Neues Lernzeiten-ModellLehrer der Concordiaschule nehmen Abschied von Hausaufgaben

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Konrektorin Anne Nolte (l.) und Lehrerin Heidi Hembach leiten eine Kindergruppe der Concordiaschule an.

Konrektorin Anne Nolte (l.) und Lehrerin Heidi Hembach leiten eine Kindergruppe der Concordiaschule an.

  • An der Concordiaschule in Schildgen sollen die Hausaufgaben in ihrer traditionellen Form bald einem neuen Lernzeiten-Konzept weichen.
  • „Es war eigentlich gar nicht unser primäres Ziel, die Hausaufgaben abzuschaffen“, sagt Schulleiter Manuel Blum, der das Thema Lernzeiten-Konzept ungern darauf reduziert sehen möchte.

Bergisch Gladbach – Hausaufgaben und Schule – das ist bis heute ein unzertrennliches Gespann, meist nach dem klassischen Muster: vormittags Unterricht in der Schule, nachmittags Hausaufgaben am heimischen Schreibtisch oder in der Betreuung.

Dabei gelten Nutzen und Lernzuwachs dieses Modells inzwischen als fragwürdig. An der Concordiaschule in Schildgen sollen daher die Hausaufgaben in ihrer traditionellen Form bald einem neuen Lernzeiten-Konzept weichen.

„Es war eigentlich gar nicht unser primäres Ziel, die Hausaufgaben abzuschaffen“, sagt Schulleiter Manuel Blum, der das Thema Lernzeiten-Konzept ungern darauf reduziert sehen möchte. „Wir haben überlegt, wie wir das Lernen besser gestalten und Ressourcen besser nutzen können“, erläutert er. So kam bald alles auf den Prüfstand, auch die Hausaufgaben.

Die gelten Kritikern schon seit längerer Zeit als Relikt aus Schultagen, die nur Frontalunterricht und identische Aufgaben für alle kannten. Heute, da in den Klassen viel in Gruppen gearbeitet und auf den individuellen Lernfortschritt Rücksicht genommen wird, passen die starren Hausaufgaben häufig nicht mehr ins Konzept.

Auf Blums Negativliste steht, dass Hausaufgaben kaum kreatives und nachhaltiges Lernen ermöglichten, viel Zeit im Unterricht für Aufgabenstellung, Kontrolle und Besprechung verbraucht werde. „Werden Hausaufgaben sorgsam gestellt und kontrolliert, bleibt in einer Einzelstunde eine effektive Lernzeit von etwa 35 Minuten“, sagt der Schulleiter. Das sei zu wenig, kritisiert er. Zudem führten Hausaufgaben oft zu Beziehungskonflikten zwischen Schülern, Lehrern und Eltern, was kontraproduktiv für entspanntes, freudiges Lernen sei.

Schüler versuchten falsche oder vergessene Hausaufgaben zu verbergen, Lehrer müssten kontrollieren und ahnden, Eltern Hausaufgaben nachhalten und betreuen. Auch zwischen Eltern und Lehrern komme es häufig zu Missverständnissen: Korrigieren oder nicht? Das vergessene Mathebuch aus der Schule holen oder das Kind ohne Hausaufgaben in den Unterricht schicken? Helfen oder alleine anfertigen lassen? Die Unsicherheit sei groß.

Dabei sei die wichtigste Frage: „Was braucht ein Schüler, um gut lernen zu können?“, sagt Blum. Daher schaffe man nicht einfach Hausaufgaben ab, sondern organisiere den ganzen Schultag so, dass Kinder motiviert und ermutigt würden, ihre Fähigkeiten zu entdecken und auszuprobieren. Dazu soll ab dem kommenden Schuljahr an der Concordiaschule der Stundenplan für die 240 Schüler anders gestaltet werden. Der Unterrichtstag wird an drei Tagen 15 Minuten länger dauern und in Stunden und Blöcke aufgeteilt. Dafür kommen die Jungen und Mädchen ohne Hausaufgaben nach Hause. Mittelfristiges Ziel sind längere Unterrichtseinheiten sowie Projektzeiten, offene Lernzeit und jahrgangsstufenübergreifende Angebote.

Schule und Offener Ganztag werden zudem stärker miteinander verzahnt. Mitarbeiter des Offenen Ganztags sollen die Lehrer unterstützen. 50 Schulstunden könnten Betreuer und Helfer beim „reproduzierenden Lernen“, also beim Üben in kleinen Gruppen leisten, rechnet Blum vor. Von der intensiven Zusammenarbeit verspricht sich Jörg Schwagereit, Leiter des Offenen Ganztags, positive Effekte: „Die Nachmittage stehen dann nicht mehr im Zeichen der Hausaufgaben, sondern können für andere Projekte genutzt werden.“

Derzeit wirbt die Schulleitung intensiv für das Projekt, denn nicht alle Eltern seien überzeugt, so Katrin Tiné, Vertreterin der Elternschaft. Einige befürchteten, dass sie mit dem neuen Konzept nicht mehr mit dem Kind zu Hause für die Schule lernen könnten, benennt Katrin Tiné eine der Sorgen aus der Elternschaft.

Lernthemen für Zuhause sollen hier eine Möglichkeit bieten. Zudem gebe es Bedenken, dass die Kinder nicht ausreichend auf die weiterführenden Schulen vorbereitet würden und dort dann versagten. Freie Potenzial-Entfaltung, hält Blum dagegen, sei aber kein Widerspruch zu Leistung – ganz im Gegenteil.

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