KrankenhäuserVier bis fünf Stunden Wartezeit in Notaufnahmen in Rhein-Berg

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Warten in der Notaufnahme kann sich oft hinziehen. Schwere Fälle werden vorrangig behandelt.

Warten in der Notaufnahme kann sich oft hinziehen. Schwere Fälle werden vorrangig behandelt.

Bergisch Gladbach – Samstagmittag gegen 13 Uhr sind in der Wartezone der Notfallaufnahme im Marien-Krankenhaus nur noch wenige Sitzplätze frei. Einige der Hilfesuchenden sind durchaus noch munter, scherzen mit ihrer Begleitung oder sind in Zeitungen vertieft. Andere leiden still vor sich hin. Ihnen sind die Schmerzen im Gesicht abzulesen. Wieder andere murren über die Wartezeit in der Notaufnahme.

Vier bis fünf Stunden Geduld müssen die Patienten in Stoßzeiten schon mal mitbringen. Plötzlich wird es hektisch: Ein Krankenbett wird gebracht, ein Patient wird gebettet und sofort in die Untersuchungsräume gefahren. Wer zuerst dran ist, das richtet sich nicht nach der Anmeldezeit, sondern nach der Schwere der Erkrankung. So hat der Patient mit einem entzündeten Darm oder mit Atemnot Vorrang vor der triefenden Nase oder dem verstauchten Finger.

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Marien-Krankenhaus in Bergisch Gladbach.

Beschleunigung durch Internet

„Die Zahl der Patienten, die unsere Notaufnahme in Anspruch nehmen, nimmt zu“, sagt Thomas Stockowy, Pflegedienstleiter im Evangelischen Krankenhaus. Kein Patient werde weggeschickt, jeder werde von einem Arzt behandelt. „Wenn sich herausstellt, dass es sich um keine schwerwiegende Erkrankung handelt, raten wir den Patienten, statt der Notaufnahme die Notfallpraxis aufzusuchen.“

Dort sitzt unter anderem Dr. Heribert Wiemer. Auch er stellt eine zunehmende Patientenzahl fest. Patienten, die seiner Meinung nach häufig nichts in der Notfallambulanz zu suchen haben. „Für 80 Prozent der Menschen, die bei uns sitzen, gibt es keine medizinische Rechtfertigung, eine Notfallpraxis aufzusuchen“, sagt Wiemer. „So wie die Menschen 24 Stunden im Internet shoppen, glauben sie auch, eine 24-stündige Arztbetreuung permanent in Anspruch nehmen zu können“, meint Wiemer und berichtet: „Eine Dame kam in die Notfallsprechstunde und berichtete unverhohlen, dass sie bei ihrem Hausarzt warten müsse. Sie beklagte sich dann noch über die Wartezeiten in der Notfallambulanz.“ Der Arzt schickte die Frau nach Hause. „Sie war überhaupt nicht krank“, sagt Wiemer.

Überzogene Erwartungen

Solche und ähnliche Fälle wiederholten sich in den vergangenen Monaten. Viele Patienten hätten eine überzogene Anspruchshaltung. „Sie suchen sich die ärztliche Behandlung aus, die ihnen den größten Vorteil bringt, zum Beispiel die kürzeste Wartezeit“, sagt der Arzt. Er ist der festen Überzeugung, dass das System der Notfallversorgung in absehbarer Zeit kollabiert. Auch das Internet habe zu einer Überfüllung der Notaufnahmen und langen Wartezeiten beigetragen. Wiemer: „Viele Kranke schauen ins Netz. Dort werden Krankheitsbilder häufig dramatisiert.“ „Google-Effekt“ nennt Stockowy dieses Phänomen.

Auch die Ärzte in der Notfallaufnahme des Evangelischen Krankenhauses haben ähnliches festgestellt. „Viele Menschen schauen ins Internet und basteln sich ihre eigene Diagnose. Damit geht es dann in die Notfallaufnahme“, sagt der Pflegedienstleiter. Rund 6800 Patienten werden pro Jahr im Marienkrankenhaus über die Notfallaufnahme stationär aufgenommen. „Dies sind 50 Prozent unserer Patienten“, sagt Pressesprecher Jörg Zbick und ergänzt: „Es kommt quasi täglich vor, dass Patienten mit kleineren Verletzung oder Erkrankung in die Notfall-Ambulanz kommen, gerade auch am Wochenende. Wir haben Verständnis dafür, dass die Menschen schnelle und professionelle ärztliche Hilfe wollen.“

Auch Zbick kennt die Patienten, die mit einer Selbstdiagnose ins Krankenhaus kommen. Arbeitnehmer verspürten aber auch deutlich mehr Druck am Arbeitsplatz und kämen am Wochenende ins Krankenhaus, um montags wieder fit zu sein.

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