sich in großem Stil auf Wein spezialisieren, nicht ausschließlich Spirituosen verkaufen, und traf dabei auf familiären Widerstand. Der konnte sie jedoch nicht aufhalten: Heimlich machte sie sich auf den Weg, um bei den Winzern Ware zu ordern.

„Ich mich schnell umgezogen, das Geld eingesteckt, in mein kleines Fiatchen rein und einfach weg an die Mosel. Das Geld versteckte ich unter dem Fahrersitz. Fast 10 000 Mark waren das, alles in kleinen Scheinen.“ (…) „Man musste ja bar bezahlen, mit Schecks ging das nicht.“ Damit deckte sie sich in den Kellereien ein. Das Wagnis zahlte sich aus: „Das war so ein richtiger Durchbruch“, freute sie sich Jahre später.

Katharina Schmitter starb im Jahr 2004 mit 89 Jahren. Passenderweise ereilte sie der Tod in ihrem Laden – sie fiel an der Theke einfach um. Als die Bestatter kamen, so gibt Roswitha Wirtz bei ihren Führungen regelmäßig zum Besten, sollen ihre Kinder zu den Männern gesagt haben: „Lot de Motter evens lieje, mer trenke ierscht eene“ (Lass die Mutter erst mal liegen, wir trinken erst einen). Und so sei es geschehen.

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