GeländeEin Drittel von Zanders wird verkauft – Stadt wägt ab bei Vorkaufsrecht

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Das Zanders-Industriegelände im Herzen von Bergisch Gladbach wird neu überplant.

Das Zanders-Industriegelände im Herzen von Bergisch Gladbach wird neu überplant.

Bergisch Gladbach – Die Zanders-Geschäftsleitung hatte in den vergangenen Monaten immer wieder angekündigt, nicht genutzte Fläche zu vermieten oder zu verkaufen. Die Würfel scheinen gefallen: Gestern teilte das Unternehmen mit, dass 130 000 Quadratmeter – etwa ein Drittel der gesamten Zanders-Fläche – an die Triwo Unternehmensgruppe verkauft werden soll. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Eine riesige Fläche im Herzen der Stadt soll also einen neuen Eigentümer bekommen. Dennis Müller, Sprecher von Triwo: „Wir sind Spezialisten in der Verwertung von alten Industriestandorten und sind davon überzeugt, dass wir auch in Bergisch Gladbach Erfolg haben werden.“ Es gehe um die Entwicklung von „hochwertigen gewerblichen Nutzungen“ – eine Wohnbebauung sei nicht angedacht. Allerdings gibt es nach Informationen dieser Zeitung zumindest zwei Ausstiegsklauseln für Triwo.

Erstens, wenn die Altlasten doch größer sind als erwartet. Zweitens, wenn es nicht gelingt, einen neuen Bebauungsplan für die gekauften Flächen zu entwickeln. Beim Bebauungsplan ist die Stadt gefordert. Sie hat es in der Hand, auf die Vorstellungen des Käufers einzugehen – oder eben nicht.

Dritte Möglichkeit

Und es gibt noch eine dritte Möglichkeit, die den Kauf der Zanders-Flächen durch Triwo verhindern würde: Wenn die Stadt von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht. Und da gibt es derzeit kein eindeutiges Nein oder Ja. Bürgermeister Lutz Urbach: „Wir prüfen, was für die Stadt das Beste ist.“ Selbstverständlich sei der Kaufpreis entscheidend. „Für fünf Euro kaufen wir sofort, bei fünf Milliarden lassen wir die Finger davon.“ Noch kenne die Stadt den Vertrag zwischen Zanders und Triwo nicht.

Aber man werde von der Entwicklung ja nicht überrascht. Selbst wenn die Stadt vom Vorkaufsrecht keinen Gebrauch mache, sei man über das Planungsrecht weiter im Boot. „Wir sind an einer städtebaulichen Lösung interessiert und werden einen Flickenteppich im Sinne von »ein bisschen Gewerbe hier, ein paar Büros dort« nicht mitmachen. Auf die Pläne von Triwo sind wir sehr gespannt.“

Aus ganz anderer Perspektive beurteilt die Zanders-Geschäftsführung den Verkauf: Das Unternehmen steckt mitten in der Umstrukturierung und braucht das Kapital, um weiter ins Werk zu investieren. Zanders-Unternehmenssprecher Tobias Müller: „Damit können wir den Produktionsstandort weiter stärken.“ Zanders gehört seit 2015 der Münchener Mutares AG. Deren erklärtes Ziel ist es, Zanders wieder zu einer profitablen Papierfabrik zu machen – und dann zu verkaufen.

Rund um die Sanierung hatte es in den vergangenen Monaten gute Nachrichten aus dem Werk gegeben. „Die Auslastung der Maschinen steigt ständig“, so ein Zanders-Mitarbeiter. Die Idee, neues Gewerbe auf dem nicht genutzten Areal anzusiedeln ist nicht neu. Schon unter finnischer Leitung war versucht worden, einen „Business-Park“ aufzubauen.

Zentrale Rolle spielte dabei immer das Kraftwerk, um das sich die verschiedenen Gewerke ansiedeln sollte. Bis heute reines Wunschdenken. Was allerdings unter der neuen Zanders-Geschäftsführung zügig umgesetzt wird, ist die Vermietung von Büroflächen.

Klaus Waldschmidt, als Vorsitzender der SPD-Ratsfraktion einer der Schlüsselleute der großen Kooperation, die den Bürgermeister stützt, ist prinzipiell aufgeschlossen für eine Ausübung des Vorkaufrechts. „Das ist eine ganz zentrale Fläche für die Stadtentwicklung. Deswegen haben wir dieses besondere Vorkaufsrecht ja seinerzeit beschlossen.“

Zwei Bedingungen

Er weist aber auf zwei Bedingungen hin, die geklärt werden müssten. „Das eine ist der Kaufpreis, der muss realistisch sein, das heißt, einigermaßen deckungsgleich mit dem Grundstückswert. Dafür haben wir seinerzeit Gutachten in Auftrag gegeben, damit wir nicht im Nebel tappen.“ Das andere sei die Frage, wer für Altlasten haftet und in welchem Umfang. Wenn das Altlastenrisiko mit einem Kaufpreisabschlag abgegolten ist, sitzt man eventuell auf einer Zeitbombe.

Außerdem gibt es juristische Fragen im Zusammenhang mit einem Erwerb. Die naheliegendste Lösung – der Stadtentwicklungsbetrieb SEB kauft die Fläche als rentierliches Investment, finanziert über derzeit günstige Kredite – könnte daran scheitern, dass die Stadt selbst kaufen muss, wenn sie das Vorkaufsrecht anwendet. Bei Weitergabe an die SEB könnten steuerliche Probleme auftreten. Waldschmidt: „Am nächsten Mittwoch haben wir ein Gespräch mit der CDU, dem Bürgermeister und den Anwälten. Bis dahin sollen diese Fragen geklärt sein.“

CDU-Fraktionschef Dr. Michael Metten will sich erst äußern, wenn die Vertragsdetails auf dem Tisch liegen. „Wir können nicht nachverhandeln, sondern müssen in den Vertrag so einsteigen, wie Zanders ihn mit dem Originalkäufer abgeschlossen hat. Das will sorgsam abgewogen sein. Es geht um eine Industrie-Immobilie im Herzen der Stadt, die überlegt entwickelt werden will.“ Man habe auch über das Planungsrecht noch ausreichend Möglichkeiten der Einflussnahme.

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