Zuhause im BergischenDarum kehrte Musikerin Tanja Heesen nach Herkenrath zurück

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An der Schulte-Orgel in der Kirche St. Severin hat Tanja Heesen zahllose Übungsstunden verbracht.

An der Schulte-Orgel in der Kirche St. Severin hat Tanja Heesen zahllose Übungsstunden verbracht.

Bergisch Gladbach – „Meine Freunde sind in der ganzen Welt verstreut“, sagt Tanja Heesen. „Aber nach und nach kommen sie alle zurück nach Sand.“

Die Wohnungen und Häuser sind so gefragt, dass die Musikerin nach Herkenrath ziehen musste, als auch sie 2012 Heimweh nach dem Dorf ihrer Kindheit bekam. Das historische, idyllische Sand ist nur ein kleiner Kosmos der Kreisstadt.

„Wer aus Herkenrath oder Heidkamp kommt, der kommt schon von weither“, sagt die Musikerin lachend. Auch Tanja Heesen hat jahrelang in Düsseldorf und Köln gelebt. „Aber ich bin einfach kein urbaner Mensch“, musste sie erkennen.

Wir treffen die 42-jährige Künstlerin und Sozialarbeiterin im Haus ihrer Eltern oben an der Dombach-Sander Straße: „Hier sind wir hergezogen, als ich sieben Jahre alt war.“ Die Sonne brennt heiß, und der Garten ist kühl. Kirchenglocken läuten. Die neugotische Kirche St. Severin ist nur wenige Schritte entfernt.

Bis in die Nacht an der Orgel geübt

„Jeden Tag habe ich hier während des Studiums geübt, teilweise vier Stunden am Tag, manchmal bis in die Nacht“, erinnert sich die Kirchenmusikerin und schwärmt vom klaren, voluminösen Klang der Schulte-Orgel mit ihren „schönen, katholischen Registern“.

Wir holen den Schlüssel zur Kirche aus der Wohnung eines Jugendfreunds; der ist zwar verreist, aber man kennt sich halt gut. Steile Stufen führen auf die Empore, wo das verhältnismäßig unscheinbare Instrument steht. „Die kenne ich im Schlaf“, sagt Tanja Heesen und stimmt ein paar Akkorde an.

Heute spielt sie wieder ab und zu die Messe und freut sich, „dass ich dabei zu Fuß zur Arbeit gehen kann“. St. Severin ist eine Art Zentrum des alten Dorfs, der Nahversorger ist nicht weit, und schräg gegenüber liegt die Goldschmiede – früher war hier eine Musikalienhandlung, die gleichzeitig als Treffpunkt für die lokale Bohème diente. „Was haben wir da getagt“, erinnert sich Tanja Heesen.

Heute trifft Tanja Heesen ihre Freunde im Gasthaus Schwäke gegenüber von Schloss Lerbach. „Schade, dass das Hotel zu ist“, sagt sie.

Sie denke gern an das „große Kino in der Bar“ zurück. Im Lokal von Holger Bauer geht es eher hemdsärmelig zu. „Aufgehoben und beschützt“ fühlt sich Tanja Heesen in dem alten Fachwerk mit seinem verwunschenen Garten. Sie nippt an einem Glas Rosé.

Zur Person

Tanja Heesen, Jahrgang 1974, studierte evangelische Kirchenmusik mit den Hauptfächern Orgel, Gesang (Mezzosopran) und Chorleitung. Danach war sie Kantorin in Ratingen, schrieb mit „Kinder Abrahams“ ihr erstes Musical, das mit 120 Darstellern Kinder aller Religionsgemeinschaften vereinte, und startete eine Karriere als Kleinkünstlerin, etwa mit dem Terzett „Meine Schönen – A Singing Affair“. Für die Heidkamper Kulturtage entwarf sie mehrere Theaterproduktionen mit Beteiligung von Laien, darunter„Zauberflöte“, „Jedermann“ und „Hänsel und Gretel“. Derzeit ist sie Leiterin des Elisenchors Bergisch Gladbach und des Rheinischen Motettenchors Köln sowie stellvertretende Kantorin der evangelischen Gnadenkirche. (eck)

„Mehr geht nicht, ich muss gleich arbeiten.“ Tanja Heesen ist eine viel beschäftigte Frau. Sie ist Leiterin des Elisenchors in Bergisch Gladbach und des Rheinischen Motettenchors, hilft derzeit als Kantorin in der Gnadenkirche aus, tourt mit ihrem Trio „Meine Schönen“ und arbeitet zudem beim Gladbacher Sozialprojekt Q1stein, das benachteiligte Kinder schulisch betreut.

Ihr schönster Erfolg bislang: „Im Kleefeld hat ein Flüchtlingsmädchen aus Afghanistan gerade den besten Realschulabschluss des ganzen Jahrgangs gemacht.“

Treffpunkt für Liebespaare

Tanja Heesens „gefühltes“ Sand erstreckt sich – geografisch nicht ganz sauber– ungefähr von der Alten Dombach im Strundetal bis zum Lerbacher Wald und zur Herkenrather Höhe.

Ein inspirierender Herzensort ist die Rochuskapelle. Dort treffen sich noch heute die Liebespaare zum Knutschen in der Abenddämmerung.

„Ich habe hier früher oft gesessen und einfach in die Landschaft geguckt, geträumt und über alles mögliche nachgedacht“, erinnert sich Tanja Heesen, als wir mit Benning und Phyllis, zwei zutraulichen Kavalier King Charles Spanieln, auf der kleinen Bank unterm Baum sitzen.

Schon im Studium schrieb sie ein Mysterienspiel über „Das Leben und Sterben des heiligen Rochus“, das sie mit mehr als 100 Laiendarstellern einige Male aufführte. Daran erinnert sich auch Tanjas Mutter Heide Heesen gern, die die Hunde abholt.

Sie ist ebenfalls im Kulturleben der Stadt bestens bekannt, unter anderem als Organisatorin der Heidkamper Kulturtage, zu denen auch Tanja Inszenierungen beigesteuert hat.

Zum Beispiel Humperdincks Oper „Hänsel und Gretel“, wo Tanja Heesen nicht nur Regie führte, sondern auch den Hänsel sang. Gespielt wurde der Knabe von Anne Karthaus, die wir wenig später im Edeka-Markt treffen, wo die Studentin an der Kasse aushilft.

Hier schließt sich der Kreis: im Dorfladen, der heute Nahversorger heißt und ein bestens sortierter Supermarkt ist. Er wird betrieben, natürlich, von einem Jugendfreund aus der alteingesessenen Familie Hetzenegger. „Das ist unser Kommunikationszentrum“, sagt die Musikerin und lässt sich von Freundin Anne erklären, wie man die Basilikumpflanze im Topf pflegt.

Bald wird Tanja Heesen übrigens heiraten. Ihr Liebster, der Fotograf Ivan Toscanelli, lebt seit 15 Jahren in Tokio. Und wurde in Heidkamp geboren.

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