SchülerMarc Hertling beschäftigte sich mit der Geschichte der Strunde

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An manchen Stellen ist die Strunde kein Kellerkind mehr. Wie hier an der Buchmühle wurde sie aus dem Rohr befreit.

An manchen Stellen ist die Strunde kein Kellerkind mehr. Wie hier an der Buchmühle wurde sie aus dem Rohr befreit.

  • Der Wissensdrang vieler Schüler beschränkt sich nicht auf den Unterricht: Im Rahmen einer Facharbeit hat sich Marc Herting mit der wechselvollen Geschichte der Strunde befasst.
  • Er sieht die Strunde jetzt mit anderen Augen.

Bergisch Gladbach – Lange Zeit wurde sie stiefmütterlich behandelt. Die Strunde war in ferner Vergangenheit verlässlicher Trink- und Brauchwasserlieferant, später brachte sie die nötige Wasserkraft für die zahlreichen Mühlen an ihrem Ufer. Zum Dank wurde ihr das Wasser abgegraben, sie wurde als Abwasserkanal missbraucht, schließlich in finstere Rohre gesteckt und in den Untergrund abgeschoben. Ein Schicksal, von dem sich der Bach, der in Herrenstrunden entspringt, erst langsam wieder erholt. „Die Strunde. Wirtschaftsmotor oder Abwasserkanal“, lautet dann auch der Titel der Untersuchung, die Marc Hertling, Schüler der Integrierten Gesamtschule Paffrath, als Facharbeit vorlegte.

Ein lokales Thema wollte der 17-Jährige, der bereits im vergangenen Jahr am Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten teilgenommen hatte, bearbeiten. „Eigentlich hatte ich geplant, über die alte Kanalisation in der Stadt zu schreiben“, sagt Hertling. Doch erste Recherchen ergaben, dass die Quellenlage recht dünn ist, die Kanäle in ihrer Bauzeit kaum dokumentiert wurden. „Im Gespräch mit einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung ging es aber immer wieder um die Verschmutzung des Bachwassers, um das Großprojekt »Strunde hoch vier«, um Hochwasserschutz und Renaturierung“, erklärt Hertling, wie er zu seinem Thema kam.

Mit Hilfe der Quellen im Stadtarchiv entwarf der Schüler das Bild eines Baches, der den wirtschaftlichen Aufschwung des kleinen bergischen Ortes erst möglich machte, der selbst dafür aber geopfert wurde. „Die Überschätzung der Selbstreinigungskräfte von Gewässern stellt einen Irrtum dar, der sich lange in den Köpfen der Menschen halten sollte“, so Hertling. Den Beweis dafür führte der Bach den Gladbachern deutlich vor Augen: Schon 1834 wurde das erste Fischsterben registriert, das nicht das letzte bleiben sollte. „Ab 1900 begann die Papierfabrik Zanders, Grundwasser für die Papierherstellung zu nutzen. Dadurch verlor die Strunde einen großen Teil ihres Quellwassers, was zu noch größerer Verschmutzung führte, weil der Bach mit weniger Wasser mehr Schadstoffe ableiten musste“, erläutert der Schüler. 1902 habe die Mülheimer Zeitung das Strundewasser als „schmutzig-graue, undurchsichtige Flüssigkeit“ bezeichnet.

Aus Angst vor Abwanderung der wichtigen Industrie am Ort habe die Politik wenig getan, um die Zustände zu verbessern. Mit der Kanalisierung wurde die Lage nicht besser. Es wurde weiter Abwasser eingeleitet, nur dass nun „das öffentliche Interesse weiter sank“, weil die Strunde ja aus dem Blickfeld verschwunden war. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg brachten schärfere gesetzliche Vorgaben wie das Wasserhaushaltsgesetz von 1957 und neue Techniken der Wasserklärung eine Verbesserung. Heute gelte das Strundewasser nur noch als wenig bis mäßig verschmutzt.

Mit dem Stadtarchiv böten sich ideale Möglichkeiten für die Recherche, kommentierte Burkhard Müsken, der die Arbeit als Lehrer betreut hat.. „Die Schüler sehen dann, dass das Stadtarchiv keine verstaubte Angelegenheit, sondern ein spannender Forschungsort ist.“ Ebenso spannend wie die Geschichte eines kleinen Baches. Marc Hertling: „Ich sehe die Strunde jetzt schon mit anderen Augen.“

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