Verwahrloste WohnungSeniorin starb unbemerkt – Nachbarn leiden unter Katzengestank

Lesezeit 3 Minuten
Sozial völlig isoliert lebte die Seniorin im 13. Stock im Wohnpark Gronau mit ihren Katzen.

Sozial völlig isoliert lebte die Seniorin im 13. Stock im Wohnpark Gronau mit ihren Katzen.

Bergisch Gladbach – Sie starb still und unbemerkt in einem anonymen Hochhaus im Wohnpark Gronau an der Mülheimer Straße. Vier Tage lang lag die 85-Jährige tot in ihrer Wohnung im 13. Stock – bis sie gefunden wurde. Das war Anfang Mai.

Die Nachbarn auf der Etage leiden sechs Wochen später immer noch unter dem Gestank, der aus der verwahrlosten Wohnung strömt. Die Seniorin lebte dort mit sechs Katzen.

„Es stinkt fürchterlich nach Müll“, beschreibt Nachbar Hubert H. den unangenehmen Geruch, der durch den Hausflur in seine Wohnung zieht. In allen Zimmern hat er Duftkerzen aufgestellt, ständig ist er im Hausflur mit einer Sprühdose zugange, um die penetranten Gerüche zu überdecken. „Mir wird schlecht davon“, sagt der 70-jährige Rentner. Seinen Namen will er nicht nennen, weil er befürchtet, Ärger mit der Hausverwaltung zu bekommen.

Beschwerden wegen Geruchsbelästigung ignoriert 

Seine Beschwerden dort wegen der Geruchsbelästigung seien bislang ignoriert worden: „Dabei muss doch da endlich etwas passieren“, sagt er verzweifelt. Seine Wäsche könne er nicht mehr auf dem Balkon trocknen. Hubert H. vermutet, dass die Fenster in der Wohnung der Verstorbenen offenstehen, so dass der Wind den Mief in seine Richtung treibt.

Viel weiß Hubert H. nicht über die verstorbene Nachbarin. Sie habe zurückgezogen zwei Türen weiter gelebt, habe keinerlei Kontakte gepflegt. Man habe sie tagsüber selten gesehen. Nachts sei sie immer raus gegangen, um wilde Katzen zu füttern, weiß der Nachbar.

Als niemand öffnete, rief der Fahrer eines Krankentransports die Polizei. Die Beamten ließen die Tür von der Feuerwehr aufbrechen und fanden die Leiche der alten Dame. Mitarbeiter des städtischen Ordnungsamtes brachten die sechs Katzen in ein Tierheim.

Anonymer Tod keine Ausnahme

„So ein anonymer Tod passiert nicht häufiger in so großen Wohnanlage als in Wohnstraßen mit Einfamilienhäusern“, sagt Astrid Schultheis, Geschäftsführerin der Immobilienverwaltung Focus aus Brühl, die den Wohnpark Gronau mit 330 Wohnungen betreut. Schultheis weiß aus ihrer 30-jährigen Berufserfahrung, dass ein unbemerkter Tod „in der heutigen Zeit keine Ausnahme ist“. Es gebe viele Menschen, die kein soziales Umfeld hätten.

Der Gestank, der jetzt aus der Wohnung ströme, sei kein Verwesungsgeruch, sondern stamme von den Katzen. Die Entrümpelung der Wohnung sei für diese Woche geplant. Anschließend müsse die Wohnung kernsaniert werden.

In erster Linie seien zwar die Angehörigen zur Übernahme der Kosten verpflichtet, sagt Schultheis. Sind keine Verwandten auffindbar wie bislang in diesem Fall oder haben diese das Erbe ausgeschlagen, könne von Gesetzes wegen der Wohnungseigentümer belangt werden. Die vom Gestank belästigten Nachbarn bittet Schultheis um Verständnis. Bevor die Sachen der Verstorbenen entsorgt würden, habe die Hausverwaltung versucht herauszufinden, ob es nicht doch noch jemanden gibt.

Hubert H. tut das Schicksal der Frau sehr leid: „Aber ich hätte auch nicht gewusst, wie ich hätte helfen können.“

Anonyme Beisetzung

Die Frau aus Gronau, die unbemerkt gestorben ist und erst einige Zeit später gefunden wurde, ist laut des städtischen Ordnungsamtes der zweite Fall in diesem Jahr. Im nüchternen Bürokratendeutsch heißt es „Bestattung von Amts wegen“ , wenn jemand stirbt und weder Angehörige noch Freunde sich um die Beerdigung kümmern. In solchen Fällen sorgt das Ordnungsamt für die kostengünstige Beisetzung auf einem anonymen Gräberfeld. In diesem Jahr waren es „von Amts wegen“ bis jetzt 25 Beerdigungen innerhalb der gesetzlichen Frist von zehn Tagen bis zur Erdbestattung. 2015 ordnete das Amt 39 und 2014 42 Beerdigungen an. In den vergangenen drei Jahren schwankten die städtischen Ausgaben zwischen 8000 und 25 000 Euro, je nachdem ob noch Geld des Verstorbenen vorhanden war. (ub)

KStA abonnieren